São Jorge

Aus Insularium
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Die Azoreninsel São Jorge ist vor allem für ihre einzigartigen Fajãs bekannt, fruchtbare Küstenebenen am Fuße steiler Klippen bis 800 m Höhe, die durch Lava oder Erdrutsche entstanden sind und oft Lagunen, Wasserfälle sowie landwirtschaftliche Flächen mit traditionellem Käse wie Queijo de São Jorge beherbergen.​

Inselsteckbrief
offizieller Name Ilha de São Jorge
alternative Bezeichnungen São Jorge (1439), Ilha Longa, Ilha das Fajãs, Ilha Alta, Ilha das Montes (poetisch)
Kategorie Meeresinsel
Inseltyp echte Insel
Inselart vulkanische Insel
Gewässer Atlantischer Ozean (Oceano Atlântico)
Inselgruppe Azoren (Açores)
politische Zugehörigkeit Staat: Portugal (República Portuguesa)
Region: Azoren (Região Autónoma dos Açores)
Gliederung 2 concelhos (Kreise)
11 freguesias (Ortschaften)
Status Insel (ilha)
Koordinaten 38°39‘ N, 28°02‘ W
Entfernung zur nächsten Insel 40 m (Caralhete Norte), 18,9 km (Pico)
Entfernung zum Festland 1587 km (Cabo de Roca / Portugal)
Fläche 237,39 km² / 91,66 mi² (mit Nebeninseln 237,59 km² / 91,73 mi²)
geschütztes Gebiet 108,7 km² / 42,0 mi² (45,8 %)
maximale Länge 55,5 km (WNW-OSO)
maximale Breite 6,2 km (NNO-SSW)
Küstenlänge 117,9 km
tiefste Stelle 0 m (Atlantischer Ozean)
höchste Stelle 1053 m (Pico de Esperança)
relative Höhe 1053 m
mittlere Höhe 74 m
maximaler Tidenhub 1,1 bis 1,7 m (Velas 1,2 m)
Zeitzone HPA / AZOT (Horário Padrão dos Açores / Azores Time / Azoren-Zeit, UTC-1)
Realzeit UTC minus 1 Stunde 51 bis 53 Minuten
Einwohnerzahl 8.373 (2021)
Dichte (Einwohner pro km²) 35,27, bezogen auf die Verwaltungsfläche 35,24
Inselzentrum Velas


Name

Die Insel São Jorge trägt ihren Namen seit ihrer Entdeckung durch portugiesische Seefahrer in den späten 1430er und frühen 1440er Jahren. Sie wurde vermutlich zuerst von Diogo de Silves im Auftrag von Prinz Heinrich dem Seefahrer am 23. April 1439, dem Tag des „heiligen Georg“, gesichtet und war, wie alle Azoren, völlig unbewohnt. Einen einheimischen oder vorportugiesischen Namen hat die Insel daher nie besessen. Der auch heute noch gültige offizielle Name Ilha de São Jorge wurde ihr gleich bei der Entdeckung verliehen und ehrt den heiligen Georg (São Jorge), den Drachentöter und Schutzpatron der Ritter und Kreuzfahrer. Der Name hat also nichts mit dem Vogel açor (Geier bzw. Bussard) zu tun, obwohl genau dieser Irrtum später der gesamten Inselgruppe den Namen Açores einbrachte. Auf São Jorge selbst sah man zwar ebenfalls viele Rotmilane, hielt sie aber fälschlicherweise für Geier.

Wegen ihrer markanten Gestalt erhielt São Jorge im Laufe der Jahrhunderte mehrere volkstümliche Beinamen, die bis heute geläufig sind wie etwa Ilha Longa, „die lange Insel“, denn mit 55 km Länge und nur 6 km Breite ist sie die schlankste und gestreckteste aller Azoreninseln. Verschiedentlich wurde sie auch Ilha das Fajãs genannt, weil nirgendwo sonst auf den Azoren so viele Fajãs (flache, fruchtbare Küstenebenen, die durch Erdrutsche oder Lavaströme entstanden sind) existieren – über 40 an der Zahl. Die Bezeichnungen Ilha Alta, „hohe Insel“, oder Ilha das Montes, „Insel der Berge“, wurden ihr aufgrund der steil aufragenden, bis zu 1053 m hohen zentralen Bergkette gegeben, die wie ein Rückgrat die gesamte Insel durchzieht. Der offizielle Name blieb jedoch stets unverändert São Jorge. Er ist damit einer der wenigen Azorennamen, die seit der Entdeckung vor fast 600 Jahren keine Änderung mehr erfahren haben.

  • international:  São Jorge
  • amharisch:  ሳኦ ጆርዜ [Sao Jorje]
  • arabisch:  ساو جورجي [Sāw Jūrjī]
  • armenisch:  Սան Ժորժե [San Žorže]
  • bengalisch:  সাও জর্জে [Sāo Jorje]
  • birmanisch:  ဆော့ဂျော်ဂျ် [Sau Jauj]
  • bulgarisch:  Сао Жорже [Sao Zhorzhe]
  • chinesisch:  圣若热 [Shèngruòrè]
  • georgisch:  სან-ჟორჟე [San-Zhorzhe]
  • griechisch:  Σάο Ζόρζε [Sáo Zórze]
  • gudscheratisch: સાઓ જ્યોર્જ [Sāo Jyorj]
  • hebräisch:  סאו ז'ורז'ה [Sao Zhorzhe]
  • hindi:  साओ जोर्जे [Sāo Jorje]
  • japanisch:  サン・ジョルジェ [San Joruje]
  • kambodschanisch: សៅ ចឺហ្ស [Sao Jœ]
  • kanaresisch:  ಸಾವೋ ಜಾರ್ಜ್ [Sāvo Jārj]
  • kasachisch:  Сан-Жоржи [San-Jorji]
  • koreanisch:  상조르즈 [Sangjoreujeu]
  • laotisch:  ເຊົາ ຊໍຣ໌ຊີ [Sao Joj]
  • lateinisch:  Sanctus Georgius
  • lettisch:  Sanžorže
  • litauisch:  San Žoržas
  • makedonisch:  Сао Жорже [Sao Žorže]
  • malayalam:  സാവോ ജോർജ് [Sāvo Jōrj]
  • maldivisch:  ސާވޯ ޖޯރްޖީ [Sāvo Jōrjī]
  • orissisch:  ସାଓ ଜର୍ଜେ [Sāo Jarje]
  • pandschabisch: ਸਾਓ ਜਾਰਜ਼ [Sāo Jārj]
  • persisch:  سائو ژرژه [Sā’o Žorže]
  • russisch:  Сан-Жоржи [San-Zhorzhi]
  • serbisch:  Сао Жорже [Sao Žorže]
  • singhalesisch: සාඕ ජෝර්ජ් [Sāo Jōrj]
  • tamilisch:  சாவோ ஜார்ஜ் [Sāvō Jārj]
  • telugu:  సావో జార్జ్ [Sāvō Jārj]
  • thai:  เซา ชอร์ฌ [Sao Chon]
  • tibetisch:  སན་འཇོར་ཇེ [San ‘jor je]
  • ukrainisch:  Сан-Жоржі [San-Zhorzhi]
  • urdu:  ساؤ جورجے [Sāo Jorje]
  • weißrussisch:  Сан-Жоржы [San-Zhoržy]


Offizieller Name:  Ilha de São Jorge

  • Bezeichnung der Bewohner:  Jorgenses (Jorgenser)
  • adjektivisch:  jorgense (jorgensisch)


Kürzel:

  • Code: SJ / SJG
  • Kfz: -
  • ISO-Code:  PT.AC.SJ

Lage

São Jorge liegt im Zentrum der Inselgruppe der Azoren auf durchschnittlich 38°39‘ n.B. und 28°02‘ w.L.. Nachbarinseln sind Graciosa und Terceira im Norden, Faial im Westen und Pico im Süden.

Geografische Lage:

  • nördlichster Punkt: 38°45‘26“ n.B. (Caralhete Norte)
  • südlichster Punkt: 38°32‘00“ n.B. (Ponta dos Monteiros)
  • östlichster Punkt: 37°45‘09“ w.L. (Ponta do Topo) bzw. 27°44‘40“ w.L. (Ilhéu do Topo)
  • westlichster Punkt: 28°19‘03“ w.L. (Caralhete Norte) bzw. 28°19‘18“ w.L. (Roques dos Rosais)

Entfernungen:

  • Caralhete Norte 40 m
  • Ilhéu do Topo 390 m
  • Pico 18,9 km
  • Faial 30,7 km
  • Graciosa  37 km
  • Terceira  38 km
  • São Miguel  247 km
  • Flores  255 km
  • Corvo  260 km
  • Madeira  1142 km
  • Cabo da Roca / Portugal  1587 km

Zeitzone

Auf São Jorge gilt die Horário da Europa Ocidental, abgekürzt HEO, identisch mit der Koordinierten Weltzeit (United Time Coordinated, kurz UTC), ehemals Westeuropäische Zeit, eine Stunde hinter der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) mit sommerzeitlicher Umstellung. Die Realzeit liegt um eine Stunde und 51 bis 53 Minuten hinter der UTC.

Fläche

São Jorge hat eine Fläche von 237,59 km², 91,73 mi², nach alternativen Angaben 233,5 bis 245,59 km² bzw. 94,82 mi². Davon entfallen 237,39 km² auf die Hauptinsel, 0,2 km² auf mehrere Nebeneilande. Die Insel durchmisst von Westnordwest nach Ostsüdost zwischen Roques dos Rosais und Ilhéu do Topo 55,5 km, von Nordnordost nach Südsüdwest zwischen Faja das Pontas und Portinho 6,2 km. Die Küste ist insgesamt 117,9 km lang mit einem maximalen Tidenhub von 1,1 bis 1,7 m, bei Velas 1,2 m. Höchster Punkt ist der Pico de Esperança mit 1053 m. Die mittlere Seehöhe liegt bei 74 m.

Geologie

Zwar ist São Jorge wie auch die anderen Inseln der Azoren vulkanischen Ursprungs, doch gibt es hier keine Caldeiras. Der letzte größere Ausbruch des Pico da Esperança erfolgte 1808. Die Insel ist geologisch geprägt von ihrem markanten langgestreckten, schmalen Profil, das auf einen tektonisch aktiven Ursprung zurückgeht. Sie entstand – wie der gesamte Azorenarchipel – durch vulkanische Aktivität entlang der Azoren-Triple Junction, wo die Eurasische, Afrikanische und Nordamerikanische Platte aufeinandertreffen. Die Insel ist ein typisches Beispiel für einen sogenannten fissuralen Vulkanismus: Anstatt eines zentralen Vulkans bestimmen zahlreiche Spalten, aus denen Laven austreten konnten, die Landschaftsentwicklung.

Über das Rückgrat der Insel verläuft eine Kette aus Schlackenkegeln und kleinen Kratern, die in verschiedenen eruptiven Phasen seit dem Pleistozän entstanden. Die häufigsten Gesteine sind Basalte, die auf relativ dünnflüssige, effusive Lava hindeuten. Diese Lavaflüsse schufen die charakteristischen langgezogenen Bergrücken und die steil abfallenden Küstenklippen.

Besonders typisch für São Jorge sind die Fajãs – flache, fruchtbare Ebenen an den Küsten, die durch vulkanische oder gravitative Prozesse entstanden. Zu den Besonderheiten der Insel gehören die etwa 75 Fajãs, kleine Küstenebenen am Fuße der 400 bis 700 m hohen Steilküste. Sie entstanden durch Bergrutsche (etwa die Fajã da Caldeira do Santo Cristo) oder Lavaflüsse, die bis zum Meer vordrangen (zum Beispiel Fajã do Ouvidor). Viele dieser Fajãs, die früher bewohnt und landwirtschaftlich genutzt wurden, sind seit dem schweren Erdbeben von 1980 verlassen. Manche Fajãs bestehen aus durch Lavaströme gebildeten Ebenen, andere wiederum aus gewaltigen Hangrutschungen, bei denen Teile der hohen Klippen ins Meer stürzten und neue Landflächen formten. Diese Fajãs sind nicht nur geologisch interessant, sondern besitzen auch ein einzigartiges Mikroklima, das die Besiedelung begünstigte.

In jüngerer Vergangenheit blieb die vulkanische Aktivität vergleichsweise ruhig, doch die Insel zeigt weiterhin deutliche seismische Aktivität, da sie in einem tektonisch dynamischen Gebiet liegt. Insgesamt präsentiert São Jorge eine Landschaft, die eindrucksvoll veranschaulicht, wie Vulkanismus, Tektonik und Erosion zusammenwirken und eine Insel mit außergewöhnlich klar sichtbaren geologischen Strukturen formen.

Landschaft

Westlich der Stadt Velas erhebt sich der Hausberg Morro Grande. Mit seinen 161 m ist er schnell bestiegen. Hinter der Kapelle Ermida Senhora do Livramento in der Rua do Livramento am Westrand von Velas beginnt der Aufstiegsweg. In weiten Kurven zieht er sich hinauf bis zu der Ruine eines alten Wachturms, der zur Zeit des Walfangs regelmäßig besetzt war.

Die Landzunge im Westen von São Jorge hat ihren Namen von dem kleinen Bauerndorf Rosais. Das Dorf selbst bietet dem Besucher wenig, die Ponta dos Rosais hingegen Ausblicke nach Pico, Faial, Terceira und Graciosa. Eine Piste führt bis ans Ende der Insel zum ehemaligen Leuchtturm Farol dos Rosais. Das Gelände mit den verfallenen Gebäuden sollte nicht betreten werden. Kurz davor befindet sich ein Aussichtspunkt mit altem Walausguck, wo man einen genauso guten Blick hat. Die Landspitze ist im oberen Bereich recht flach und von Kuhweiden durchzogen. Lediglich ihr Rand fällt zu allen Seiten fast senkrecht ins Meer.

Im westlichen Bereich der Insel liegt der Bergrücken mit den höchsten Kuppen. Der offiziell markierte Wanderweg PR 4 SJO erschließt die höchsten Gipfel. Er beginnt an der Straße ER 3-2 von Urzelina nach Norte am Pico das Caldeirinhas und folgt der breiten Kammlinie vorbei am Pico da Esperança, der mit 1053 m die höchste Erhebung der Insel ist. Mit dem Fahrrad zkann man den gesamten Bergrücken auch abfahren, da sich die Wege dafür eignen.

Zwischen Pico das Caldeirinhas und Pico da Esperança liegt der Pico Montoso mit der längsten senkrechten Vulkanröhre der Azoren (Algar do Montoso). 140 Meter geht es in die Tiefe. Reise-Agenturen vor Ort bieten das kleine Kletterabenteuer an.


Erhebungen

  • Pico de Esperança  1053 m (Centro)
  • Morro Pelado  1019 m (Centro)
  • Pico do Areeiro  985 m (Centro)
  • Pico do Carvão  954 m (Centro)
  • Pico Verde  954 m (Centro)
  • Pico dos Prades  940 m (Serra do Topo)
  • Pedra Vermelha  905 m (Serra do Topo)
  • Pico de Pedro  901 m (Centro)


Fluss

  • Pernada da Ribeira de São Tomé  7,2 km


Inseln

  • São Jorge  237,59 km²
  • Ilhéu do Topo  0,17 km²

Flora und Fauna

Die Pflanzenwelt der Insel ist subtropisch mit dichten Wäldern und vielen Agrarflächen. Die Tierwelt ist eher artenarm.

Flora

São Jorge ist die „grünste“ und am dichtesten bewaldete Insel der Azoren. Aufgrund ihrer extremen Längsform, der hohen Luftfeuchtigkeit und der steilen, oft über 600 m senkrecht abfallenden Klippen hat sich hier eine der am besten erhaltenen makaronesischen Lorbeerwälder (Laurisilva) des gesamten Archipels erhalten.

In den tieferen Lagen und besonders auf den fruchtbaren Fajãs dominieren heute landwirtschaftliche Kulturen: Yamswurzel (Inhame), Bananen, Kaffee, Guaven, Feigen und Maracuja. Die ursprüngliche Küstenvegetation ist fast verschwunden, doch auf unzugänglichen Klippen und in älteren Fajãs wachsen noch endemische Arten wie Azoren-Lorbeer (Laurus azorica), Azoren-Heide (Erica azorica), der seltene Baumfarn Culcita macrocarpa und der Azoren-Beerenbaum Vaccinium cylindraceum.

Ab etwa 300 bis 400 m Höhe beginnt der eigentliche Laurisilva-Urwald. Hier herrschen immergrüne Baumarten wie Azoren-Wacholder (Juniperus brevifolia), Azoren-Lorbeer, Picconia azorica, Ilex perado subsp. azorica und die Baumheide Erica azorica. Die Bäume sind oft komplett mit Moosen, Flechten und epiphytischen Farnen überzogen – ein Anblick, der an einen märchenhaften Nebelwald erinnert. In höheren Lagen (ab zirka 800 m) gehen die Lorbeerwälder in niedrige, windgebeugte Strauchheiden mit viel Sphagnum-Moor und Torfmoosen über. Endemische Pflanzen wie die seltene Azoren-Glockenblume (Azorina vidalii) und verschiedene Orchideenarten (zum Beispiel Dactylorhiza foliosa) blühen im Frühjahr und Sommer auf den feuchten Wiesen der Hochplateaus.

