Marmara (Marmara Adası)

Aus Insularium
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Marmor ist seit der Antike verbunden mit einer Insel im Marmarameer, die einst Prokonnesos hieß und heute den Namen des Meeres trägt, in dem sie liegt. Thrakisch in der archaischen Zeit, wurde sie griechisch in der Antike und türkisch in neuerer Zeit. Geblieben ist ihr die umfassend marmorne Fassade.

Inselsteckbrief
offizieller Name Marmara Adası
alternative Bezeichnungen Prokónnēsos (altgriechisch), Proconnesus (lateinisch), Prinkipo, Mármara, Marmaronēsos (byzantinisch), Mermer Adası (osmanisch), Marmara (modern)
Kategorie Meeresinsel
Inseltyp echte Insel
Inselart vulkanische Insel
Gewässer Marmarameer (Marmara Denizi)
Inselgruppe Marmara-Inseln (Marmara Adaları)
politische Zugehörigkeit Staat: Türkei (Türkiye Cumhuriyeti)
Provinz: Balikesir (Balıkesir İl)
Bezirk: Marmara (Marmara İlçesi)
Gliederung 14 mahalleler (Ortschaften), davon 11 auf der Insel Marmara
Status Inselbezirk (adalar ilçesi)
Koordinaten 40°37‘ N, 27°37‘ O
Entfernung zur nächsten Insel 160 m (Eșek Adası), 3,1 km (Hayırsız Adası)
Entfernung zum Festland 9 km (Rikoz Burru / Kapidağ)
Fläche 117,19 km² / 43,6 mi² (Bezirk 135,9 km² / 52,5 mi²)
geschütztes Gebiet 45 km² / 17,4 mi² (38,4 %)
maximale Länge 18,7 km (W-O)
maximale Breite 9,7 km (N-S)
Küstenlänge 72 km
tiefste Stelle 0 m (Marmara-Meer)
höchste Stelle 699 m (Büyükçayır Doruğudur)
relative Höhe 699 m
mittlere Höhe 180 m
maximaler Tidenhub 0,3 bis 0,6 m (Marmara 0,58 m)
Zeitzone DAZD / OAE (Doğu Avrupa Zaman Dilimi / Ôra tes Anatolikes Europes / Osteuropäische Zeit, UTC+2)
Realzeit UTC plus 1 Stunde 50 bis 51 Minuten
Einwohnerzahl 8.535, Bezirk 11.798 (2025)
Dichte (Einwohner pro km²) 72,84, Bezirk 86,81
Inselzentrum Marmara


Name

Die Insel Marmara, heute offiziell türkisch Marmara Adası, ist die größte Insel im Marmarameer und seit der Antike vor allem für ihren strahlend weißen Marmor berühmt. In der griechisch-römischen Zeit trug sie den Namen Προκόννησος [Prokónnēsos], lateinisch Proconnesus. Dieser Name wird fast einhellig von altgriechisch πρόξ [próx] „Reh, Damhirsch“ abgeleitet – vermutlich weil die Insel einst reich an Wild war oder ihre Umrisse an ein springendes Reh erinnerten. Unter diesem Namen war Prokonnesus eine blühende griechische Polis und der bedeutendste Lieferant des begehrten prokonnesischen Marmors, der in der Hagia Sophia, im Markusdom in Venedig und in unzähligen Bauten des römischen und byzantinischen Reiches verbaut wurde.

Im byzantinischen Mittelalter tauchte zeitweilig der Name Πρίγκιπο [Prinkipo], „Insel der Prinzen“ oder „der Adeligen“) auf, weil hier wie auf manchen anderen Inseln des Marmara-Meeres verbannte Mitglieder des Kaiserhauses und hoher Adel interniert wurden. Dieser Name wurde gelegentlich mit der bekannteren Prinzeninsel Büyükada verwechselt, bezeichnete aber tatsächlich auch Marmara.

Bereits in byzantinischer Zeit setzte sich jedoch ein neuer, volkstümlicher Name durch: Mármara bzw. Μαρμαρονῆσος [Marmaronēsos], „die Marmorne“. Er leitet sich direkt vom griechischen Wort für Marmor ab – μάρμαρον [mármaron], das wiederum auf μάρμαρος [mármaros], „glänzender, schimmernder Stein“ zurückgeht und wahrscheinlich mit dem Verb μαρμαίρω [marmaírō], „blitzen, funkeln, schimmern“ zusammenhängt. Der Name beschrieb also treffend das auffälligste Merkmal der Insel: ihre leuchtend weißen Marmorbrüche, die schon in der Antike das Ortsbild prägten und bis heute in Betrieb sind.