Fauna

Die Tierwelt ist typisch azoreanisch. Es gibt keine einheimischen Land-Säugetiere, dafür eine reiche Vogelwelt und zahlreiche endemische Wirbellose. São Jorge ist ein Paradies für See- und Greifvögel. Der häufigste Greifvogel ist der Mäusebussard (Buteo buteo rothschildi), der azorische Unterart des Rotmilans – genau dieser Vogel wurde bei der Entdeckung fälschlicherweise für einen „açor“ (Geier) gehalten. Fast jedes Tal hat sein eigenes Bussard-Revier. Auf den Klippen und Fajãs brüten Kappenmöwe (Larus marinus), Rosabela-Sturmschwalbe (Oceanodroma castro), Azoren-Gelbsschnabel-Sturmvogel (Calonectris borealis) und gelegentlich der seltene Madeira-Sturmvogel. In den Hochmooren leben Bekassine (Gallinago gallinago) und der azorische Buchfink (Fringilla coelebs moreletti). Der berühmte endemische Azoren-Bergzeisig (Carduelis citrinella) ist auf São Jorge seltener als auf Pico oder Faial, aber im Frühjahr dennoch gut zu hören.

Eingeschleppte Säugetiere wie Kaninchen, Ratten und Frettchen gibt es leider auch hier. Reptilien sind nur durch die Madeira-Mauereidechse (Teira dugesii) vertreten, die auf São Jorge besonders dunkel gefärbt ist. Amphibien fehlen völlig.

Besonders artenreich ist die Welt der Insekten und Spinnen: Über 60 endemische Wirbellosen-Arten sind bisher von São Jorge bekannt, darunter zahlreiche Laufkäfer, Nachtfalter und Höhlentiere in den vielen Lavaröhren. In den feuchten Wäldern leben leuchtend blaue Laufkäfer (zum Beispiel Trechus terrabravensis) und der endemische Riesenlaufkäfer Calathus extensicolle.

Die Unterwasserwelt vor São Jorge gehört zu den artenreichsten des gesamten Archipels: Riffbarsche, Muränen, Zackenbarsche, Barrakudas und oft Mantarochen sowie Teufelsrochen sind vor den Fajãs und an der Steilküste heimisch. In den Sommermonaten ziehen häufig Mobula-Rochen und gelegentlich Walhaie vorbei.

Naturschutz

Der gesamte Schutzbereich der Insel wird durch den Parque Natural da Ilha de São Jorge koordiniert, der 2011 per Regionaldekret geschaffen wurde und die Insel sowie das umliegende Meeresgebiet umfasst – insgesamt erstreckt er sich über 108,7 km² an Land und zusätzlich marine Zonen, was rund 46 % der Inseloberfläche abdeckt. Dieser Park integriert 13 Kategorien von Schutzgebieten, darunter Naturschutzreservate, Waldreservate, Landschaftsschutzgebiete und ökologische Sonderzonen, die von der zentralen Bergkette bis zu den ikonischen Fajãs reichen und Besucher zu nachhaltigem Wandern, Vogelbeobachtung und geologischem Studium einladen, während invasive Arten bekämpft und endemische Pflanzen wie die azoreanische Erica oder seltene Vögel geschützt werden.

Im Herzen des Parks thront das Naturschutzgebiet der Cordilheira Central, ein ausgedehntes Hochplateau mit dem Pico da Esperança als höchstem Punkt (1.053 m), das mit 1.087 Hektar (10,87 km²) die zentrale vulkanische Kette umfasst – ein Labyrinth aus Kratern, Mooren und Nebelwäldern, wo der letzte Ausbruch 1808 stattfand und heute Moore mit Torfmoosen und endemischen Insektenarten beherbergt werden. Ergänzt wird dies durch neun Waldnaturschutzgebiete (Reserva Florestal Natural), die die grünen Lungen der Insel schützen: Das Reserva Florestal Natural do Pico da Esperança mit seinen dichten Lorbeerwäldern, das kleinere aber idyllische Reserva Florestal Natural das Sete Fontes bei Rosais (ca. 50 Hektar), wo sieben Quellen durch Farnwälder sprudeln und ein perfekter Picknickort für Wanderer ist, sowie die Reservate von Recreio da Silveira, Pico do Areeiro, Pico das Caldeirinhas, Pico do Carvão und weitere, die zusammen über 2.000 Hektar Wald und Buschland bewahren, reich an Hydrangeen, Fuchsien und den typischen azoreanischen Hecken.

Besonders hervorstechen die Fajãs, jene dramatischen Küstenterrassen aus Lava und Erdrutschen, die als geschützte Ökosysteme gelten und den Übergang vom Festland zum Meer markieren. Die Fajã da Caldeira de Santo Cristo, ein Highlight mit ihrer smaragdgrünen Lagune, ist als Área Ecológica Especial und Reserva Natural Parcial der Lagoa da Fajã da Caldeira de Santo Cristo ausgewiesen (rund 20 Hektar), ein Paradies für Muscheln, Vögel wie den Azoren-Stelzen und Surfer, wo das kristallklare Wasser und die abgeschiedenen Häuschen eine Oase der Ruhe bieten. Ähnlich geschützt sind die Fajã dos Cubres, Fajã do Ouvidor und Fajã de João Dias als Landschaftsschutzgebiete (Paisagem Protegida), die fruchtbare Ebenen mit Bananen- und Kaffeeplantagen umfassen und den Zugang per Pfad oder Boot regeln, um die fragile Küstenökologie vor Erosion und Übernutzung zu schützen. Im Osten ragt das Ilhéu do Topo als geschützte Zone (Zona de Proteção Especial) aus dem Meer, ein winziger, vogelreicher Felsen von nur wenigen Hektar, der als Brutplatz für Seevögel dient und Teil des Azoren-Geoparks ist.

Klima

São Jorge besitzt ein ganzjährig mildes, ozeanisch geprägtes Klima, das stark vom warmen Nordatlantik und der Westwindzone beeinflusst wird. Typisch sind relativ konstante Temperaturen, die im Winter meist zwischen 12 bis 15°C und im Sommer zwischen 20 bis 25°C liegen. Extreme Hitze oder strenger Frost kommen praktisch nicht vor. Die Niederschläge sind über das Jahr verteilt, mit einem Maximum im Herbst und Winter. Häufig treten wechselhafte Wetterlagen, kräftige Winde und schnelle Wolkenwechsel auf – charakteristisch für die Azoren. Die hohe Luftfeuchtigkeit sorgt für üppige Vegetation, besonders in mittleren und höheren Lagen.

Nach der Köppen-Geiger-Klassifikation wird das Klima der Insel São Jorge überwiegend als Cfb eingestuft: mildes, gemäßigtes ozeanisches Klima mit warmen Sommern und ohne ausgeprägte Trockenzeit. In einigen höher gelegenen Bereichen kann es lokal auch Übergänge zu Cfc geben, also einem kühleren ozeanischen Klima.

Mythologie

São Jorge ist die „mythenreichste“ Insel der Azoren. Ihre extreme Längsform, die fast ständig in Wolken gehüllten, steil abfallenden Berge und die vielen schwer zugänglichen Fajãs haben über Jahrhunderte eine eigene, düstere und geheimnisvolle Sagenwelt entstehen lassen – stärker als auf jeder anderen Insel des Archipels.

Der bekannteste Mythos dreht sich um den Heiligen Georg selbst, nach dem die Insel benannt ist. Der Legende nach soll der Drachentöter (matador de dragões) São Jorge persönlich auf der Insel erschienen sein, um einen riesigen Drachen, den Dragão de Serra do Topo, zu bekämpfen, der in den Höhlen der Ponta dos Rosais hauste und die ersten Siedler bedrohte. Als der Heilige den Drachen erschlug, soll sein Blut die steilen Hänge hinuntergeflossen sein und die fruchtbaren Fajãs geschaffen haben. Noch heute heißt eine der spektakulärsten Fajãs im Osten Fajã do Belo – weil der Heilige dort den Drachen „schön“ (belo) besiegt habe. Jedes Jahr am 23. April, dem Sankt Georgs-Tag, wird dieser Kampf in Velas und anderen Orten mit Umzügen und Theaterstücken nachgespielt.

Fast jede größere Fajã hat ihre eigene Moura Encantada, sprich verzauberte maurische Prinzessin. Die bekannteste ist die der Fajã da Caldeira de Santo Cristo: Dort soll eine wunderschöne, in Stein verwandelte Maurin in einer Höhle unter der Lagune schlafen. Nur in Vollmondnächten steigt sie als weiße Gestalt aus dem Wasser und kämmt ihr goldenes Haar. Wer sie anspricht, wird entweder reich beschenkt oder für immer in die Unterwasserwelt gezogen. Ähnliche Geschichten gibt es in der Fajã dos Cubres, der Fajã de João Dias und der Fajã dos Vimes.

An der westlichsten Spitze der Insel, der dramatischen Ponta dos Rosais, soll in stürmischen Nächten ein schwarzes Geisterschiff (barco negro assombrado) ohne Besatzung auftauchen. Es ist das Schiff der ersten Siedler aus dem 15. Jahrhundert, die auf der Flucht vor Piraten oder einem Fluch an den Klippen zerschellten. Fischer berichten bis heute, dass sie bei Nebel plötzlich alte portugiesische Gesänge hören und ein Schiff mit geisterhaften Segeln sehen, das sich dann in Luft auflöst.

Im Jahr 1808 brach der Vulkan der Pico da Urzelina aus und zerstörte fast das gesamte Dorf. Seitdem erzählt man sich, dass unter dem Lavastrom ein schlafender Riese (gigante adormecido) begraben liege, der früher die Insel bewacht habe. Wenn die Erde wieder bebt (was auf São Jorge häufig vorkommt), soll der Riese sich im Schlaf umdrehen. Manche Alten schwören, nachts sein tiefes Schnarchen aus dem Boden zu hören.

In der hochgelegenen, nebligen Hochebene Terra do Biscoito sollen zwei verfeindete Brüder-Giganten gelebt haben, die sich mit riesigen Steinen bewarfen. Die unzähligen großen Felsblöcke, die dort überall verstreut liegen, seien die Überreste dieses Kampfes. Die Brüder sollen sich schließlich gegenseitig erschlagen haben – seitdem sei die Hochebene verflucht und wer dort nachts allein unterwegs ist, hört die Steine noch klappern.

Eine der traurigsten Geschichten handelt von der Dama branca da Fajã do Ouvidor. Eine junge Frau aus dem 18. Jahrhundert wartete auf der Fajã do Ouvidor vergeblich auf die Rückkehr ihres Verlobten, eines Walfängers. Sie starb vor Kummer und wandelt seither als weiße Gestalt am Strand. Fischer behaupten, dass sie manchmal auftaucht und Seeleute vor Stürmen warnt.

Geschichte

Die Insel wurde 1439 erstmals erwähnt und vom Flamen Wilhelm van der Haegen besiedelt. Im 18. Jahrhundert wurden an der Küste der Insel zahlreiche Festungen zum Schutz vor Piratenüberfällen errichtet. Am 9. Juli 1757 erschütterte der „Mandado de Deus“, ein Erdbeben der Stärke 7,1 bis 7,4, São Jorge sowie fast alle anderen Azoreninseln und zerstörte alle Siedlungen im Osten von Calheta bis Topo. Von etwa 5000 Einwohnern starben 1034.

Entdeckungszeit

São Jorge war die vierte Azoreninsel, die die Portugiesen sichteten. Wahrscheinlich entdeckte sie 1439 der Seefahrer Diogo de Silves auf einer Rückfahrt von Santa Maria nach Portugal, möglicherweise aber auch schon etwas früher ein Schiff aus dem Dienst von Prinz Heinrich dem Seefahrer. Die Seeleute fanden eine völlig unbewohnte, langgestreckte Insel vor, die aus der Ferne wie ein riesiger, grüner Walrücken aussah. Wegen der vielen Rotmilane, die sie für Geier („açores“) hielten, und weil der Entdeckungstag vermutlich in die Nähe des Georgstages (23. April) fiel, nannten sie sie sofort Ilha de São Jorge – zu Ehren des heiligen Georg. Der Name blieb bis heute unverändert.

Die Insel galt lange als schwer zugänglich: steile Klippen, keine natürlichen Häfen, ständig Nebel und heftige Stürme. Deshalb wurde sie zunächst nur als Orientierungspunkt für die Schifffahrt genutzt und nicht besiedelt.

Pionierzeit

Erst ab etwa 1460 begann die eigentliche Kolonisierung. Der flämische Adlige Willem van der Haegen (Guilherme da Silveira) erhielt 1470 vom Infanten D. Fernando, Herzog von Viseu, die Kapitän-Donatário-Rechte für die nördliche Hälfte der Insel (Topo), während die südliche Hälfte an João Vaz Corte-Real übertragen wurde. Van der Haegen landete zuerst auf der Fajã da Caldeira de Santo Cristo, gab aber bald auf und zog nach Faial weiter. Die eigentliche Besiedlung begann erst richtig nach 1480.

Die ersten Siedler kamen vor allem aus dem Norden Portugals (Minho, Trás-os-Montes), aus Madeira und von den bereits besiedelten Inseln Terceira und Graciosa. Sie waren meist einfache Bauern, die Weizen und Waid (eine Färberpflanze) anbauen sollten. Die ersten festen Ansiedlungen entstanden dort, wo man halbwegs sicher anlanden konnte: im Südwesten bei Velas (benannt nach den vielen Segeln der ankommenden Boote), im Südosten bei Calheta („kleine Bucht“) und im Osten auf der Halbinsel Topo (von topo „Gipfel“).

Die Siedler lebten extrem isoliert. Es gab jahrzehntelang keine richtigen Straßen – nur steile Pfade über die Bergkette. Jede Region entwickelte fast einen eigenen Dialekt und eigene Bräuche.

Blüötezeit

Zwischen 1520 und 1580 war São Jorge so etwas wie die „Kornkammer der Azoren“. Die Insel hatte kaum flaches Land, aber die terrassierten Hänge und besonders die großen Fajãs (vor allem Fajã dos Vimes, Fajã de São João, Fajã da Caldeira de Santo Cristo und Fajã do Belo) waren von einer fast unglaublichen Fruchtbarkeit. Der vulkanische Boden, das milde Klima und die ständige Feuchtigkeit ließen Weizen von außergewöhnlicher Qualität wachsen. Schon 1540 wurden jährlich mehrere tausend Moios (ein Moio = ca. 800 Liter) Weizen nach Lissabon, Flandern und sogar in die neuen Kolonien Brasiliens verschifft. Die Schiffe legten oft direkt unter den Fajãs vor Anker, und die Säcke wurden mit Seilwinden von den Klippen hinuntergelassen.

Noch lukrativer war der Waid-Anbau (portugiesisch Pastel oder Urzela dos Açores). Diese Pflanze mit den gelben Blüten wurde zu kleinen Kugeln (cocons) verarbeitet, die einen intensiv blauen Farbstoff ergaben. In der Zeit vor dem synthetischen Indigo war Waid teurer als Gold. Reiche Kaufleute aus Angra do Heroísmo und Lissabon kauften ganze Fajãs auf und ließen dort große Steinhäuser mit dicken Mauern und riesigen Lagerräumen errichten – viele dieser Herrenhäuser stehen noch heute (z. B. das Solar dos Tiagos in der Fajã dos Vimes). Die wohlhabendsten Familien nannten sich „Senhores das Fajãs“ und lebten zeitweise luxuriöser als der Adel auf Terceira.

Die Bevölkerung explodierte: von etwa 3.000 Einwohnern um 1500 auf 8.000 bis 10.000 um 1580. In Velas entstand die prächtige Igreja Matriz de São Jorge (heute eine der schönsten manuelinischen Kirchen der Azoren), und in Santa Bárbara das Manadas wurde 1568 die Igreja de Santa Bárbara geweiht, deren späterer barocker Innenraum (18. Jahrhundert) noch heute als eines der Juwelen azorischer Sakralkunst gilt.

Spanische Herrschaftszeit

1580 begann die spanische Periode (União Ibérica). Portugal verlor seine Handelsflotte an spanische Interessen, und gleichzeitig kam billigerer Indigo aus Mittelamerika auf den Markt. Innerhalb weniger Jahre war der Waid-Handel tot. Die Preise brachen ein, viele Herrenhäuser auf den Fajãs wurden verlassen.

Gleichzeitig wurde São Jorge zur leichten Beute für Piraten. Weil die Insel keine richtigen Festungen hatte und die wenigen Soldaten auf Terceira stationiert waren, konnten Korsaren fast ungestört landen. 1589 plünderten französische Piraten unter François Le Clerc Calheta und brannten mehrere Fajãs nieder. 1597 überfielen englische Freibeuter (vermutlich im Dienst von Earl of Cumberland) Velas und nahmen Geiseln mit. 1591 zerstörte ein schweres Erdbeben (das sogenannte „Terremoto de 1591“) große Teile von Ribeira Seca, Urzelina und Velas. Viele der prächtigen Weizenspeicher stürzten ein. Die Bevölkerung sank wieder auf etwa 6.000 Einwohner. Viele Familien verließen die gefährdeten Fajãs und zogen in die höher gelegenen Dörfer wie Norte Grande oder Santo António.

Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts begann man systematisch, auf den verlassenen Waid-Feldern Weinreben anzupflanzen – vor allem die Sorte Verdelho, die auf vulkanischem Boden hervorragend gedieh. Gleichzeitig wurden Orangenbäume aus China und Valencia eingeführt. Besonders die Fajã dos Vimes und die Fajã de São João wurden zu riesigen Orangengärten. Der süße, bernsteinfarbene Verdelho von São Jorge wurde schnell berühmt und gehörte im 18. Jahrhundert zu den teuersten Weinen Europas. Es gibt eine (wenn auch nicht eindeutig belegte) Überlieferung, dass Zar Peter der Große diesen Wein besonders schätzte.

Gleichzeitig begann der Walfang. Amerikanische Walfänger aus Nantucket und New Bedford liefen regelmäßig die Azoren an, um Proviant und Mannschaft zu ergänzen. Viele junge Männer von São Jorge heuerten an – oft für mehrere Jahre. Manche kamen reich zurück, die meisten blieben für immer in Massachusetts oder Kalifornien. Schon im 18. Jahrhundert entstand so die erste große jorgensische Diaspora.

Katastrophenzeit

Am 1. November 1755 erschütterte das große Lissabonner Erdbeben auch die Azoren. São Jorge selbst wurde nur mäßig beschädigt, aber riesige Tsunami-Wellen (bis zu 10 m hoch) rasten in die Buchten von Velas und Calheta und rissen Dutzende Häuser ins Meer. In der Fajã da Caldeira de Santo Cristo soll das Wasser bis zur Kirche hochgestiegen sein.

Viel schlimmer war der Vulkanausbruch vom 1. Mai 1808. Plötzlich öffnete sich am Pico da Urzelina ein neuer Krater. Drei Wochen lang spie er Lava, Asche und giftige Gase. Der Lavastrom ergoss sich in Richtung Dorf Urzelina und begrub innerhalb weniger Stunden über 200 Häuser und die gesamte Kirche – nur der Glockenturm blieb stehen und ragt noch heute wie ein Mahnmal aus dem schwarzen Feld. Über 30 Menschen starben, viele verloren alles. In den folgenden Jahren wanderten mehrere hundert Familien nach Brasilien aus, vor allem in die Gegend von Santa Catarina und Rio Grande do Sul, wo noch heute Ortsnamen wie „São Jorge“ oder „Urzelina“ existieren.

Trotz dieser Schicksalsschläge blieb die Insel bis etwa 1850 verhältnismäßig wohlhabend – dank Orangen, Wein und des langsam aufkommenden Käse-Exports. Aber die große Blüte der Waid- und Weizenzeit war endgültig vorbei, und die Bevölkerung begann sich langsam wieder zu verringern.

Trotz aller Katastrophen erlebte São Jorge zwischen 1780 und 1850 seine größte wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Die Bevölkerung erreichte fast 20.000 Einwohner – die höchste Dichte aller Azoreninseln. Grund war der Export von Orangen (besonders aus der Fajã dos Vimes und Fajã de São João), Verdelho-Wein und vor allem der Beginn des Käse-Exports. Der berühmte Queijo São Jorge – ein harter, würziger Rohmilchkäse – wurde erstmals in größerem Stil hergestellt und nach Lissabon und Brasilien verschifft.

In dieser Zeit entstanden die charakteristischen schwarzen Basalthäuser mit weißen Fensterrahmen, die Windmühlen auf den Höhenrücken und die prächtigen Impérios do Espírito Santo (kleine Kapellen des Heiligen Geistes), die bis heute jedes Jahr mit großen Festen gefeiert werden. São Jorge war damals reicher und dichter besiedelt als Pico oder Faial.

Niedergangszeit

Ab 1852 erreichte die Reblaus (Phylloxera) die Azoren. Innerhalb weniger Jahre starben fast alle Weinberge ab. Der Verdelho, der São Jorge einst Reichtum gebracht hatte, verschwand fast vollständig. Gleichzeitig schlug 1862–1865 eine verheerende Orangenkrankheit (vermutlich Gummifluss) zu. Die großen Orangengärten der Fajãs verwandelten sich in tote, graue Wälder. Die Exporte brachen ein.

Die Bevölkerung, die 1840 noch fast 20.000 Einwohner gezählt hatte, schrumpfte rapide. Zwischen 1860 und 1890 verließen über 7.000 Menschen die Insel, die meisten nach Brasilien (Santa Catarina, Rio Grande do Sul) und zunehmend in die USA (Kalifornien und Massachusetts). Auf den Fajãs standen die großen Herrenhäuser leer, Dächer stürzten ein, und ganze Dörfer wie Fajã dos Vimes oder Fajã de São João verloren 80 % ihrer Bewohner.

In dieser existenziellen Krise rettete ein Produkt die Insel: der Queijo da Ilha, der heutige Queijo São Jorge. Schon im 18. Jahrhundert hatten flämische Siedler aus Flandern und dem Norden Portugals begonnen, große, harte Rohmilchkäse nach Gouda- und Edamer-Art herzustellen. Nun wurde die Käseproduktion systematisch ausgebaut.

Auf den Hochweiden der Serra do Topo und der Serra do Arrifão entstanden neue Cooperativen (queijarias). Die bekanntesten wurden die Queijaria Fernandes in Santo Amaro (1876), die Queijaria Canadense in Toledo (1893) und später die Fábrica de Lacticínios VAQUINHA (1904). Der Käse war würzig, lagerfähig und wurde schnell in Lissabon und Rio de Janeiro beliebt. Ab den 1890er-Jahren war Käse das einzige nennenswerte Exportgut der Insel. „Sem queijo não há São Jorge“ (Ohne Käse gibt es kein São Jorge) wurde zum geflügelten Wort.

Zwischen 1900 und 1925 war die Auswanderung nach Nordamerika am stärksten. Fast jedes Haus hatte jemanden „na América“. Die Dampfer der Companhia Colonial de Navegação liefen regelmäßig von Velas und Calheta nach New Bedford und Providence. Wer zurückkam (die sogenannten „Americanos“), baute oft große, bunte Holzhäuser mit weißen Zäunen, die bis heute das Ortsbild prägen (besonders in Ribeiras und Norte Pequeno).

1910 wurde die Republik ausgerufen. Auf São Jorge führte das zu heftigen Konflikten zwischen klerikalen Monarchisten und republikanischen Freimaurern. In Velas kam es 1911 zu Straßenschlachten, und einige Impérios do Espírito Santo wurden zeitweise geschlossen.

Weltkriegsära

Obwohl Portugal erst 1916 in den Krieg eintrat, bekam São Jorge ihn sofort zu spüren. Deutsche U-Boote kreuzten vor den Azoren und versenkten mehrere Frachtschiffe. Am 4. Juli 1917 torpedierte U-155 die portugiesische Bark „São Jorge“ direkt vor der Ponta dos Rosais – das Schiff war nach der Insel benannt und fuhr Käse und Passagiere. Viele jorgensische Auswanderer starben.

Die Insel wurde militärisch verstärkt. In Velas und Calheta lagen britische und amerikanische Kriegsschiffe, und auf der Pico da Velha wurde eine Beobachtungsstation gebaut. Die Bevölkerung litt unter Lebensmittelknappheit, weil fast alle Schiffe requiriert waren.

1926 kam der Militärputsch in Portugal, 1933 übernahm Salazar die Macht. Auf São Jorge, das immer konservativ und katholisch geblieben war, wurde das Estado Novo zunächst positiv aufgenommen. Die Impérios-Feste durften weiter stattfinden (im Gegensatz zu manchen Festen auf dem Festland), und die Kirche behielt großen Einfluss.

Wirtschaftlich war die Zeit aber hart. Salazar zwang zur Selbstversorgung. Auf den Fajãs wurde wieder verstärkt Yamswurzel (inhame), Mais und Bohnen angebaut. Die Käseproduktion wurde staatlich reguliert und 1933 unter die Marke „Queijo São Jorge“ gestellt – die erste geschützte Herkunftsbezeichnung der Azoren. Im Zuge des Spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) wurden viele junge Männer als Teil der portugiesischen „Viriatos“-Freiwilligen eingezogen. Einige kehrten nie zurück.

Portugal blieb im Zweiten Weltkrieg neutral, aber die Azoren waren strategisch lebenswichtig. 1941 bauten die Briten mit Salazars stillschweigender Zustimmung einen Flugplatz auf Santa Maria, 1943 kamen die Amerikaner. São Jorge selbst blieb ruhig, wurde aber indirekt stark betroffen: Tausende amerikanische Soldaten und Flugzeuge überflogen die Insel täglich. Der Hafen von Velas diente als Zwischenstation für Konvois. 1944/45 gab es wieder U-Boote vor der Küste. Fischer wurden beschossen, wenn sie zu weit draußen waren. Gleichzeitig boomte der Schwarzmarkt. Amerikanische Zigaretten, Nylonstrümpfe und Konserven wurden gegen Käse und selbstgebrannten Aguardente getauscht.

Die Bevölkerung sank in diesen 95 Jahren von fast 20.000 (1850) auf nur noch etwa 11.000 (1945). Viele Fajãs wurden endgültig verlassen (Fajã do Belo, Fajã Rasa, Fajã da Ponta Furada). Die Insel wirkte still, fast wie vergessen. Doch gerade in dieser Stille festigte sich das, was São Jorge bis heute ausmacht: der Stolz auf den einzigartigen Käse, die starke Religiosität der Impérios-Feste und das Bewusstsein, die „wildeste“, grünste und eigenständigste aller Azoreninseln zu sein.

Moderne Zeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 stand São Jorge vor einem demografischen Kollaps. Die Insel hatte kaum 11.000 Einwohner, viele Fajãs waren fast menschenleer, und zwischen 1950 und 1960 verließen weitere 8.000 Menschen die Insel (vor allem nach den USA und Kanada). Es war die letzte große Auswanderungswelle. Gleichzeitig kamen die ersten „Americanos“ mit Erspartem zurück und bauten bunte Holzhäuser mit Garagen und Aluminiumfenstern, die das Ortsbild bis heute prägen. Ihr Geld ermöglichte die Elektrifizierung (1954 bis 1958), die ersten Traktoren und ab 1963 die Estrada Longitudinal, die erste durchgehende Straße über die Inselkuppe.

In dieser schwierigen Zeit wurde der Käse endgültig zur Rettung und zur Identität. 1959 gründete sich die Cooperativa Uniqueijo, die den Queijo São Jorge standardisierte und vermarktete. 1986 erhielt er als erster portugiesischer Käse die DOP-Schutzmarke; 1998 wurde die moderne Fabrik in Beira eröffnet. Der würzige Rohmilchkäse wurde zum wichtigsten Exportgut und ist es bis heute geblieben.

Die Nelkenrevolution 1974 wurde auf São Jorge mit riesiger Freude gefeiert. 1976 bekamen die Azoren Autonomie, und ab 1977 floss Regionalgeld in Infrastruktur: neues Krankenhaus (1979), Wasserleitungen bis in die entlegensten Fajãs, neue Schulen. Das Erdbeben vom 1. Januar 1980 (Magnitude 7) zerstörte zwar Teile der Kirche von Manadas und viele alte Häuser, beschleunigte aber den Wiederaufbau in Beton und machte die Insel erdbebensicherer.

Ab den 1990er Jahren begann die erstaunliche Wiederbelebung. 1995 wurden die Azoren UNESCO-Biosphärenreservat, 1998 bis 2001 wurden Straßen zu den schönsten Fajãs gebaut (Ouvidor, Cubres, Santo Cristo). Surfer entdeckten die legendäre Welle von Santo Cristo, Wanderer die über 300 km markierten Trails. 2009 startete der Ultra SkyMarathon São Jorge, 2012 die ersten professionellen Whale-Watching-Touren. Die Zahl der Übernachtungen stieg von wenigen Tausend im Jahr 2000 auf über 50.000 im Jahr 2019.

Die Bevölkerung stabilisierte sich bei etwa 8.400 Einwohnern. Viele junge Leute, die früher weggegangen wären, blieben oder kehrten zurück, weil man nun vom Tourismus, vom Käse, von kleinen Bio-Projekten (Kaffee, Craft Beer, Marmeladen) und zunehmend von Fernarbeit leben konnte. Der neue Hafen von Velas (2019) und tägliche Flüge machten die Insel endlich ganzjährig erreichbar.

Ab März 2020 trafen die von der portugiesischen Regierung verhängten Corona-Maßnahmen São Jorge besonders hart: fast zwei Jahre lang kaum Touristen, die Fähren fuhren nur eingeschränkt, die Wirtschaft brach ein. Gleichzeitig wurde die Insel für viele Festland-Portugiesen und digitale Nomaden zum Sehnsuchtsort: wer abseits einer fixen Arbeitsstelle arbeiten konnte, zog in die Stille der Fajãs. Die Maßnahmen beschleunigten damit einen Trend, der schon vorher begonnen hatte: São Jorge wandelte sich von der „vergessenen langen Insel“ zur vielleicht lebendigsten und authentischsten aller Azoreninseln – grün, stolz, käselastig und endlich wieder voller junger Menschen.

Verwaltung

São Jorge bildet einen aus zwei Kreisen bestehenden Inseldistrikt der zur Republik Portugal gehörenden Autonomen Region der Azoren.


Herrschaftsgeschichte

  • 1432 bis 15. Juli 1580 Königreich Portugal (Reino de Portugal)
  • 15. Juli 1580 bis 1. Dezember 1640 Königreich Spanien (Reino de España)
  • 1. Dezember 1640 bis August 1766 Königreich Portugal (Reino de Portugal)
  • August 1766 bis August 1807 Generalkapitanie der Azoren (Capitania-geral dos Açores) innerhalb des Königreichs Portugal (Reino de Portugal)
  • August 1807 bis Mai 1814 Vereinigtes Königreich (United Kingdom of Great Britain and Ireland)
  • Mai 1814 bis 4. Juni 1832 Generalkapitanie der Azoren (Capitania-geral dos Açores) innerhalb des Königreichs Portugal (Reino de Portugal)
  • 4. Juni 1832 bis 28. Juli 1833 Provinz Azoren (Provincia dos Açores) im Königreich Portugal (Reino de Portugal)
  • 28. Juli 1833 bis 18. Juli 1835 Provinz Östliche Azoren (Provincia Oriental dos Açores) im Königreich Portugal (Reino de Portugal)
  • 18. Juli 1835 bis 28. März 1836 Bezirk Östliche Azoren (Distrito Oriental dos Açores) des Königreichs Portugal (Reino de Portugal)
  • 28. Mä-rz 1836 bis 18. November 1895 Bezirk Angra do Heroismo (Distrito de Angra do Heroismo) des Königreichs Portugal (Reino de Portugal)
  • 18. November 1895 bis 5. Oktober 1910 Autonomer Bezirk Andra do Heroismo (Distrito Autónomo de Andra do Heroismo) im Königreich Portugal (Reino de Portugal)
  • 5. Oktober 1910 bis 27. August 1975 Autonomer Bezirk Angra do Heroismo (Distrito Autónomo de Angra do Heroismo) innerhalb der Republik Portugal (República Portugesa)
  • 27. August 1975 bis 27. August 1976 Regionale Junta der Azoren (Junta Regional dos Açores) innerhalb der Republik Portugal (República Portugesa)
  • seit 27. August 1977 Autonome Region Azoren (Região Autónoma dos Açores) innerhalb der Republik Portugal (República Portugesa)

Legislative und Exekutive

Die Insel São Jorge ist verwaltungsmäßig in die Autonome Region der Azoren eingegliedert und besitzt keine eigene Inselregierung. Die wichtigsten politischen Entscheidungen werden daher von der Regionalregierung und dem Regionalparlament der Azoren getroffen, deren zentrale Institutionen sich auf den Inseln Terceira und São Miguel befinden. Auf São Jorge selbst sind lediglich regionale Dienststellen vertreten, etwa in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft oder Umwelt, die im Auftrag der Regionalverwaltung tätig sind.

Administrativ gliedert sich die Insel seit 1976 in zwei Kreisen bzw. Gemeinden: Velas im Westen und Calheta im Osten. Diese kommunalen Verwaltungen übernehmen lokale Aufgaben wie Infrastruktur, Müllentsorgung, Stadtplanung, Kulturförderung oder den Betrieb kommunaler Einrichtungen. Jede Gemeinde ist weiter in mehrere Freguesias, also Kirch- bzw. Ortsgemeinden, unterteilt, die kleinere örtliche Angelegenheiten regeln und eine wichtige Rolle für das soziale und kulturelle Leben spielen. Insgesamt umfasst São Jorge zwölf dieser Freguesias.

Inseloberhaupt

Höchste Repräsentanten der Insel sind die Vorsitzenden der beiden Gemeinde- bzw. Kreisräte.

Politische Gruppierungen

Auf São Jorge sind folgende Parteien aktiv:

  • Partido Social Democrata (PSD) — eine konservativ-liberale Partei. Sie war zuletzt zusammen mit Partnerparteien maßgeblich an der Regionalregierung beteiligt.
  • Partido Socialista (PS) — die sozialdemokratische / sozialistische Partei. Sie war historisch lange Zeit stark und stellte häufig den Regierungschef der Region.
  • CDS – Partido Popular (CDS-PP) — eine christdemokratisch / konservative Partei, oft Teil von rechten Koalitionen.
  • Partido Popular Monárquico (PPM) — eine kleinere monarchistisch geprägte Partei. Sie ist besonders auf den Azoren vertreten und war mit dem PSD und CDS-PP in Koalitionen involviert.
  • Chega — eine rechtspopulistische Partei, die seit einigen Jahren auch auf den Azoren an Bedeutung gewonnen hat.
  • Iniciativa Liberal (IL) — eine liberale Partei, die ebenfalls auf den Azoren aktiv ist.
  • Bloco de Esquerda (BE) — links orientierte Partei; kandidiert regelmäßig auch für die Azoren.
  • Pessoas–Animais–Natureza (PAN) — eine Partei mit Fokus auf Umwelt, Tierschutz und Nachhaltigkeit; tritt ebenfalls bei Wahlen in der Region an.