Nach der osmanischen Eroberung wurde der griechische Name leicht türkisiert: zuerst Mermer Adası, „Marmorinsel“, später offiziell und bis heute gültig Marmara Adası. Von der Insel wurde schließlich auch das gesamte Meer benannt – das Marmarameer, türkisch Marmara Denizi, griechisch Μαρμαρας Θάλασσα [Marmaras Thálassa]. Der antike Name Prokonnesus lebt unterdessen kirchlich weiter. Unter dem Namen Proconnesus ist es ein Titularsitz der römisch-katholischen Kirche (der Sitz ist seit dem Tod des letzten Inhabers im Jahr 1963 vakant) und des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel.

  • international:  Marmara
  • altgriechisch:  Προκόννησος [Prokónnēsos]
  • amharisch:  ማርማራ [Marmara]
  • arabisch:  مرمرة [Marmara]
  • armenisch:  Մարմարա [Marmara]
  • bengalisch:  মার্মারা [Mārmārā]
  • birmanisch:  မာမာရာ [Mā-mā-rā]
  • bulgarisch:  Мармара [Marmara]
  • chinesisch:  马尔马拉 [Mǎ’ěrmǎlā]
  • georgisch:  მარმარა [Marmara]
  • griechisch:  Μαρμαράς [Marmarás], Μαρμαρά [Marmará]
  • gudscheratisch: માર્મારા [Mārmārā]
  • hebräisch:  מרמרה [Marmara]
  • hindi:  मार्मारा [Mārmārā]
  • japanisch:  マルマラ [Marumara]
  • kambodschanisch: ម៉ាម៉ារ៉ា [Maamaaraa]
  • kanaresisch:  ಮಾರ್ಮರ [Mārmara]
  • kasachisch:  Мармара [Marmara]
  • koreanisch:  마르마라 [Mareumara]
  • laotisch:  ມາກມາຣາ [Māk mā rā]
  • lateiniscsh:  Proconnesus
  • makedonisch:  Мармара [Marmara]
  • malayalam:  മാർമ്മര [Mārmmara]
  • maldivisch:  މާރުމަރަ [Mārumara]
  • orissisch:  ମାର୍ମାରା [Mārmārā]
  • pandschabisch: ਮਾਰਮਾਰਾ [Mārmārā]
  • persisch (Farsi):  مرمره [Marmareh]
  • russisch:  Мармара [Marmara]
  • serbisch (kyrillisch):  Мармара [Marmara]
  • singhalesisch: මාර්මරා [Mārmarā]
  • syrisch:  ܡܳܪܡܰܪܳܐ [Mārmarā]
  • tamilisch:  மார்மரா [Mārmarā]
  • telugu:  మార్మరా [Mārmarā]
  • thai:  มาร์มารา [Mān-mā-rā]
  • tibetisch:  མར་མ་ར [Mar-ma-ra]
  • türkisch:  Marmara Adası
  • ukrainisch:  Мармара [Marmara]
  • urdu:  مرمرہ [Marmara]
  • weißrussisch:  Мармара [Marmara]


Offizieller Name:  Marmara Adası

  • Bezeichnung der Bewohner:  
  • adjektivisch:


Kürzel:

  • Code:  MM / MAR
  • Kfz:  10
  • ISO-Code:  TK.BK.MM

Lage

Die Marmara-Insel liegt im im Süden des Maramarameers zwischen dem europäischen und asiatischen Teil der Türkei auf durchschnittlich 40°37‘ n.B. und 27°37‘ ö.L.. Die Insel liegt 10 km vor der Küste der Halbinsel Kapidagi, nicht ganz 70 km östlich der Dardanellen.