Justizwesen und Kriminalität

In der Kolonialzeit gab es kein eigenes Gericht. Streitfälle wurden vom ouvidor der Nachbarinsel Terceira entschieden, der ein- oder zweimal im Jahr nach Velas oder Calheta kam und unter freiem Himmel oder in der Sakristei der Kirche Recht sprach. Die häufigsten Delikte waren kleine Diebstähle (Ziegen, Mais, Werkzeug), Schlägereien bei Império-Festen und Grenzstreitigkeiten zwischen Fajãs. Strafen waren meist Geld- oder Arbeitsstrafen; Gefängnis gab es keins. Schwere Verbrechen (Mord kam in 400 Jahren vielleicht fünf- oder sechsmal vor) wurden nach Angra do Heroísmo gebracht und dort abgeurteilt.

Erst 1836, nach der Liberalisierung Portugals, bekam São Jorge ein eigenes Friedensgericht (Julgado de Paz) in Velas. 1895 wurde das Tribunal da Comarca da Ilha de São Jorge eröffnet – ein kleines Gerichtsgebäude direkt neben dem heutigen Rathaus von Velas, das bis heute besteht. Es war zuständig für die gesamte Insel und hatte einen Richter, einen Staatsanwalt und zwei Schreiber. Das Gefängnis war ein einziger Raum mit vier Zellen im Keller des Gerichts – fast immer leer. Zwischen 1900 und 1974 saßen dort meist nur betrunkene Fischer oder junge Männer, die sich bei Hochzeiten geprügelt hatten. Morde blieben extrem selten. Der bekannteste Fall war 1932 der „Crimo da Fajã dos Vimes“: ein 28-jähriger Mann erschoss aus Eifersucht seinen Nebenbuhler mit einem alten Vorderlader. Der Täter wurde zu 18 Jahren verurteilt und nach Lissabon gebracht – auf São Jorge selbst gab es niemanden, der so lange Haft hätte verbüßen können.

Seit 1976 gehört São Jorge zur autonomen Region Azoren. Das alte Gerichtsgebäude in Velas blieb erhalten und wurde 2005 modernisiert. Heute gibt es dort einen Richter der ersten Instanz, einen Staatsanwalt und eine kleine GNR-Station (Guarda Nacional Republicana) mit etwa 25 Beamten für die ganze Insel. Das Gefängnis wurde 1998 geschlossen – seitdem werden Verurteilte nach Ponta Delgada (São Miguel) gebracht.

Die Kriminalitätsrate ist eine der niedrigsten Europas: Schwere Gewaltverbrechen: seit 1980 nur zwei Morde (2008 ein häuslicher Mord in Calheta, 2017 ein Streit unter Fischern in Topo mit Todesfolge). Raub, Einbruch und organisierte Kriminalität: praktisch nicht existent. Häufigste Delikte heute: Trunkenheit am Steuer, kleine Diebstähle (meist Werkzeuge aus Gärten), häusliche Gewalt (wird seit den 2000er Jahren ernst genommen) und seit 2015 zunehmend kleinere Drogendelikte (vor allem Cannabis für den Eigenbedarf).

Die Inselbewohner regeln 90 % aller Konflikte immer noch selbst – durch Gespräche im Familienrat, bei der Kirche oder im Café. Der Satz „Aqui não se lava roupa suja em público“ (Hier wäscht man keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit) gilt noch immer. Es gab nie eine eigene Polizeistation in den Fajãs – bei Problemen kommt die GNR aus Velas oder Calheta, was manchmal zwei Stunden dauert. Seit 2020 gibt es auf São Jorge eine spezielle „Proximitäts-Polizei“: zwei Beamte fahren regelmäßig mit einem kleinen Boot die Fajãs ab und trinken Kaffee mit den Leuten – das reicht meist, um Konflikte im Keim zu ersticken. Das Gericht in Velas ist heute vor allem mit Erbschaftsstreitigkeiten, Grundbuchfragen und Touristenunfällen (Wanderer, die sich verlaufen oder stürzen) beschäftigt.

Flagge und Wappen

Seit die Azoren 1976 autonome Region wurden, hat jede Insel ihre eigenen offiziellen Symbole. São Jorge erhielt seine Flagge und sein Wappen 1984 durch Beschluss der Regionalversammlung. Die Flagge ist dreigeteilt in vertikale Streifen: links blau für den Atlantik und den Himmel, in der Mitte weiß für Reinheit und Frieden, rechts grün für die üppigen Weiden und die Hoffnung. Auf dem weißen Mittelstreifen prangt das farbige Wappen, darüber der goldene Schriftzug „SÃO JORGE“. Sie weht heute vor den beiden Rathäusern von Velas und Calheta, an Schulen, beim Hafen und bei jedem Fußballspiel der lokalen Vereine.

Das Wappen selbst ist ein klassischer portugiesischer Schild: auf silbernem Grund ein roter, feuerspeiender Drache mit goldenen Flügeln und Krallen – die direkte Verbeugung vor dem heiligen Georg, dem Drachentöter und Namenspatron der Insel. Über dem Drachen schwebt ein goldener Stern (wie auf allen azorischen Wappen), darunter drei blaue Wellenlinien für den Ozean. Links und rechts halten zwei goldene Greifvögel (Bussarde) den Schild – eine Erinnerung daran, dass die Insel bei ihrer Entdeckung fast „Ilha dos Açores“ hätte heißen sollen. Das Ganze wird von einer goldenen Mauerkrone mit fünf Türmen gekrönt, weil Velas seit 1500 den Status einer Vila besitzt. Unter dem Schild steht auf weißem Band der lateinische Wahlspruch „TALANTUM MERUIT FIDEI“ – „Sie hat den Lohn des Glaubens verdient“, eine Anspielung auf die tiefe Religiosität und die unzähligen Império-Feste.

Jedes Kind auf São Jorge kennt Drachen und Bussarde. Sie erscheinen auf Briefköpfen, Polizeiautos, Feuerwehrwagen und – besonders wichtig – auf jeder originalen Packung Queijo São Jorge DOP. Am 23. April, dem Tag des heiligen Georg, und bei allen großen Festen werden die blau-weiß-grünen Flaggen neben der portugiesischen und der azorischen Fahne gehisst.

Hauptstadt

In den ersten Jahrzehnten nach der Besiedlung ab 1480 existierte kein eigentliches Zentrum. Die Menschen lebten verstreut in Topo, Calheta, Urzelina und auf den Fajãs; Verwaltung und Kirche waren noch nicht fest verankert. Das änderte sich am 14. Juni 1500, als König Manuel I. dem kleinen Hafenort im Südwesten der Insel das Stadtrecht (foral) verlieh und ihn zur Vila de Velas erhob. Gleichzeitig wurde auch Calheta zur Vila erhoben, doch Velas erhielt den Sitz des Richters (ouvidor), des Zolls und der wichtigsten Kirche. Damit war von diesem Tag an klar: Velas ist der Mittelpunkt der Insel.

Seit 1500 ist Velas ununterbrochen der politische, wirtschaftliche und kulturelle Hauptort geblieben. Hier wurden die Steuern eingezogen, die großen Feste gefeiert und die Schiffe abgefertigt. Im 18. Jahrhundert entstand das erste Rathaus am heutigen Jardim da República, im 19. Jahrhundert das Gericht und das Krankenhaus. Auch nach der Teilung in zwei eigenständige Gemeinden 1976 (Velas und Calheta) änderte sich nichts an dieser Tatsache: Flughafen, größter Hafen, Krankenhaus, Sekundarschule und fast alle Behörden liegen in Velas.

Verwaltungsgliederung

Die Insel ist in zwei Kreise mit 11 Gemeinden unterteilt.

Concelho Fläche (km²) Z 2001 Z 2011 S 2019 Z 2021
Calheta 126,51 4.069 3.773 3.184 3.437
Velas 119,08 5.605 5.398 5.093 4.936


           Verwaltungseinheiten:

           2 conselhos (Bezirke)

                       11 freguesias (Gemeinden)

Bevölkerung

Im Folgenden die Entwicklung der Bevölkerungszahl samt Dichte, bezogen auf die offizielle Fläche von 237,59 km².


           Bevölkerungsentwicklung:

           Jahr                 Einwohner      Dichte (E/km²)

           1850                20 000             84,18

           1864                17 176             72,29

           1890                16 426             69,14

           1900                15 759             66,33

           1911                14 229             59,89

           1920                12 826             53,98

           1930                13 254             55,79

           1940                14 014             58,99

           1950                15 349             64,61

           1960                15 480             65,16

           1970                11 802             49,68

           1980                10 508             44,23

           1981                10 361             43,61

           1991                10 219             43,01

           2000                 9 530             40,11

           2001                 9 528             40,10

           2002                 9 522             40,07

           2003                  9 500             39,98

           2004                  9 450             39,77

           2005                  9 400             39,56

           2006                  9 350             39,35

           2007                  9 300             39,14

           2008                  9 250             38,93

           2009                  9 200             38,72

           2010                  9 200             38,72

           2011                  9 171             38,60

           2012                  9 100             38,30

           2013                  9 000             37,88

           2014                  8 800             37,04

           2015                  8 600             36,20

           2016                  8 491             35,74

           2017                  8 374             35,25

           2018                  8 309             34,97

           2019                  8 277             34,84

           2020                  8 310             34,98

           2021                  8 373             35,24

           2022                  8 350             35,14

           2023                  8 320             35,01

           2024                  8 300             34,95


Die Bevölkerung sank von 1981 bis 2001 um durchschnittlich 0,402 % pro Jahr.

Volksgruppen

Die große Mehrheit der Jorgenser stammt von den ersten Siedlern des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts ab, die vor allem aus dem nordportugiesischen Minho, aus Trás-os-Montes und dem Douro kamen. Namen wie Lima, Pereira, Alves, Machado, Sousa, Medeiros, Rodrigues und Fernandes dominieren bis heute jedes Telefonbuch und jedes Grab auf den Friedhöfen. Ihr Dialekt, ihre Lieder und ihre Art, die Império-Feste zu feiern, sind fast unverändert aus Nordportugal übernommen.

Ein zweiter, sehr prägender Strom waren die Flamen. Der erste Kapitän Willem van der Haegen brachte Familien aus Flandern und Brabant mit, die besonders in Topo, Norte Grande und Santo Antão sesshaft wurden. Namen wie Silveira, Dutra, Moniz, Brügge oder Vandenberghe sind dort noch immer überdurchschnittlich häufig, und die Tradition des großen, harten Rohmilchkäses ist ein direktes flämisches Erbe – der Queijo São Jorge wäre ohne sie nicht denkbar.

Von Madeira und von den bereits besiedelten Inseln Terceira und Graciosa kamen ab etwa 1520 weitere Familien, die sich vor allem in Calheta und auf den südlichen Fajãs niederließen und den Wein- und Orangenanbau einführten. Kleinere, aber sichtbare Spuren hinterließen zwangsbekehrte sephardische Juden (Namen wie Nunes, Henriques, Cardoso), einige maurische und westafrikanische Sklaven im 16. Jahrhundert (genetisch noch in 4 bis 6 % der DNA nachweisbar) sowie im 19. Jahrhundert englische und irische Walfänger und Händler, aus denen die kuriosen Nachnamen „Mister“ und „Misterinho“ in Urzelina entstanden. Im 20. Jahrhundert kehrten viele Auswanderer aus Brasilien und den USA zurück, oft mit brasilianischen oder amerikanischen Ehepartnern, was hier und da eine leichte „amerikanische“ oder südamerikanische Note ins Ortsbild brachte.

Sprachen

Auf der Insel São Jorge wird Portugiesisch gesprochen, und zwar in der regionalen Variante, die für die Azoren typisch ist. Diese azoreanische Dialektform unterscheidet sich in Aussprache, Rhythmus und Wortschatz sowohl vom europäischen Festlandportugiesisch als auch von den Dialekten anderer Azoreninseln.

Der auf São Jorge gesprochene Dialekt gehört zur sogenannten „médio-atlântico“-Variante, die auf Einflüsse aus Festlandregionen wie Minho, Douro und Beira zurückgeht. Sprachlich fällt besonders die nasalere Aussprache, ein teilweise schnellerer Sprachfluss sowie ein charakteristischer Wortschatz auf, der sich historisch durch die relative Isolation der Insel herausgebildet hat.

Neben dem Portugiesischen hört man auf São Jorge gelegentlich auch Englisch, vor allem im Tourismus und bei Auswanderern oder Rückkehrern aus den USA und Kanada, wohin viele Bewohner der Azoren in den vergangenen Jahrzehnten ausgewandert sind. Diese englischen Einflüsse haben allerdings nur geringe Auswirkungen auf die Alltagssprache.

Religion

Auf São Jorge — wie auf dem Großteil der Azoren — dominiert traditionell das Christentum, insbesondere die römisch-katholische Kirche. Die Bevölkerung gehört überwiegend der Römisch‑katholische Kirche an; praktisch alle Dörfer auf der Insel sind kirchlich organisiert, und in fast jeder Ortschaft gibt es eine Pfarrkirche oder Kapelle. Glaube und kirchliche Gemeinschaft haben auf São Jorge eine lange Geschichte und spielen im Alltag, kulturellen Festen sowie bei sozialen Ereignissen eine wichtige Rolle.

Konkrete Zahlen über andere Religionen oder Religionsgemeinschaften (zum Beispiel protestantische Gruppen, orthodoxe Christen, neuere Glaubensrichtungen) auf São Jorge sind kaum dokumentiert — öffentlich zugängliche Quellen berichten nicht von nennenswerten Minderheiten. Das deutet darauf hin, dass andere Religionen entweder sehr klein oder kaum vorhanden sind.

Ebenfalls wird im Alltag der Inselgesellschaft der säkulare, nicht-kirchliche Bereich durch familiäre, kulturelle und soziale Bindungen geprägt — zunehmend gibt es Menschen, die wenig oder gar nicht religiös sind; aber verlässliche Statistiken über Nicht-religiöse oder konfessionslose Personen auf São Jorge scheinen nicht veröffentlicht.

Judentum

Wie auf allen Azoreninseln kamen die ersten zwangsbekehrte Juden, sogenannte Cristãos-Novos oder Conversos, im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert. Nach der Zwangstaufe 1497 in Portugal und der Vertreibung aus Spanien 1492 flohen viele sephardische Familien in die entlegensten Winkel des Reiches, darunter auch auf die noch kaum besiedelten Azoren. Auf São Jorge waren es nur wenige Dutzend Menschen, meist Händler, Ärzte oder Handwerker, die sich in Velas und Calheta niederließen.

Sie durften ihren Glauben nicht offen ausüben, aber sie brachten Wissen, Kontakte und Kapital mit. Einige Familiennamen, die bis heute auffallend häufig sind, deuten darauf hin: Henriques, Nunes, Cardoso, Mendes, Oliveira (teilweise) und Teixeira. Vor allem in Velas und auf den südlichen Fajãs gab es im 16. Jahrhundert mehrere „Conversos“, die im Waid- und Weizenhandel tätig waren. Einige stiegen sogar zu wohlhabenden „Senhores das Fajãs“ auf.

Die Inquisition erreichte São Jorge zwar verspätet, aber sie kam. Zwischen 1580 und 1650 wurden mindestens fünf Personen von der Insel wegen „Judaizieren“ (geheim jüdischer Praktiken) angeklagt und nach Lissabon oder Brasilien verschleppt. Danach verschwanden die letzten offenen Spuren. Die Familien blieben, konvertierten äußerlich vollständig und vermischten sich mit den katholischen Portugiesen und Flamen.

Heute ist das jüdische Erbe auf São Jorge fast unsichtbar. Es gibt keine Marranen-Tradition wie auf Belmonte oder in Nordostportugal, keine Geschichten von versteckten Menoras oder geheimen Sabbat-Ritualen. Nur die Namen und ein paar alte Dokumente im Archiv von Angra do Heroísmo erinnern noch daran.

Siedlungen

Velas, der Hauptort der Insel, ist nicht viel größer als ein Dorf, verströmt aber städtisches Flair. Das mag durch den großzügigen zentralen Platz vor der Pfarrkirche liegen oder auch an der Fußgängerzone mit einigen kleinen Geschäften. Dazu kommen einige größere und zahlreiche kleinere, abgelegene Ortschaften (fajas).

Freguesia Concelho Z 2011 Z 2021
Baía Calheta ... 102
Beira Velas 417 387
Biscoitos Calheta ... 231
Calheta Calheta ... 406
Caminho de Baixo Velas 104 95
Caminho de Baixo Calheta ... 95
Caminho de Cima Velas 219 192
Caminhos Novos Calheta 188 143
Cancelinha Calheta 70 62
Cruzal Calheta 148 160
Fajã de Santo Amaro Velas 121 122
Fajã do Ouvidor Velas ... 75
Fajã dos Vimes Calheta 80 66
Fajã Grande Calheta ... 286
Figueiras Velas 140 129
Gança Calheta 113 129
Manadas Velas 219 201
Norte Grande Velas 224 181
Norte Pequeno Calheta 220 196
Poejal Calheta ... 61
Ponta Velas 162 148
Queimada Velas 294 288
Relvinha Calheta ... 113
Ribeira Acima Calheta ... 74
Ribeira do Nabo Velas 271 245
Rosais Velas 117 97
Rua de Baixo Calheta ... 74
Santo Amaro Velas 338 288
Santo Antão Calheta 220 185
Santo António Velas 208 157
São Pedro Calheta 60 64
São Tomé Calheta 106 83
Terreiros Velas 155 160
Toledos Madalena 171 200
Topo Calheta 187 159
Urzelina (São Mateus) Velas 546 559
Vale das Amoras Calheta 63 82
Velas Velas 1.518 1.322
Vila do Porto Vila do Porto 1.680 1.573
Vila Franca do Campo Vila Franca do Campo 4.077 3.858
Vila Nova Vila da Praia da Vitória 1.628 1.442
Vinha Brava Angra do Heroísmo 150 145
Vitória Santa Cruz da Graciosa 301 273
Volta Horta 158 144


Velas ist die „Hauptstadt“ von São Jorge und gleichzeitig der Ort, an dem sich fast alles abspielt, was auf der Insel Rang und Namen hat. Der Ort liegt geschützt in einer weiten, halbmondförmigen Bucht an der Südwestküste, umgeben von steilen, grünen Hängen. Der Name kommt von den vielen Segeln (velas) der Schiffe, die hier früher vor Anker gingen, weil es der sicherste Hafen der ganzen Insel war.

Das Herz von Velas ist der kleine, aber lebendige Jardim da República mit seinen alten Lorbeerbäumen, dem Musikpavillon und dem klassizistischen Rathaus. Direkt daneben steht die prächtige Igreja Matriz de São Jorge, eine der schönsten manuelinischen Kirchen der Azoren, mit ihrem markanten Glockenturm, der von Weitem über die Bucht wacht. Die Hauptstraße Avenida Marginal führt am Hafen entlang: moderne Cafés, das neue Kreuzfahrt-Terminal, Fischerboote und dazwischen die bunten Häuser mit weißen Fensterrahmen.

Velas hat etwa 3.500 Einwohner, den einzigen größeren Supermarkt der Insel, das Krankenhaus, den Flughafen (nur 5 km entfernt), das Gericht und die meisten Behörden. Abends flaniert man am Hafen, trinkt ein Bier im „Café da Marina“ und schaut den Fähren zu. Am 23. April, dem Tag des heiligen Georg, verwandelt sich die ganze Stadt in ein einziges Fest: Prozessionen, Feuerwerk, Konzerte bis in die Morgenstunden. Velas ist lebendig, stolz und das einzige echte städtische Stückchen São Jorge – aber immer noch so überschaubar, dass man nach zwei Tagen fast jeden kennt.

Calheta, die zweite Vila der Insel, liegt 25 km östlich von Velas an der Südostküste und ist das Gegenstück: kleiner, ruhiger, etwas konservativer. Der Ort schmiegt sich in eine enge Bucht, deren winziger Hafen früher „Porto da Calheta“ hieß – daher der Name (calheta bedeutet "kleine Bucht"). Über dem Ort thront die Igreja de Santa Catarina, weiß und gelb, mit einem der schönsten barocken Altäre der Azoren. Calheta hat mit Umland etwa 1.700 Einwohner und wirkt wie ein großes Dorf: enge Gassen, schwarze Basalthäuser, viele kleine Läden und Cafés. Hier gibt es das Museu Francisco Lacerda (ein Juwel mit azorischer Volkskunst), das alte Zollhaus und den schönsten Platz der Insel, den Largo Dr. Melo, mit seinen riesigen Drachenbäumen. Im Sommer ist Calheta das Zentrum der traditionellen Feste – das Império do Espírito Santo von Calheta ist eines der ältesten und prächtigsten der ganzen Azoren.

Der Hafen ist heute vor allem für Fischer und die Fähre nach Pico da, und in den letzten Jahren sind rund um den alten Fischerkai moderne Restaurants und ein paar Boutique-Hotels entstanden. Calheta ist der Ort, an dem man noch das „alte São Jorge“ spürt: ruhig, tief verwurzelt, mit Leuten, die sich Zeit nehmen, um ein Schwätzchen zu halten.

Topo, mit vollständigem Namen Vila do Topo, liegt ganz im Osten der Insel, auf einer kleinen Halbinsel, die wie ein Finger ins Meer ragt. Es ist die älteste dauerhafte Siedlung von São Jorge – hier landete Willem van der Haegen 1470 als Erster. Der Name kommt vom portugiesischen „topo“ = Gipfel, weil die mächtige Serra do Topo direkt dahinter steil aufragt.

Topo hat nur etwa 400 Einwohner und wirkt wie aus der Zeit gefallen: enge Gassen, schwarze Steinhäuser, die Igreja de Nossa Senhora do Rosário mit ihrem markanten Glockenturm und davor der kleine Platz mit Blick auf die Nachbarinsel Terceira. Der Hafen Porto do Topo ist winzig, aber malerisch, und von hier starten die Wanderwege zur Fajã da Caldeira de Santo Cristo und zur Fajã dos Cubres – deshalb ist Topo heute ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderer und Surfer. Die Leute hier gelten als besonders eigenständig und ein bisschen „flämisch“ – viele tragen noch die alten Namen Silveira, Dutra oder Moniz. Topo ist still, fast verschlafen, aber wenn im Juni das Fest der heiligen Anna gefeiert wird, verwandelt sich das ganze Dorf in eine einzige Party.

Verkehr

Der Verkehr auf São Jorge ist geprägt von eingeschränkten öffentlichen Transportmitteln. Für Mobilität auf der Insel sind bei Besuchern Mietwagen die meistgenutzte Option, da sie Flexibilität für den Besuch entlegener Orte bieten.​ Die Insel ist zudem per Flugzeug und Fähre gut an die Nachbarinseln der Azoren angebunden, mit dem Flughafen São Jorge nahe Velas als zentralem Knotenpunkt und regelmäßigen Fähren, die auch Fahrzeugtransport ermöglichen, was den Verkehr und die Erreichbarkeit zwischen den Inseln sicherstellt.

Straßenverkehr

São Jorge ist 55 km lang, aber oft nur 500 m bis 1 km breit, und das Straßennetz folgt dieser extremen Form: eine einzige Hauptachse und viele steile Abzweige. Die ER 1-2ª, besser bekannt als Estrada Longitudinal, ist die Lebensader der Insel. Sie wurde 1963 eröffnet und führt auf etwa 300 bis 500 m Höhe von der Ponta dos Rosais im Westen bis Topo im Osten, meist direkt über den Kamm der zentralen Bergkette. Die Straße ist schmal, kurvenreich, oft nebelig und an vielen Stellen kaum breiter als ein Auto plus Fußgänger. Trotzdem ist sie hervorragend asphaltiert und wird ständig instand gehalten. Seit 2015 gibt es fast überall Leitplanken, und die gefährlichsten Stellen wurden verbreitert.

Von dieser Hauptstraße zweigen in regelmäßigen Abständen steile Stichstraßen ab, die hinunter zu den Ortschaften und Fajãs führen: nach Velas, Calheta, Urzelina, Manadas, zu den Fajãs do Ouvidor, dos Cubres, de São João und seit 2001 sogar bis zur Caldeira de Santo Cristo. Diese Nebenstraßen sind spektakulär: teilweise über 20 % Gefälle, enge Serpentinen, oft nur einspurig mit Ausweichbuchten. Wer hier fährt, braucht gute Bremsen und Nerven, besonders wenn Kühe oder Wanderer plötzlich auftauchen.

Der Verkehr ist minimal: selbst in der Hochsaison gibt es selten Staus, und im Winter kann man stundenlang fahren, ohne ein anderes Auto zu sehen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt außerorts 80 km/h, auf der Longitudinal meist 60 bis 70 km/h. Die Inselbewohner fahren entspannt, hupen freundlich zum Grußen und halten an, wenn jemand am Straßenrand wartet. Busse (Linien von Velas–Calheta–Topo) verkehren ein paar Mal täglich, Taxis sind günstig und fast immer frei. Mietwagen sind beliebt, aber viele Touristen mieten sich inzwischen auch Roller oder E-Bikes, weil die Straßen so leer sind.

Schiffsverkehr

Weil São Jorge keine natürlichen Häfen hat, war der Schiffsverkehr lange Zeit mühsam und wetterabhängig. Bis in die 1980er Jahre mussten Passagiere und Fracht mit kleinen Booten von den großen Schiffen an Land gerudert werden. Heute gibt es zwei moderne Häfen:

  • Porto das Velas (2019 komplett neu gebaut): der Haupt- und Kreuzfahrthafen, geschützt durch eine 400 m lange Mole. Hier legen die Fähren der Atlanticoline (Linie Lila und Rosa) an – ganzjährig mehrmals täglich nach São Roque und Horta auf Pico (35 bis 50 Minuten) sowie im Sommer nach Faial, Terceira und Graciosa.
  • Porto da Calheta: kleiner, aber ebenfalls modernisiert, wird vor allem von Fischern und kleineren Frachtbooten genutzt, im Sommer auch von Ausflugsbooten für Delfin- und Walbeobachtung.


Zwischen Velas und Calheta verkehrt außerdem eine kleine lokale Fähre, die vor allem Wanderer und Surfer zwischen den Fajãs transportiert. Von Topo aus gibt es keine reguläre Personenfähre mehr, nur noch Fischerboote. Fracht kommt weiterhin fast ausschließlich per Schiff: zweimal pro Woche legt ein Frachter der Transinsular (Mutante oder Monte Brasil) in Velas an und bringt alles von Autos über Supermarktware bis Baustoffe. Die Fischerflotte besteht aus etwa 80 kleinen Booten, die hauptsächlich Thunfisch, Makrelen und Seebrassen fangen. Im Sommer kommen zunehmend Segelboote und Yachten – Velas hat inzwischen eine kleine Marina mit 50 Liegeplätzen. Und einmal im Jahr, meist im Juli, legt ein großes Kreuzfahrtschiff an (AIDA, Mein Schiff oder Phoenix), dann ist der sonst so ruhige Hafen plötzlich voller Menschen.

Der Farol da Ponta dos Rosais ist ein Leuchtturm an der Nordwestküste von São Jorge. Er befindet sich im Kreis Velas, 13 km nordwestlich der Inselhauptstadt und 7 km von Rosais entfernt. Er steht auf der Steilküste von Ponta dos Rosais in einem Naturschutzgebiet in einer Höhe von gut 250 Metern.

Der Turm ist ein runder, unverputzter Betonturm mit acht senkrechten Rippen und einer darüber befindlichen Galerie. Die Laterne wurde entfernt. Am Fuß des Leuchtturms befindet sich ein u-förmiger, einstöckiger Gebäudekomplex für die Leuchtturmwärter und ihre Familien einschließlich Technikgebäude. Die Gebäude sind ebenfalls unverputzt. Die Höhe des Leuchtturms beträgt 27 Meter. Das Gelände ist zugänglich, der Turm selber ist nicht zugänglich. Das Leuchtfeuer befindet sich in einer Höhe von 283 Metern. Die Kennung besteht aus zwei weißen Lichtern, die sich alle zehn Sekunden wiederholen. Die Tragweite beträgt rund acht Seemeilen (knapp 15 Kilometer).

Planungen für einen Leuchtturm auf der Ponta dos Rosais gehen auf das Jahr 1890 zurück, der Bau begann jedoch erst 1957 und der Leuchtturm wurde am 1. Mai 1958 in Betrieb genommen. Der Turm war zunächst mit einer Optik 3. Ordnung mit einer Brennweite von 500 mm und einer 3000-W-Lampe ausgestattet. Die Stromversorgung erfolgte über Stromaggregate, die Drehung der Optik über Elektromotoren. Aufgrund des Erdbebens von Rosais am 16. Februar 1964 musste das Leuchtturmpersonal und ihre Familien zwei Tage später evakuiert werden. Die durch das Beben entstandenen Schäden – Beschädigung des Rotationsmechanismus, ausgelaufenes Quecksilber, Risse im Gebäude, durch Felsbrocken versperrte Zufahrtsstraße – wurden behoben und der Betrieb am 12. März wieder aufgenommen.

Am 1. Januar 1980 wurde der Leuchtturm erneut von einem Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen. Alle Systeme wurden beschädigt, wieder wurde das Personal evakuiert. Der Leuchtturm wurde auf einen Notbetrieb umgestellt und mit Gas sowie Solarenergie weiter betrieben. Ein anschließender Sturm und Erdrutsche brachten den Turm in Einsturzgefahr. Um das Bauwerk zu entlasten, wurde alles unnötige Material im Dezember 1980 entfernt und eine vorübergehende Laterne installiert, aber schließlich aufgegeben. Seitdem verfällt der Leuchtturm. Zwei Jahre später wurde am 5. Juli 1982 am etwa 270 entfernt liegenden Walbeobachtungsturm Cabeça da Pontinha erneut ein vorübergehendes Leuchtsignal 6. Ordnung installiert. Dieser „neue“ Leuchtturm wurde automatisiert und im selben Jahr wiedereröffnet, schließlich 1987 eine Gaslaterne installiert, die mit Solarenergie betrieben wird. (nach wikipedia)


Farol da Ponta dos Rosais

  • Standort: 38°45‘13“ N, 28°18‘42“ W
  • Listeneinträge:  AZO019 (ARLHS ), D2683 (IHUK), 113-23448 (NGA), 1000007155 (MT)
  • Bauzeit: 1957 bis 1958
  • Inbetriebnahme:  1. Mai 1948
  • Betreiber:
  • Seehöhe: 259 m
  • Turmhöhe: 24 m
  • Feuerhöhe: 283 m
  • Befeuerung:
  • Betriebsart: elektrisch (Photovoltaik)
  • Funktion: Seefeuer
  • Kennung: Fl(2) W.10s
  • Tragweite:  14,8 km

Flugverkehr

Der Flughafen São Jorge, portugiesisch Aeródromo de São Jorge, ist ein Regionalflughafen. Er liegt am Rand der Fajã da Queimada an der Südküste, in der Freguesia Santo Amaro der Gemeinde Velas – etwa 6 km südöstlich von Velas und 28 km nordwestlich von Calheta. Der kleine, aber effiziente Regionalflughafen wurde in den 1980er-Jahren eröffnet und wird von der SATA Aeródromos, S.A. betrieben, einem Unternehmen der Azores Airlines-Gruppe, die den Betrieb der kleineren Insel-Flugplätze koordiniert. Er ist kein vollwertiger internationaler Airport, sondern ein Aeródromo mit einer einzigen Asphaltpiste von 1.500 Metern Länge und 45 Metern Breite, die für Propellerflugzeuge wie die ATR 42-600 optimiert ist und Landungen bei oft windigen Bedingungen ermöglicht – ein Erlebnis, das von manchen Piloten als "herausfordernd" beschrieben wird, dank der umliegenden Klippen und des ständigen Atlantikwinds. Die einzige Linienfluggesellschaft, die den Flughafen São Jorge anfliegt, ist SATA Air Açores. Sie bietet Flüge von und nach Terceira und Ponta Delgada.


São Jorge Airport

  • portugiesischer Name: Aeródromo de São Jorge
  • Code:  SJZ / LPSJ
  • Lage:  38°39‘56“ N, 28°10‘33“ W
  • Seehöhe:  102 m (335 ft)
  • Entfernung:  6 km nordwestlich von Velas
  • Inbetriebnahme: 
  • Betreiber:  SATA Aerodromos Lda.
  • Terminal:  1
  • Rollbahn:  1
  • Länge der Rollbahn:  1374 m (Asfalt)
  • Fluggesellschaft:  1
  • Flugzeug-Standplätze:  ca. 10
  • jährliche Passagierkapazität: 
  • jährliche Frachtkapazität: 

Wirtschaft

Viele Menschen leben noch von Ackerbau und Viehhaltung. Hauptsächlich werden Weizen und Wein angebaut. Die Insel ist vor allem wegen ihres guten Käses bekannt. São Jorge ist geeignet für einen Wanderurlaub. 2015 gab es sieben markierte Wege. Anreise per Flugzeug ist über den 1982 eröffneten Flughafen São Jorge (SJZ) nahe Velas möglich. Touristisch ist São Jorge weniger erschlossen als die meisten anderen Azoreninseln. Neben dem Hauptort Velas werden am ehesten die Dörfer Manadas und Urzelina von Touristen besucht. Sehenswert sind außer verschiedenen Kirchen unter anderem mehrere gut erhaltene bzw. renovierte Festungen aus dem 18. Jahrhundert, zum Beispiel die Forte da Preguiça in Calheta, dem zweitgrößten Ort der Insel.

Landwirtschaft

Die Landwirtschaft auf São Jorge ist kleinparzellig, intensiv und fast ausschließlich auf Selbstversorgung und drei große Exportprodukte ausgerichtet: Käse, Rindfleisch und – in bescheidenem Maße – wieder Wein. Die Insel hat so gut wie kein ebenes Land; alles ist Hang oder Fajã. Deshalb wird seit 500 Jahren terrassiert: unzählige kleine Mauern aus schwarzem Basalt halten die steilen Felder zusammen. Die Böden sind vulkanisch, tiefgründig und immer feucht – perfekte Bedingungen für Grünland. Mehr als 70 % der Fläche sind permanente Weiden. Fast jede Familie hält ein paar Kühe (meist Holstein-Frisian-Kreuzungen), und die Milch geht fast komplett in die Produktion des Queijo São Jorge DOP. Die Kooperative Uniqueijo verarbeitet jährlich rund 6 Millionen Liter Rohmilch von etwa 3.500 Kühen – das ist das wirtschaftliche Rückgrat der Insel.

Neben der Milchwirtschaft dominiert der Anbau von Yamswurzel (inhame, Colocasia esculenta), der „Kartoffel der Azoren“. Auf den terrassierten Hängen und besonders auf den Fajãs wird sie in riesigen Mengen angebaut – São Jorge liefert fast die Hälfte der gesamten azorischen Produktion. Dazu kommen Mais (für Brot und Tierfutter), Bohnen, Kohl, Süßkartoffeln und seit den 2000er-Jahren wieder verstärkt Obst: Bananen, Guaven, Ananas, Maracuja und Feigen in den geschützten Fajãs.