Geografische Lage:

  • nördlichster Punkt:  40°39‘50“ n.B. (Saraylar)
  • südlichster Punkt:  40°34‘30“ n.B. (Aba)
  • östlichster Punkt:  27°45‘30“ ö.L. (Asmaliada)
  • westlichster Punkt:  27°31‘29“ w.L. (Çınarlı) bzw. 27°29‘03“ ö.L. (Hayırsız Adası)


Entfernungen:

  • Eșek Adası  150 m
  • Hayırsız Adası  3,1 km
  • Ekinlik Adası  5,4 km
  • Rikoz Burru / Kapidağ  9 km
  • Hoşköy 19,3 km
  • Istanbul  111 km
  • Bursa  134 km
  • Edirne  144 km
  • Izmir  241 km
  • Thessaloniki  390 km
  • Athen  440 km

Zeitzone

Auf Gökçada gilt die Doğu Avrupa Zaman Dilimi bzw. Eastern European Time (Osteuropäische Zeit), abgekürzt EET (OEZ), eine Stunde vor der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ, UTC+2), während des Sommers die um eine Stunde vorgestellte Doğu Avrupa Yaz Saati Uygulaması bzw. Eastern European Daylight Time (Osteuropäische Sommerzeit), kurz EEDT (OESZ). Die Realzeit liegt um 1 Stunde und 50 bis 51 Minuten vor der Koordinierten Weltzeit (UTC).

Fläche

Die Insel Marmara ist 117,19 km² bzw. 43,6 mi² groß. Von Westen nach Osten durchmisst sie 18,7 km, von Norden nach Süden maximal 9,7 km. Die Küste ist insgesamt 72 km lang, der maximale Tidenhub liegt bei 0,3 bis 0,6 m, bei der Ortschaft Marmara 0,58 m. Höchste Erhebung ist der Büyükçayır Doruğudur mit 699 m. Die mittlere Seehöhe liegt bei etwa 180 m. Der Distrikt Marmara hat eine Fläche von 135,9 km² bzw. 52,5 mi².

Geologie

Mit ihren 126 km² ist Marmara der größte zusammenhängende Marmorkörper der Erde, der noch an der Oberfläche liegt, und zugleich ein offenes Lehrbuch der Tektonik und Metamorphose. Vor etwa 500 Millionen Jahren, im Paläozoikum, lag hier ein flaches Karbonatmeer, in dem sich über Jahrmillionen dicke Schichten aus reinem Kalkstein ablagerten. Während der alpidischen Gebirgsbildung im Tertiär wurden diese Schichten tief in die Erdkruste versenkt, auf über 400°C erhitzt und unter enormem Druck rekristallisiert: Aus Kalkstein wurde der berühmte prokonnesische Marmor, ein fast reiner Kalzit-Kristall mit mittelgroßem Korn, der sich wie Butter schneiden und doch wie Diamant polieren lässt. Vor 25 bis 20 Millionen Jahren hoben tektonische Kräfte das gesamte Gesteinspaket als Teil des Kazdağ-Massivs wieder empor. Dann kam die Nordanatolische Verwerfung ins Spiel: Die gewaltige rechtsseitige Blattverschiebung, die heute noch Istanbul bedroht, zerschnitt das Massiv und ließ einzelne Blöcke absinken oder aufsteigen. Marmara ist einer dieser hochgehobenen Horste, ein gekippter Marmorblock, der zwischen zwei Absenkungsgräben wie ein weißes Schiff aus dem Meer ragt.

Der höchste Punkt, der Keşiş Dağı (709 m), besteht ausschließlich aus diesem Marmor. An den Hängen sieht man die Schichtung noch deutlich: fast horizontale Bänke von zwei bis zehn Metern Mächtigkeit, durchzogen von feinen grauen Adern, die wie Pinselstriche wirken. An vielen Stellen ist der Marmor so rein, dass er bei Sonnenschein blendet; an anderen treten bläulich-graue Bänder auf, die durch winzige Graphit- oder Pyriteinschlüsse entstanden. Im Norden und Osten der Insel findet sich eine dünne Decke jüngerer Sedimente – miozäne Kalke und Tone –, die wie ein grünes Tuch über den weißen Kern gebreitet liegen und die Kiefernwälder tragen.

Die berühmtesten Zeugen der geologischen Vergangenheit sind die antiken und byzantinischen Steinbrüche, vor allem bei Saraylar. Hier klaffen riesige, theaterförmige Gruben bis zu 70 Meter tief in den Fels, in denen man noch die Spuren römischer und byzantinischer Steinmetze sieht: halbfertige Säulen von 15 Metern Länge, die nie abtransportiert wurden, liegen wie gestrandete Walrosse im Weiß. Die Brüche folgen exakt den natürlichen Kluftsystemen des Marmors – ein Beweis, wie perfekt die alten Handwerker die Geologie verstanden. Unterirdisch durchziehen den Berg kilometerlange Galerien und Hallen, teilweise überflutet, teilweise noch zugänglich, in denen das Wasser kristallklar über den polierten Marmorboden rinnt.