Der klassische Gemüsegarten ist winzig und liegt meist direkt am Haus: Salat, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie für den täglichen Bedarf. Auf den Hochplateaus (Serra do Topo, Planalto Central) wird seit einigen Jahren wieder verstärkt Kartoffeln und Rüben für den Export nach São Miguel angebaut.

Weinbau

Der Weinbau hatte auf São Jorge zwei große Epochen und erlebt gerade eine dritte, kleine Renaissance. Nach dem Zusammenbruch des Waid-Handels pflanzte man ab etwa 1650 überall Verdelho, Arinto und Terrantez. Besonders die Fajãs dos Vimes, São João und Caldeira de Santo Cristo waren riesige Weinberge. Der süße, bernsteinfarbene Verdelho von São Jorge galt als einer der besten der Azoren und wurde bis nach Russland exportiert. Dann kam die Reblaus (1852 bis 1870) und vernichtete alles. Danach gab es fast 130 Jahre lang keinen nennenswerten Weinbau mehr. Nur ein paar alte Leute machten für den Eigenbedarf ein paar Liter aus hybriden Reben oder aus Tischtrauben.

Seit etwa 2012 pflanzen junge Winzer wieder systematisch Reben – vor allem in den wärmeren Fajãs und an geschützten Südhängen. Die wichtigsten Projekte sind: Adega do Canto (Fajã dos Vimes),  produziert seit 2015 trockenen Weißwein und Likörwein aus Arinto dos Açores und Verdelho, und Azores Wine Company (kooperiert mit Pico, aber auch Rebstöcke auf São Jorge). Dazu kommen viele kleine Hobbywinzer, die auf alten Terrassen wieder Verdelho und Terrantez setzen. Die Fläche ist winzig (kaum 10 Hektar), aber die Qualität wird immer besser. Seit 2022 gibt es wieder offiziell „Vinho de São Jorge“ mit Herkunftsbezeichnung. Die Reben wachsen auf alten, vulkanischen Terrassen, oft direkt über dem Meer – ein Anblick, der an Santorin erinnert.

Bergbau

Auf São Jorge gab es nie Erz, Kohle oder Edelmetalle, die sich lohnten. Der einzige Rohstoff, der jemals in nennenswertem Umfang abgebaut wurde, ist Basalt und Bimsstein (bagacina). Seit dem 16. Jahrhundert brechen die Inselbewohner schwarzen Vulkanschotter und Tuff für Häuser, Mauern und Straßen. Kleine Steinbrüche gibt es in Urzelina, Ribeirinha und bei der Ponta dos Rosais, aber sie sind handwerklich und nur für den lokalen Bedarf. In den 1950er Jahren wurde kurzzeitig Bimsstein für den Export nach São Miguel und Lissabon abgebaut, doch das lohnte sich nicht lange. Heute werden nur noch Steine für Renovierungen und neue Wege gebrochen – alles im Familienbetrieb, ohne Maschinenparks. Bergbau im klassischen Sinne hat auf São Jorge nie existiert und wird es auch nie geben.

Handwerk

Das wichtigste Handwerk ist seit 500 Jahren das Käsehandwerk. Die Produktion des Queijo São Jorge DOP bleibt bis heute handwerklich: die Milch wird roh verarbeitet, die Laibe werden von Hand gepresst und in alten Steingewölben 3 bis 24 Monate gereift. Die Kooperative Uniqueijo in Beira ist die einzige nennenswerte industrielle Anlage der Insel: dort stehen moderne Kessel und Reiferäume, aber die eigentliche Arbeit machen immer noch Menschen, keine vollautomatischen Bänder. Uniqueijo beschäftigt etwa 60 Personen – das ist der größte „Industriebetrieb“ weit und breit.

Weitere traditionelle Handwerke:

  • Decken und Teppiche aus Schafwolle – früher in fast jedem Haus, heute nur noch wenige ältere Frauen in Manadas und Fajã dos Vimes weben die berühmten bunten colchas und tapetes auf alten Webstühlen.
  • Korbflechterei – aus Weiden und Schilf von den Fajãs, besonders in Caldeira de Santo Cristo.
  • Holzschnitzerei – für die Figuren der Heiligen Geistes-Kronen und kleine Souvenirs.
  • Bootbau – früher Holzboote für den Thunfischfang, heute nur noch Reparaturen in Velas und Calheta.

Industrie

In den 2000er Jahren wurden ein paar kleine Lebensmittel-Manufakturen gegründet: Konfitüren und Liköre aus Guaven und Maracuja, eine Craft-Beer-Brauerei in Toledo („Korisca“) und eine Kaffee-Rösterei in Fajã dos Vimes, die eigenen azorischen Kaffee anbaut und verarbeitet.

Großindustrie gibt es nicht und wird es nie geben. Es gibt keine Fabriken, keine Chemiewerke, keine Zementfabrik. Die Insel lebt von Käse, ein bisschen Tourismus und vielen kleinen Händen, die seit Jahrhunderten dasselbe tun: Milch zu Käse machen, Steine klopfen, Wolle weben und aus dem, was die steilen Hänge hergeben, etwas Solides und Schönes bauen. Handwerk statt Industrie – das ist São Jorge, und das wird auch so bleiben.

Wasserwirtschaft

São Jorge ist eine der nassesten Inseln Europas, aber das Wasser kommt fast nur von oben. Es gibt keinen einzigen natürlichen See und keinen Staudamm. Die gesamte Trinkwasserversorgung basiert auf Hochquellen in der Serra und auf Regenwasserspeicherung. In den höheren Lagen (Serra do Topo, Planalto das Alvas, Norte Grande) sprudeln Dutzende starker Quellen aus dem vulkanischen Gestein. Diese werden seit dem 19. Jahrhundert in kleinen gemauerten Quellfassungen gesammelt und durch kilometerlange Rohrleitungen in die Ortschaften geleitet. Fast jedes Dorf hat seine eigene Quelle – manche, wie die Fonte dos Prazeres bei Manadas, liefern so klares und kaltes Wasser, dass es direkt aus dem Hahn trinkbar ist und besser schmeckt als jede Flasche. Seit den 1980er-Jahren wurden alle Haushalte an das öffentliche Netz angeschlossen, und seit 2010 gibt es eine zentrale Aufbereitungsanlage in Velas. Die Fajãs werden meist aus eigenen Quellen oder Zisternen versorgt. Wassermangel gibt es nie – eher das Gegenteil: nach starkem Regen treten Quellen über und kleine Bäche werden zu reißenden Strömen.

Energiewirtschaft

Bis in die 1950er Jahre lebte die Insel nur vom Holz, vom Torf und von Petroleumlampen. 1954–1958 wurde die Insel schrittweise elektrifiziert – zuerst Velas und Calheta, dann die Dörfer, zuletzt die entlegenen Fajãs. Seit 1980 versorgt ein großes Dieselkraftwerk in Velas die gesamte Insel. 2012 wurde das erste Windpark-Projekt realisiert: acht Windräder auf der Pico da Velha und bei Rosais liefern heute etwa 35 bis 40 % des Stroms.

Seit 2018 stehen zusätzlich Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Uniqueijo-Fabrik und einiger Schulen. 2023 wurde ein kleines Wasserkraftwerk an der Ribeira Seca in Betrieb genommen – das erste auf der Insel. Mit Stand 2025 umfasst die Energieproduktion 45 % Diesel, 40 % Wind, 10 % Solar, 5 % Kleinwasserkraft. Der Strom ist teurer als auf dem Festland, aber stabil und fast immer verfügbar. Viele neue Häuser und Tourismusbetriebe setzen inzwischen auf Solarthermie und Batterien. Das Ziel der Regionalregierung: bis 2030 mindestens 75 % erneuerbare Energien – auf São Jorge ist das realistisch, weil Wind und Wasser nie ausgehen.

Abfallwirtschaft

Bis in die 1990er Jahre wurde fast alles verbrannt oder auf wilden Kippen an den Klippen entsorgt. Seit 1998 gibt es ein modernes Abfallzentrum oberhalb von Velas (Ecoparque da Ilha de São Jorge). Dort wird getrennt: Papier, Glas, Plastik, Metall und Bioabfall werden seit 2005 flächendeckend in allen Ortschaften und Fajãs mit farbigen Containern gesammelt. Organische Abfälle (fast 50 % des Gesamtvolumens) werden kompostiert und an Landwirte verteilt. Altglas wird auf der Insel zerkleinert und als Baumaterial verwendet (zum Beispiel für Wege in den Fajãs). Gefährliche Abfälle und Restmüll werden einmal im Monat per Frachter nach São Miguel gebracht und dort verbrannt oder deponiert. Die Recyclingquote liegt bei über 40 % – eine der höchsten der Azoren. In den Dörfern gibt es „Ecopontos“ alle paar Kilometer, und die Leute sind stolz darauf, dass ihre grüne Insel sauber bleibt. Illegale Müllkippen gibt es kaum noch – wer erwischt wird, zahlt hohe Bußen und bekommt sofort den ganzen Dorftratsch auf den Hals. Abfalltrennung ist auf São Jorge längst zur Selbstverständlichkeit geworden.

Handel

Zentrum des Handels auf São Jorge ist Velas. Hier gibt es zwei große Supermärkte (Saudade und Talho Novo), eine Filiale von Continente Bom Dia (2022 eröffnet), mehrere chinesische Bazare, Baumärkte, Apotheken, Fischhallen und die klassischen kleinen Lebensmittelgeschäfte (mercerias) in jedem Dorf. Calheta hat einen kleineren, aber sehr beliebten Supermarkt (A Nossa Casa) und den samstäglichen Wochenmarkt, auf dem Käse, Yamswurzel, selbstgemachte Konfitüren und Strickwaren direkt vom Erzeuger verkauft werden. In den Fajãs und den kleineren Ortschaften gibt es meist nur ein oder zwei winzige Läden, die von Brot über Milch bis zu Bier und Gasflaschen alles führen – oft gleichzeitig Café, Poststelle und Treffpunkt.

Der Queijo São Jorge ist das wichtigste Handelsgut: er wird in jedem Geschäft, auf jedem Markt und sogar direkt an der Haustür verkauft. Seit den 2010er Jahren boomen kleine Manufakturen und Hofläden: Honig aus der Fajã dos Vimes, Liköre aus Caldeira de Santo Cristo, Craft-Bier aus Toledo, Kaffee aus Fajã de São João. Viele verkaufen inzwischen auch online und versenden per Flugzeug nach Lissabon oder in die USA. Touristenläden mit Wolldecken, Keramik und Postkarten gibt es vor allem in Velas und rund um die Fajã da Caldeira de Santo Cristo. Größere Einkäufe (Möbel, Autos, Elektrogeräte) müssen meist auf São Miguel oder dem Festland bestellt und per Frachter kommen.

Finanzwesen

Das Bankwesen ist überschaubar und persönlich. Auf der ganzen Insel gibt es genau vier Bankfilialen und sieben Geldautomaten (Multibanco):

  • Velas: Caixa Geral de Depósitos, Banco Santander Totta, Novo Banco und eine Filiale der Caixa Agrícola (Credicoop)
  • Calheta: nur eine kleine Filiale der Caixa Geral de Depósitos


Alle anderen Dörfer und Fajãs haben keinen einzigen Automaten – wer Bargeld braucht, fährt nach Velas oder Calheta. Die Filialen sind klein, die Angestellten kennen fast jeden Kunden mit Namen und trinken nach Feierabend oft noch ein Bier mit ihm. Größere Kredite, Anlagen oder komplizierte Finanzprodukte werden per Telefon oder Video mit Ponta Delgada oder Lissabon geregelt.

Seit 2018 kann man fast überall mit Karte oder MB-Way bezahlen – selbst in der kleinsten Fajã-Laden. Bargeld braucht man eigentlich nur noch für den Wochenmarkt, das Opferstöckchen in der Kirche und das Bier beim Império-Fest. Viele Familien haben noch Konten in den USA oder Brasilien, weil Onkel, Tanten oder Kinder dort leben. Die „Americanos“-Rückkehrer haben in den 1960er- und 70er-Jahren oft ganze Häuser bar bezahlt – das prägt das Bild vom „Geld aus Amerika“ bis heute.

Soziales und Gesundheit

São Jorge ist eine der sozial am dichtesten verwobenen und solidarischsten Gemeinschaften der Azoren. Hier kennt fast jeder jeden, und das soziale Netz funktioniert noch weitgehend ohne Staat: Nachbarschaftshilfe, Familienclans und die Impérios do Espírito Santo sind die eigentlichen Sozialsysteme der Insel. Das Leben dreht sich um drei Pfeiler:

  • Die Familie – oft drei Generationen unter einem Dach oder zumindest im selben Dorf.
  • Die Impérios – jede Ortschaft und fast jede Fajã hat ihre eigene kleine Kapelle des Heiligen Geistes. An Wochenenden von April bis September werden dort die traditionellen Feste gefeiert: kostenloses Essen und Trinken für alle, auch für Fremde. Wer Hilfe braucht (Krankheit, Hausbrand, Arbeitslosigkeit), bekommt sie hier zuerst.
  • Die Filarmónicas – fast jedes Dorf hat seine eigene Blaskapelle. Proben und Auftritte sind sozialer Kleber und Identitätsstifter.


Die Armutsquote ist niedriger als auf São Miguel oder Terceira, weil fast jeder ein Stück Land, ein paar Kühe oder jemanden in Amerika hat. Seit den 2000er-Jahren kehren viele junge Familien zurück – oft mit Fernarbeit oder kleinen Tourismus-Projekten – und beleben die Dörfer wieder.

Gesundheitswesen

Das Hospital de Santo Espírito in Velas ist das einzige Krankenhaus der Insel (ca. 30 Betten). Es hat eine Notaufnahme, Geburtshilfe, kleine Chirurgie und Innere Medizin. Schwere Fälle (Herzinfarkt, Schlaganfall, große Operationen) werden per Hubschrauber oder Flugzeug nach Ponta Delgada oder aufs Festland geflogen – das dauert 30–60 Minuten. In Calheta und Urzelina gibt es Gesundheitszentren (Centros de Saúde) mit Allgemeinmedizinern und Zahnarzt. Jede Fajã hat zumindest eine kleine Ambulanz mit Krankenschwester.

Seit 2020 gibt es ein Telemedizin-Projekt, bei dem man per Video mit Spezialisten in Lissabon oder Ponta Delgada sprechen kann. Die Ärzte und Pfleger kennen ihre Patienten meist seit der Geburt – das macht die Versorgung sehr persönlich.

Krankheiten

Die häufigsten Gesundheitsprobleme auf São Jorge sind typisch für eine alternde, ländliche Inselbevölkerung:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonie, Herzinfarkt) – seit Jahrzehnten Todesursache Nr. 1, vor allem durch viel Fleisch, Käse, Butter und wenig Bewegung im Alter.
  • Diabetes Typ 2 – stark steigend, weil traditionell viel Süßes (vor allem bei den Império-Festen) gegessen wird und Yamswurzel (inhame) sehr stärkehaltig ist.
  • Rheuma und Gelenkprobleme – durch die hohe Luftfeuchtigkeit (oft 90–100 %) und harte körperliche Arbeit in jungen Jahren.
  • Atemwegserkrankungen – viele ältere Männer haben COPD vom jahrzehntelangen Rauchen selbstgedrehter Zigaretten.
  • Psychische Erkrankungen – Depressionen und Angststörungen waren lange tabu, werden aber seit ca. 2015 offen angesprochen. Die Isolation im Winter und die Auswanderung der Kinder treffen viele ältere Menschen hart.
  • Krebs – Lungen- und Dickdarmkrebs häufiger als anderswo, Brust- und Prostatakrebs im portugiesischen Durchschnitt.

Bildung

Das Bildungssystem auf der Insel São Jorge folgt dem allgemeinen Modell der Autonomen Region der Azoren und Portugals, ist jedoch durch die geringe Bevölkerungszahl und die geografische Lage der Insel besonders strukturiert. Die schulische Ausbildung konzentriert sich vor allem in zwei Schulzentren, die jeweils die Grund- und Sekundarstufe abdecken. Kinder besuchen zunächst die lokale Grundschule in ihrer Freguesia, bevor sie in eines der beiden größeren Schulcluster wechseln – eines in Velas und eines in Calheta. Diese Einrichtungen bieten Unterricht bis zum Abschluss der Sekundarstufe II an und verfügen über moderne Unterrichtsräume, Sportanlagen sowie Fachräume für Wissenschaft, Sprachen und Technologie. Für spezielle Berufsausbildungen oder Hochschulstudien verlassen viele junge Menschen nach dem Schulabschluss die Insel und gehen nach São Miguel, Terceira oder auf das portugiesische Festland.

Auch im Bereich des lebenslangen Lernens gibt es auf São Jorge Angebote, etwa Kurse in Fremdsprachen, Informatik oder traditionellen Handwerken, die meist von kommunalen Einrichtungen oder regionalen Programmen organisiert werden. Bildungsinitiativen sind häufig eng mit der lokalen Kultur, Landwirtschaft oder dem Umwelt- und Naturschutz verbunden, da diese Bereiche auf der Insel eine große Rolle spielen.

Höhere Bildung

Auf São Jorge selbst gibt es keine Einrichtungen für höhere Bildung wie Universitäten oder Fachhochschulen. Studierende, die eine akademische Ausbildung anstreben, müssen daher auf andere Inseln der Azoren ausweichen, vor allem nach Ponta Delgada auf São Miguel oder Angra do Heroísmo auf Terceira, wo sich die Standorte der Universidade dos Açores (Universität der Azoren) befinden. Dort werden Bachelor‑, Master‑ und teilweise auch Doktoratsstudiengänge in Bereichen wie Naturwissenschaften, Ingenieurwesen, Landwirtschaft, Umweltwissenschaften, Geowissenschaften, Sozialwissenschaften oder Wirtschaft angeboten.