An der Küste zeigt sich die jüngste geologische Aktivität. Das letzte schwere Erdbeben ereignete sich am 4. Januar 1935 und forderte 5 Menschenleben. Durch die ständigen Erdbeben der Nordanatolischen Verwerfung (zuletzt 1999) brachen immer wieder Felsmassen ab und bildeten die kleinen, steilen Buchten. In einigen Höhlen finden sich marine Ablagerungen mehrere Meter über dem heutigen Meeresspiegel – Zeichen früherer Hebungen. Gleichzeitig sinkt das Marmarameer langsam ab, sodass die Insel relativ gesehen weiter aufragt.

Landschaft

Die Insel Marmara im gleichnamigen Meer ist durch eine abwechslungsreiche und zugleich harmonische Landschaft geprägt. Das Innere der Insel besteht aus sanften Hügeln und höheren Bergzügen, deren bewaldete Flanken mit Pinien, Eichen und typisch mediterraner Macchie bewachsen sind. Zwischen ihnen öffnen sich fruchtbare Täler mit kleinen Dörfern, Olivenhainen und Weinbergen, die der Insel eine ruhige, ländliche Atmosphäre verleihen. Besonders charakteristisch ist der überall sichtbare weiße Marmor, für den Marmara seit der Antike berühmt ist. Alte und moderne Steinbrüche prägen vielerorts das Landschaftsbild und erzeugen starke Kontraste zwischen hellen Felsflächen und grüner Vegetation.

Die Küste der Insel ist sehr vielfältig: Auf weite sandige Strände folgen schroffe Felsabschnitte, stille Buchten und kleine Naturhäfen, in denen das Wasser oft klar und türkisfarben schimmert. Die rund 110 Kilometer lange Küstenlinie bietet stets neue Eindrücke und öffnet sich zu weiten Blicken über das Marmarameer. Insgesamt wirkt die Insel Marmara ruhig, naturnah und stellenweise fast unberührt – eine Landschaft, in der sich mediterrane Küstenbilder, traditionelle Kulturlandschaften und die markante Geologie des Marmors zu einem besonderen Gesamtbild verbinden.


Erhebungen

  • İlyas Dağ  699 m
  • Viranköy Tepesi  598 m
  • Orenköy Tepe  577 m
  • Karabanlar Tepesi  346 m

Flora und Fauna

Auf der Insel Marmara gibt es Rotkiefernwälder. Im eher trockenen südlichen Teil ist die Macchia weit verbreitet. Da die Insel im zentralen Teil von Marmara liegt, weist sie einige Merkmale des Klimas der Region auf. Es spiegelt viele Merkmale des mediterranen Klimas sowie den Einfluss des Schwarzen Meeres wider.

Flora

Der Großteil der Insel ist von dichten Aleppokiefernwäldern (Pinus halepensis) bedeckt, den sogenannten Kızılçam-Wäldern, die besonders im Norden und an den Hängen des Keşiş Dağı (709 m) prächtig stehen. Diese Wälder sind so dicht, dass sie selbst im Hochsommer kühlen Schatten spenden und einen intensiven Harzduft verströmen. Dazwischen breitet sich klassische Macchia aus: Zwergpalmen (Chamaerops humilis – die einzige wild wachsende Palme Europas), Mastixsträucher (Pistacia lentiscus), Erdbeerbäume (Arbutus unedo), Baumheide und duftende Zistrosen. Im Frühjahr verwandelt sich die Insel in ein Blütenmeer aus wilden Orchideen (mehr als 30 Arten, darunter die seltene Ophrys reinholdii), Narzissen, Anemonen und Türkenbundlilien.

An den geschützten Hängen und in den kleinen Tälern wachsen alte Oliven- und Johannisbrotbäume, oft mehrere Hundert Jahre alt, sowie Feigen, Granatäpfel und Weinreben, die die traditionelle Landwirtschaft prägen. In den Feuchtgebieten rund um Topağaç und Çınarlı finden sich Schilf- und Tamariskengürtel, die Salzwiesen und kleine Sümpfe säumen – Rückzugsorte für Amphibien und Zugvögel.