Für berufliche Ausbildungen oder Fachkurse können Schülerinnen und Schüler nach Abschluss der Sekundarstufe ebenfalls auf São Miguel, Terceira oder das portugiesische Festland wechseln, da die Insel selbst nur grundlegende berufsbildende Programme in Schulen anbietet. Teilweise werden auch Online‑Kurse oder Fernstudienprogramme genutzt, um höhere Bildung auf der Insel zu ermöglichen.

Bibliotheken und Archive

Die Insel verfügt über einige öffentliche Bibliotheken, die in der Regel von den beiden Gemeinden Velas und Calheta betrieben werden. Diese bieten nicht nur Bücher und Medien an, sondern dienen auch als kulturelle Begegnungsorte mit Lesungen, Ausstellungen oder Programmen für Kinder. Kleinere Lesestellen oder Mediatheken existieren darüber hinaus in Schulen und lokalen Kulturzentren der Freguesias.

Ein großes wissenschaftliches Archiv gibt es auf São Jorge nicht. Historische Dokumente werden überwiegend in lokalen Gemeindearchiven, Pfarrarchiven oder in den zentralen Archiven der Region auf anderen Inseln verwahrt. Dennoch leisten die kleinen kommunalen Sammlungen einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Inselgeschichte und des kulturellen Erbes.

Insgesamt ist das Bildungswesen auf São Jorge gu

Kultur

Zu den Besonderheiten der Insel gehören unter anderem die sogenannten Fajãs (abgelegene Siedlungen mit nur wenigen Einwohnern) auf fruchtbarem Küsten-Schwemmland über Geröllflächen unterhalb der Steilwände direkt am Meer.

Museen

Das wichtigste und schönste Museum ist das Museu de São Jorge in Velas. Es liegt direkt am Hafen in einem restaurierten Kaufmannshaus aus dem 18. Jahrhundert und erzählt in drei Stockwerken die ganze Geschichte der Insel: von den ersten Siedlern und dem Waid-Handel über den großen Käse-Boom bis zu Auswandererschiffen und Império-Kronen. Besonders berührend ist die Abteilung über die Auswanderung – alte Koffer, Briefe aus New Bedford und Fotos von jungen Männern, die nie zurückkamen. Im Erdgeschoss dreht sich alles um den Queijo São Jorge: historische Formen, alte Kupferkessel und ein kleiner Reiferaum, in dem es immer nach Käse riecht.

In Calheta steht das Museu Francisco Lacerda, ein kleines, aber feines Volkskundemuseum im ehemaligen Wohnhaus des gleichnamigen Künstlers und Sammlers. Hier findet man alles, was früher in einem jorgensischen Haushalt war: handgewebte Decken, alte Fischerboote im Miniaturformat, Heiligenfiguren, landwirtschaftliche Geräte und eine wunderschöne Sammlung azorischer Keramik. Der Garten allein ist einen Besuch wert.

Die Casa do Parque in den Fajãs dos Cubres und Caldeira de Santo Cristo ist kein klassisches Museum, sondern das Besucherzentrum des Naturparks. Man bekommt dort die beste Einführung in die Geologie der Fajãs, die endemische Flora und die Geschichte der alten Walfänger. Im Sommer gibt es Führungen und eine kleine Ausstellung über die Surfer-Welle von Santo Cristo.

Eher klein gehalten sind die Queijaria-Museen: sowohl die alte Kooperative Queijaria Fernandes in Santo Amaro als auch die moderne Uniqueijo-Fabrik in Beira bieten Führungen, bei denen man zuschauen kann, wie der Käse noch halb von Hand gemacht wird. In der alten Queijaria hängen noch die Originalformen aus den 1920er Jahren an der Wand.

Dazu kommen kleine private Sammlungen: das Museu do Mar in Urzelina (eigentlich ein Raum voller alter Angelhaken, Harpunen und Walfang-Fotos) und das private Museu da Fajã dos Vimes im Haus eines Kaffeepflanzers, wo man die ersten Kaffeemaschinen der Azoren und die Geschichte des einzigen kommerziellen Kaffeeanbaus der Insel sieht.

Architektur

Die Architektur von São Jorge ist schwarz, weiß und grün – und vor allem steil. Fast alles ist aus schwarzem Basalt gebaut, weil der überall aus dem Boden kommt. Die typischen Häuser sind kleine, ein- oder zweistöckige Würfel mit dicken Lavasteinmauern, weißen Fensterrahmen und roten oder schwarzen Dächern. Bis in die 1950er Jahre waren die Dächer meist mit getrocknetem Schilf oder Stroh gedeckt; heute sind es Ziegel. Viele ältere Häuser haben noch die klassischen „portas de meia“ – zweigeteilte Türen, bei denen die obere Hälfte offen bleibt, damit Licht und Luft hereinkommen, während die Kühe draußen bleiben.

Die prachtvollsten Gebäude sind die Impérios do Espírito Santo: kleine, bunt bemalte Kapellen, die wie Schmuckkästchen in jedem Dorf und jeder Fajã stehen. Manche sind rot-gelb-grün, andere blau-weiß, immer mit einer goldenen Krone auf dem Dach und einem Fahnenmast davor. Sie sind das eigentliche Wahrzeichen der Insel – es gibt über 70 davon.

Die Kirchen sind im Wesentlichen schlicht gehalten: manuelinische Portale in Velas und Topo, barocke Innenräume in Manadas (Igreja de Santa Bárbara mit ihrem atemberaubenden vergoldeten Holzaltar) und schwarz-weiße Lavasteinfassaden überall. Viele wurden nach Erdbeben wieder aufgebaut und tragen noch die Narben.

In den 1960er und 1970er Jahren kamen die „Americanos“ zurück und bauten die bunten Betonhäuser mit Flachdächern und Aluminiumfenstern – heute liebt oder hasst man sie. Seit 2000 entstehen wieder mehr neue Häuser im traditionellen Stil, oft mit Holzverkleidung und großen Fenstern zum Meer. Die Fajãs haben ihre eigenen winzigen Steinhäuser, oft nur ein Raum mit Dach, direkt am Wasser – viele werden heute als Ferienhäuser restauriert.

Bildende Kunst

Bildende Kunst war auf São Jorge lange Zeit fast ausschließlich religiös und handwerklich. Die großen barocken Altäre in Manadas und Velas sind die Meisterwerke: vergoldetes Schnitzwerk aus Brasilholz, importiert aus Rio de Janeiro im 18. Jahrhundert, voller Engel, Blumen und dramatisch verdrehter Figuren. Dazu kommen die Heiligenfiguren in den Impérios und die handbemalten Kronen des Heiligen Geistes – jedes Dorf hat seine eigene, oft über 200 Jahre alt und jedes Jahr neu geschmückt.

Erst im 20. Jahrhundert tauchten einzelne Künstler auf. Der bekannteste ist Francisco Lacerda (1869–1953) aus Calheta: Komponist, Maler und Sammler. Seine Aquarelle von Fajãs und Fischerbooten hängen heute im Museu Francisco Lacerda und zeigen eine Insel, die schon damals wie ein Traum aussah.

Seit den 1990er Jahren gibt es eine kleine, aber lebendige Szene junger Künstler. Luís Bettencourt malt riesige, farbintensive Bilder von Kühen und Fajãs. Nuno Sá ist einer der besten Unterwasserfotografen Portugals und zeigt Mantarochen vor der Küste von São Jorge. Und in der Fajã dos Vimes arbeitet ein Keramiker, der schwarze Lava in Schalen und Vasen verwandelt.

Jedes Jahr im Sommer gibt es die Arte em Movimento, eine Open-Air-Ausstellung entlang der Estrada Longitudinal: Skulpturen aus Treibholz, Stein und Altmetall stehen plötzlich am Straßenrand. Viele Künstler arbeiten heute mit dem Käse selbst – es gibt Käse-Etiketten, die kleine Kunstwerke sind, und in Velas eine Galerie, die nur lokale Maler zeigt.

Literatur

Die Insel brachte nur wenige Schriftsteller hervor. Der bekannteste ist Vitorino Nemésio (1901 bis 1978). Zwar wurde er auf Praia da Vitória (Terceira) geboren, aber seine Mutter stammte aus Calheta, und er verbrachte als Kind lange Sommer auf São Jorge. Sein Roman Mau Tempo no Canal (1944) spielt größtenteils auf den Azoren und enthält viele Szenen auf der langen, schmalen Insel – die Fajãs, der Nebel, die Auswanderung, der Käse – alles ist da. Nemésio nannte São Jorge einmal „a ilha mais poética dos Açores“, und das spürt man in jedem Satz.

Von der Insel selbst stammen João de Melo (Gente Feliz com Lágrimas, 1988), der zwar auf São Miguel lebt, aber seine Kindheit in Urzelina verbracht hat, und der Dichter António Dacosta (1914 bis 1990), der als Maler berühmter wurde, aber auch Gedichte schrieb, die wie schwarze Lava klingen. Seit den 2000er Jahren gibt es eine kleine Welle junger Autoren: Luís Brum aus Velas veröffentlicht Gedichte über die Fajã dos Cubres, Sandra Fagundes schreibt Kurzgeschichten über die letzten alten Frauen in den verlassenen Fajãs, und Ricardo Ávila hat 2022 einen Roman über die Corona-Zeit in Santo Cristo herausgebracht.

Die Literatur von São Jorge ist meist still, hart und voller Meer. Es gibt keine großen Verlage, aber jedes Jahr erscheinen ein oder zwei schmale Bände – gedruckt in Ponta Delgada oder Lissabon, gelesen bei den Império-Festen und im Café Sport in Velas.

Theater

Die große Inselbühne sind die Festas do Espírito Santo. Von Mai bis September wird in jedem Império Theater gespielt: die Krönung des Heiligen Geistes, die Prozessionen mit den riesigen Kronen, die „coroações“ – alles ist halb Liturgie, halb Volkstheater. Die Texte sind uralt, die Kostüme selbstgenäht, die Darsteller oft dieselben Familien seit Generationen.

Daneben gibt es seit über 100 Jahren Filarmónicas, die Blaskapellen, die nicht nur musizieren, sondern auch Theatergruppen haben. Fast jedes Dorf (Velas, Calheta, Manadas, Ribeira Seca, Topo) hat seine eigene Theatertruppe, die einmal im Jahr eine Komödie oder ein religiöses Stück aufführt – meist im Saal der Philharmonie oder im Freien auf dem Kirchplatz. Beliebt sind Stücke über die Auswanderung, über den heiligen Georg und den Drachen oder über betrunkene Fischer.

Seit 2005 gibt es das Festival de Teatro dos Açores mit Gastspielen aus anderen Inseln, und in Velas wurde 2018 das kleine Auditório Municipal eröffnet – 200 Plätze, aber endlich ein richtiger Saal mit Bühne und Licht. Trotzdem bleibt das beste Theater auf São Jorge immer das, das draußen passiert – unter freiem Himmel, mit Nebel, Wind und dem ganzen Dorf als Publikum.

Film

Die Insel war bisher selten Drehort. Die bekannteste Produktion ist der Dokumentarfilm „Fajã dos Cubres – A Ilha Comprida“ (2011) von Ricardo Clara – ein poetisches Porträt einer fast verlassenen Fajã. 2017 drehte der französisch-portugiesische Regisseur Gonçalo Waddington Teile seines Films Patrick auf São Jorge – die dramatischen Klippen und der Nebel passten perfekt zur düsteren Geschichte.

Seit 2019 gibt es das kleine Festival de Cinema Insular in Velas: drei Tage im Sommer, Open-Air am Hafen, mit Kurzfilmen aus allen Azoreninseln und manchmal einem Gast aus Lissabon oder Brasilien. Die jungen Jorgenser Diogo Goes und Mafalda Figueiredo drehen inzwischen eigene Kurzfilme mit dem Handy – meist über Surfer in Santo Cristo oder alte Männer, die Käse machen.

Die Insel ist so fotogen, dass fast jeder zweite Tourist einen Film mit nach Hause nimmt – Drohnenaufnahmen von Fajãs, Timelapses von Nebel, der über die Serra zieht. São Jorge wartet noch auf seinen großen Spielfilm, aber wenn er kommt, wird er atemberaubend sein – denn schöner als diese lange, grüne, steile Insel kann kaum eine Kulisse sein.

Musik und Tanz

Fast jedes Dorf hat seine eigene Banda Filarmónica (Blasmusikkapelle): Velas (seit 1848), Calheta (1862), Manadas, Urzelina, Ribeira Seca, Topo, Santo Antão – insgesamt acht auf einer Insel mit 8.300 Einwohnern. Die Musiker sind Amateure, vom zehnjährigen Klarinettisten bis zum 80-jährigen Tubisten, und proben dreimal die Woche in den kleinen Sälen neben der Kirche. Sie spielen Märsche, Walzer, Pop-Adaptionen und vor allem die traditionellen chamarritas und sapateias. Jede Philharmonie hat ihre eigene Uniform – rot-gold in Velas, blau-weiß in Calheta – und marschiert bei jedem Fest vorneweg. Ohne sie gibt es kein Império, keine Hochzeit, kein Begräbnis.

Von Mai bis September ist die Insel ein einziges Konzert. In den bunten Impérios wird gesungen, getanzt und gegessen. Die Lieder sind uralt: “Ó Espírito Santo, desce sobre nós”, “Viva o Divino”, “São Jorginho, nosso protector” – einfache Melodien, die jeder mitsingen kann. Dazu kommen die romeiros – Pilgergruppen, die zu Fuß von Império zu Império ziehen und unterwegs religiöse Lieder in Moll singen.

Der traditionelle Tanz ist die chamarrita: ein schneller, hüpfender Paartanz im 6/8-Takt, bei dem die Männer die Frauen im Kreis führen und mit den Absätzen klacken. Die sapateia ist wilder – ein Solotanz, bei dem ein Mann (manchmal eine Frau) mit den Füßen rhythmisch auf den Boden stampft, während die Philharmonie immer schneller spielt. Beide Tänze sieht man bei jedem Fest – auf dem Kirchplatz, im Império, sogar im Café, wenn genug Bier geflossen ist.

Seit den 2000er Jahnen gibt es auch Pop, Rock und Fado. Die Band Korriskado aus Toledo spielt azorischen Folk-Rock, DJ Zé da Urzelina legt bei Hochzeiten auf, und in Velas gibt es eine kleine Rap-Szene von Jugendlichen, die über Fajãs und Auswanderung texten. Im Sommer kommen Gastmusiker aus Lissabon oder Brasilien – dann tanzt man bis Mitternacht am Hafen.

Das Symbolinstrument der Azoren ist die Viola da Terra, eine zwölfsaitige Gitarre mit herzförmigem Schallloch. Auf São Jorge spielt man sie besonders in den Fajãs – leise, melancholisch, oft nur ein Mann mit seiner Viola und dem Meer als Publikum. Der bekannteste Spieler war Manuel João de Sousa aus Fajã dos Vimes († 2018), dessen Enkel heute weitermachen.

Kleidung

Die traditionelle Kleidung und Tracht auf der Insel São Jorge spiegelt die ländliche, maritime und religiös geprägte Kultur der Azoren wider. Schon in früheren Zeiten war die Alltagskleidung funktional und robust, den wechselhaften Witterungsbedingungen der Insel angepasst. Männer trugen einfache Leinen- oder Wollhemden, Westen, weite Hosen und robuste Schuhe, ergänzt durch Hüte aus Stroh oder Filz zum Schutz vor Sonne und Regen. Frauen kleideten sich in lange Röcke, Blusen und Schürzen aus Baumwolle oder Leinen, oft mit Kopftüchern oder Schultertüchern, während Kinder ähnliche, jedoch einfachere Kleidung trugen.

Für religiöse Feste, Prozessionen oder besondere Anlässe entwickelte sich auf São Jorge eine farblich reichere Festtracht. Frauen trugen mehrlagige Röcke, bestickte Blusen oder Westen und dekorative Kopfbedeckungen, während Männer dunkle Hosen, weiße Hemden, Westen und Jacketts wählten, oft ergänzt durch Hüte mit Bändern. Schmuck war meist schlicht, aus Silber oder Perlen. Jede Freguesia der Insel weist leichte Unterschiede in Farben, Stickmustern oder Kopfbedeckungen auf, was die lokale Identität betont. Besonderheiten wie maritime Motive in Stickereien spiegeln den Einfluss des Fischfangs auf die Kultur der Insel wider.

Heute wird die traditionelle Tracht kaum noch im Alltag getragen, sondern vor allem bei kulturellen Veranstaltungen, Volksfesten und religiösen Feierlichkeiten wie den Festas do Espírito Santo oder bei Trachtentänzen gepflegt. Sie dient zudem der touristischen Präsentation und der musealen Darstellung und ist ein wichtiger Bestandteil des immateriellen Kulturerbes von São Jorge.

Kulinarik und Gastronomie

São Jorge wird oft als "Insel des Käses" bezeichnet – ein Titel, den sie mit vollem Recht trägt. Der Queijo São Jorge, ein herzhaft-würziger Käse aus roher Kuhmilch, ist das unangefochtene Herzstück der lokalen Küche. Hergestellt aus der Milch der frei weidenden Kühe auf den üppigen Hochebenen, reift er monatelang in feuchten Höhlen oder Speicherhallen und entwickelt einen einzigartigen, intensiven Geschmack, der international preisgekrönt ist. Jede Mahlzeit beginnt oder endet hier typischerweise mit einer Scheibe dieses Käses, der pur, auf Brot oder in Gerichten wie Suppen verarbeitet wird. Die Produktion erfolgt oft in kleinen, familiengeführten Betrieben, und Besucher können in Kooperativen wie der União de Cooperativas Agrícolas e Laticínios de São Jorge in Beira die Herstellung hautnah miterleben – ein perfektes Beispiel für die nachhaltige, handwerkliche Tradition der Azoren.

Doch São Jorge bietet weit mehr als nur Käse. Die einzigartigen Fajãs, jene fruchtbaren Küstenebenen aus Lava und Erdrutschen, die wie natürliche Terrassen in die steilen Klippen eingebettet sind, prägen nicht nur die Landschaft, sondern auch die Speisekarte. In Fajãs wie der Fajã da Caldeira do Santo Cristo oder der Fajã do Ouvidor gedeihen Muscheln und Herzmuscheln (amêijoas) in unberührter Klarheit des Atlantiks – so frisch, dass sie oft direkt aus dem Meer in den Topf wandern. Diese Delikatessen werden in einfachen, rustikalen Gerichten zubereitet: Gedünstet in Weißwein mit Knoblauch und Koriander, serviert mit frischem Brot, das den Saft aufsaugt. Fischliebhaber kommen ebenfalls auf ihre Kosten; frischer Kabeljau (bacalhau), Thunfisch oder Tintenfisch aus den umliegenden Gewässern dominieren die Tische, oft gegrillt oder in Eintöpfen mit lokalen Kartoffeln und Gemüse aus den Fajãs. Die Küche ist geprägt von Frische und Einfachheit: Beilagen wie Maisbrot (broa), Yamswurzeln oder der typische azoreanische Reis unterstreichen die rustikalen Aromen, während Rindfleisch von den Inselkühen – zart und grasgefüttert – in Schmorgerichten wie dem cozido à portuguesa eine herzhafte Note hinzufügt.

Die Gastronomie auf São Jorge ist bewusst unprätentiös und eng mit dem Alltag verknüpft. In der Hauptstadt Velas oder in Orten wie Calheta und Urzelina laden kleine Restaurants und Tasquinhas zu Mahlzeiten ein, die auf dem "Prato do Dia" – dem Gericht des Tages – basieren: Reichhaltig, preiswert und immer saisonal. Hier mischt sich der Duft von gegrilltem Fisch mit dem salzigen Wind vom Meer, und die Portionen sind großzügig genug, um Wanderer nach einem Tag auf den Pfaden der zentralen Bergkette zu stärken. Vegetarier finden es herausfordernd, da Fleisch und Fisch im Vordergrund stehen, doch Käseplatten, frische Salate aus den Fajãs oder Ananas als Dessert bieten Alternativen. Eine besondere Rarität ist der Kaffeeanbau in der Nähe von Rosais: Auf São Jorge, der einzigen Azoreninsel mit dieser Kultur, erntet die Familie Nunes in ihrer kleinen Plantage arabica-Bohnen, die zu einem milden, aromareichen Kaffee verarbeitet werden – ein Kontrast zu den herben Weinen der Nachbarinseln wie Pico.

Getränke rundeten das Erlebnis ab: Lokales Bier wie Sagres oder Super Bock erfrischt nach dem Essen, während der portugiesische Wein oder ein Tresterschnaps (aguardente) die Mahlzeit ausklingen lässt. Süßspeisen sind dezent, oft ein Queijada – ein süßes Käsetörtchen – oder frische Früchte aus den vulkanischen Böden. Insgesamt verkörpert die Kulinarik von São Jorge die Essenz der Azoren: Authentisch, bodenständig und von der Kraft der Natur geprägt. Wer hier isst, schmeckt nicht nur die Zutaten, sondern die Geschichte einer Insel, die von Siedlern aus dem 15. Jahrhundert geformt wurde – ein kulinarisches Abenteuer, das die Seele so sehr nährt wie den Körper.

Festkultur

Auf São Jorge gelten folgende Feiertage:

  • 1. Januar -  Ano-Novo (Neujahr)
  • 24. Februar -  Entrudo (Faschingsdienstag)
  • Ende März / Anfang April  -  Sexta-feira Santa (Karfreitag)
  • Ende März / Anfang April  -  Páschoa (Ostern)
  • 10. April -  Dia da Autonomia (Tag der Autonomie von 1976)
  • 25. April -  Dia da Liberdade (Tag der Freiheit bei der Nelkenrevolution 1974)
  • 1. Mai -  Dia do Trabalhador (Tag der Arbeit)
  • Ende Mai / Anfang Juni  -  Espirito-Santo (Pfingsten)
  • Anfang Juni -  Corpo Deus (Fronleichnam)
  • 10. Juni -  Camões (Tag des Nationaldichters Camoes)
  • 15. August -  Assunção (Mariä Himmelfahrt)
  • 5. Oktober -  Implantaçäo da Republica (Gründung der Republik 1910)
  • 1. November -  Todos os Santos (Allerheiligen)
  • 1. Dezember -  Restauração (Tag der Unabhängigkeit von Spanien)
  • 8. Dezember -  Imaculada Conceição (Maria Empfängnis)
  • 25. Dezember -  Dia de Natal (Weihnachten)


Volksfeste und traditionelle Feierlichkeiten spielen eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben und spiegeln die religiöse, kulturelle und landwirtschaftliche Prägung der Insel wider. Besonders bedeutend sind die Festas do Espírito Santo (Feste des Heiligen Geistes), die auf São Jorge wie auf den übrigen Azoren alljährlich stattfinden. Sie verbinden religiöse Zeremonien mit gemeinschaftlichen Mahlzeiten, Prozessionen, Musik und Tanz und betonen das soziale Miteinander innerhalb der Dörfer und Gemeinden.

Neben den Festas do Espírito Santo gibt es auf São Jorge zahlreiche lokale Kirch- und Dorffeste, die meist zu Ehren von Heiligen gefeiert werden. Dazu gehören Prozessionen, Messen und Feierlichkeiten rund um die Pfarrkirchen jeder Freguesia, oft begleitet von traditionellen Trachten, Musik, Tanz und regionalen Spezialitäten. Solche Feste sind Gelegenheiten, die lokale Folklore, Trachten und kulinarischen Traditionen zu pflegen und für Besucher erlebbar zu machen.

Auch landwirtschaftliche und maritime Feste prägen das kulturelle Leben der Insel. Ernten, Fischfang oder lokale Produkte wie Käse werden bei Festen mit Märkten, Vorführungen und Wettbewerben gefeiert. Ergänzend finden in den Gemeinden gelegentlich Musik- und Tanzveranstaltungen, Ausstellungen und kulturelle Wochen statt, die die Identität der Insel stärken und die Gemeinschaft zusammenbringen.

Medien

Auf der Insel São Jorge ist die Medienlandschaft relativ überschaubar. Traditionell dominieren lokale Printmedien, Radio und zunehmend digitale Medien, während Fernsehen und größere Zeitungen überwiegend von überregionalen azorischen oder portugiesischen Anbietern kommen. São Jorge selbst verfügt über einige lokale Zeitungen oder Gemeinde-Newsletter, die Nachrichten aus der Insel, lokalen Politik, Kultur und Veranstaltungen berichten. Diese Printmedien erscheinen oft in kleiner Auflage und haben eine starke Verbindung zu den Gemeinden Velas und Calheta, teilweise auch zu einzelnen Freguesias.

Lokale Radiosender spielen eine wichtige Rolle für Information und Kommunikation. Sie senden Nachrichten, Musik, kulturelle Programme und Durchsagen für die Inselbevölkerung. Diese Radiosender decken oft die gesamte Insel ab, da der Zugang zu Internet oder Printmedien in abgelegeneren Freguesias eingeschränkt sein kann.

Fernsehen wird in São Jorge überwiegend über Satellit, Kabel oder Streamingdienste empfangen. Die Programme stammen meist von regionale Azoren-Sendern oder vom portugiesischen Festland. Lokale Inhalte werden gelegentlich über Community-Beiträge oder kurze lokale Nachrichtensendungen bereitgestellt, eigene TV-Stationen auf São Jorge gibt es jedoch nicht.

Mit der zunehmenden Internetverbreitung gewinnen digitale Medien und soziale Netzwerke an Bedeutung. Lokale Nachrichten, Gemeindeinformationen, Veranstaltungshinweise oder Tourismusinformationen werden zunehmend auf Webseiten, Facebook-Seiten oder Messenger-Diensten bereitgestellt. Viele offizielle Stellen der Gemeinden betreiben heute eigene digitale  

Kommunikation

São Jorge hat die Telefomnvorwahl 0(0351)295.

Sport

São Jorge gilt unter Azoren-Kennern als die sportlichste und wildeste Insel des Archipels – ein 54 Kilometer langes, schroffes grünes Band, das sich wie ein gestrandeter Walrücken aus dem Atlantik erhebt. Hier ist Sport kein Freizeitvergnügen, sondern Lebensgefühl: Die Insel fordert den Körper heraus und belohnt ihn mit unvergleichlichen Naturerlebnissen.

Das Wandern steht unangefochten an erster Stelle. Über 120 Kilometer offiziell markierte Wege (PR und GR) durchziehen die Insel, viele davon spektakulär entlang der zentralen Bergkette, die bis auf 1.053 Meter Höhe (Pico da Esperança) reicht. Der bekannteste und wohl schönste Trail der gesamten Azoren führt von der Serra do Topo steil hinab zur Fajã da Caldeira de Santo Cristo – ein zehn Kilometer langer, ausschließlich abwärts verlaufender Pfad durch Nebelwälder, vorbei an Wasserfällen und mit ständigem Blick auf den Ozean. Am Ziel erwartet den Wanderer eine türkisfarbene Lagune, in der man surfen kann, und eine Handvoll Häuser, in denen die besten Herzmuscheln (amêijoas) der Azoren direkt aus dem Wasser in die Pfanne wandern. Ebenso beeindruckend ist die Gratwanderung von Pico do Pedro über Pico da Esperança bis nach Norte Grande: Auf über 1.000 Metern Höhe hat man an klaren Tagen fünf Nachbarinseln gleichzeitig im Blick – ein Panorama, das regelmäßig für Gänsehaut sorgt.

Die Fajãs selbst sind ein eigener Sport-Kosmos. Diese flachen, fruchtbaren Ebenen an der Steilküste erreicht man entweder zu Fuß über steile Serpentinenwege oder – für die Mutigen – per Canyoning und Abseilen. Besonders die Fajã dos Vimes, Fajã de João Dias und Fajã do Ouvidor im Norden sind durch eine Kette kurzer, aber intensiver Pfade verbunden, die durch Bananenplantagen, Kaffee- und Weinanbau führen – São Jorge ist die einzige Azoreninsel mit eigenem Kaffeeanbau.

Wassersportler kommen voll auf ihre Kosten. Die Fajã da Caldeira de Santo Cristo ist der einzige Spot der Azoren, an dem man in einer Lagune body- und surfboarden kann – geschützt vor der offenen See, aber mit perfekter Welle. Tauchen und Schnorcheln gehören ebenfalls zum Standardprogramm: Vor der Ponta dos Rosais und bei den Baixas dos Rosais liegen einige der besten Tauchplätze der Azoren mit Mantarochen, Zackenbarschen und gelegentlichen Walbeobachtungen. Coasteering – eine Mischung aus Klettern, Schwimmen und Klippenspringen – wird vor allem an der Nordküste rund um die Fajã do Ouvidor angeboten und ist ein adrenalingeladenes Erlebnis.

Auch Mountainbiker finden auf São Jorge ihr Eldorado. Die alten Verbindungswege zwischen den Fajãs und die Forststraßen auf der Hochebene bieten sowohl flowige Downhills als auch technische Anstiege. Besonders beliebt ist die Strecke von Calheta über die Serra do Topo bis zur Fajã dos Vimes – 800 Höhenmeter Abfahrt auf Schotter und Singletrails.

Paragliding hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen. Startplätze auf der Serra do Topo und bei Norte Grande bieten bei Nordostwind Flüge mit bis zu 900 Metern Höhenunterschied und Landemöglichkeit direkt in den Fajãs – ein Gefühl von absoluter Freiheit über dem endlosen Atlantik.

Selbst Reiten ist möglich: Auf den Hochweiden grasen halbwild die robusten Garrano-Pferde, und mehrere Höfe bieten Ausritte entlang der Küstenklippen oder durch die Nebelwälder an.

Fußball

Auf São Jorge gibt es aktuell vier aktive Fußballklubs, die alle in der insularen Meisterschaft der Azoren (Campeonato de Futebol dos Açores) antreten:

  • Sport Clube Velas (Velas): Der größte und erfolgreichste Verein der Insel. Heimstadion ist das Estádio da Ribeira Grande in Velas (rund 800 Plätze). Der SC Velas spielt meist in der obersten azoreanischen Liga (Campeonato de São Miguel e São Jorge) und hat mehrmals den Inselmeistertitel geholt.
  • Lusitânia Sport Clube (Calheta): Der traditionsreiche Rivale aus dem Osten der Insel. Das kleine, aber stimmungsvolle Estádio João Paulo II direkt am Hafen von Calheta ist bei Derbys gegen Velas immer voll.
  • GD Fajã dos Vimes: Ein sehr kleiner, aber charmanter Dorfverein aus der gleichnamigen Fajã im Norden. Das Spielfeld liegt direkt zwischen Kaffeeplantagen und dem Meer – eines der schönsten Bolzplätze der Azoren.
  • Sporting Clube de São Jorge (Urzelina / Manadas): Der jüngste und kleinste der vier Klubs, der vor allem in der Jugendförderung aktiv ist.


Die Saison läuft von September bis Mai. Die Derbys Velas gegen Lusitânia sind absolute Höhepunkte – dann ist die ganze Insel auf den Beinen, und selbst die Fähre aus der Nachbarinsel Pico bringt zusätzliche Fans. Der SC Velas gewann 2016/17 und 2022/23 die azoreanische Inselmeisterschaft und durfte jeweils am Taça de Portugal teilnehmen – dort war allerdings jeweils in der ersten Runde gegen Festlandvereine Schluss.

Fast jedes Dorf hat ein Kunstrasen- oder Hartplatz-Minispielfeld. Besonders aktiv ist die Escola de Futebol da Ilha de São Jorge, die seit 2010 systematisch Kinder und Jugendliche ausbildet. Viele Talente wandern später auf die größeren Inseln (São Miguel, Terceira) oder sogar aufs portugiesische Festland ab – ein paar haben es bis in die Jugendakademien von Sporting Lissabon oder Benfica geschafft. Fußballspiele auf São Jorge sind pure Leidenschaft: Die Zuschauer stehen oft direkt am Spielfeldrand, grillen Sardinen oder Lapas, trinken Bier oder Poncha, und nach Abpfiff wird gemeinsam gegessen und gesungen.

Persönlichkeiten

Die wichtigsten von der Insel stammenden Persö.nlichkeiten sind:

  • António Dacosta (1914 bis 1990), Maler und Dichter
  • João de Melo (* 1949), Schriftsteller

Fremdenverkehr

Der Fremdenverkehr auf São Jorge konzentriert sich auf Naturerlebnisse wie Wandern zu den ikonischen Fajãs, den flachen Küstenebenen mit Lagunen, und bietet atemberaubende Ausblicke auf Pico und Faial. Die Insel zieht mit ihrer grünen, vulkanischen Landschaft und Aktivitäten wie Schwimmen in natürlichen Pools Touristen an, wobei Velas als Hauptstadt mit Hafen, Marktplatz und Kirche der zentrale Einstiegspunkt ist.

Erreichbar per Direktflug nach Velas oder Fähren von Faial und Pico, empfiehlt sich ein Mietwagen aufgrund spärlicher Busverbindungen für Flexibilität bei Ausflügen zu Fajã dos Cubres oder Ponta dos Rosais. Die beste Reisezeit ist Juni bis Oktober mit mildem Klima.

Das Unterkunftsangebot ist vielfältig, aber stark geprägt von der überschaubaren Größe und der ländlichen Struktur der Insel. Die meisten Übernachtungsmöglichkeiten konzentrieren sich auf die beiden Hauptgemeinden Velas und Calheta, während in den kleineren Ortschaften eher kleinere Pensionen, Ferienhäuser oder Bauernhöfe zur Verfügung stehen. Typisch sind traditionelle Gästehäuser und Pensionen, die oft in restaurierten Häusern mit lokalem Charme untergebracht sind und eine familiäre Atmosphäre bieten.

Neben diesen kleineren Unterkünften gibt es auf São Jorge auch Ferienwohnungen, Apartments und Landhotels, die sich besonders für längere Aufenthalte oder Familien eignen. Viele Unterkünfte legen Wert auf den Bezug zur Natur und bieten Zugang zu Wanderwegen, Küstenabschnitten und Aussichtspunkten, die die landschaftliche Schönheit der Insel betonen.

Für Reisende, die besonderen Komfort suchen, stehen einige boutiqueartige Hotels bereit, die modernen Standard mit traditionellen Elementen verbinden. Campingplätze oder Hostels gibt es nur vereinzelt, sodass Individualreisende häufig auf die klassischen Pensionen oder Ferienwohnungen zurückgreifen.

Literatur

Reiseberichte

Videos

  • São Jorge via drone =

Atlas

Reiseangebote

Randomtrip: São Jorge = https://randomtrip.net/sao-jorge-azores-travel-guide/

São Jorge: die Insel der Fajãs = https://www.visitportugal.com/de/destinos/acores/73820

Insel São Jorge = https://azoren.eu/inseln/sao-jorge/

Forum

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