Fauna

Die Vogelwelt ist besonders reich: Über 180 Arten wurden registriert. Im Frühjahr und Herbst ist Marmara ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel auf der Via Pontica. Eleonorenfalken, Schlangenadler, Bienenfresser und Blauracken jagen über den Kiefernwäldern, während in den Klippen und verlassenen Marmorbrüchen Uhus, Steinkäuze und Wanderfalken brüten. An der Küste nisten Audouin-Möwen (eine global gefährdete Art) und Korallenmöwen. Im Winter kommen Tausende von Kormoranen und Mittelmeer-Sturmtauchern.

Unter den Säugetieren dominieren Füchse, Steinmarder, Igel und Hasen. Wildziegen (halbwild, Nachkommen alter Herden) leben in den steileren Regionen. Eine Besonderheit sind die Marmara-Wildpferde, kleine, robuste Herden, die frei auf den Hochplateaus grasen – vermutlich Nachkommen von Pferden, die im 19. Jahrhundert für den Marmortransport eingesetzt wurden und später verwilderten.

Naturschutz

Die schroffen Marmorlandschaften, dichten Wälder und vielfältigen Küstenökosysteme der Insel werden durch ein engmaschiges Netz aus Naturschutzgebieten bewahrt. Als Teil des 2021 ausgewiesenen Marmara Denizi ve Adalar Özel Çevre Koruma Bölgesi – eines umfassenden Meeres- und Küstenschutzgebiets, das das gesamte Marmarameer mit seinen Inseln umfasst und eine marine Fläche von über 11.000 km² schützt – integriert sich die Insel nahtlos in ein übergeordnetes System, das die biologische Vielfalt als Korridor zwischen Schwarzem Meer und Ägäis sichert. Auf der Insel selbst erstrecken sich die Schutzflächen über etwa 50 bis 60 km² (40 bis 48 % der Gesamtfläche), verteilt auf Wälder, Küsten, Feuchtgebiete und geologische Relikte, die von Kızılcam-Pinienwäldern über Maki-Sträucher bis hin zu endemischen Vogelarten reichen und Besucher zu nachhaltigem Trekking, Vogelbeobachtung und geologischem Tourismus einladen, während der Abbau von Marmor streng reguliert wird, um Erosion und Habitatverlust zu verhindern.

Im Zentrum des Schutzes steht das Ahtimot Meşeliği, ein ausgedehntes Waldreservat (Reserva Florestal Natural) im Norden der Insel mit einer Fläche von rund 15 km², das dichte Kızılçam-Wälder (rote Kiefern) beherbergt und als Lebensraum für seltene Vögel wie den Mittelmeerfalken und den Azoren-Stelzen dient – ein Relikt der osmanischen Zeit, wo es als Jagdrevier diente und heute durch das türkische Umweltministerium (Çevre, Şehircilik ve İklim Değişikliği Bakanlığı) vor Invasionen invasiver Arten geschützt wird. Ergänzt wird dies durch die Küstenschutzgebiete entlang der Badalan- und Manastır-Körfe, die als Natura 2000-ähnliche Zonen (Teil des EU-kompatiblen türkischen Systems) mit etwa 20 km² den Übergang von Land zu Meer sichern: Hier gedeihen Muscheln, Seegraswiesen und Felsen, die für Seevögel wie den Kormoran Brutplätze bieten, und der Zugang ist auf markierte Pfade beschränkt, um die fragile Küstenerosion zu minimieren. Im Osten ragt die Topağaç Ovası als ökologische Sonderzone (Özel Ekosistem Koruma Alanı) hervor, eine fruchtbare Ebene von rund 10 km², die einst ein Malaria-Hotspot war, nun aber durch Drainagen und Aufforstung zu einem Paradies für Amphibien und Insekten wurde, umgeben von Olivenhainen und Weinbergen, die die traditionelle Landwirtschaft mit Biodiversität verbinden.

Besonders markant sind die geologischen Schutzgebiete rund um die antiken Marmorbrüche von Saraylar, die als Geopark-Kandidat (im Rahmen des UNESCO-Global-Geoparks-Netzwerks) mit 8 bis 10 km² die weiß-grauen Dolomit- und Marmorformationen bewahren – Relikte römischer und byzantinischer Abbaue, die die Hagia Sophia prägten und heute als offenes Luftmuseum dienen, wo Besucher die Schichten des Gesteins studieren können, ohne dass moderne Steinbrüche die natürliche Morphologie stören. Die Insel ragt mit dem Keşiş Dağı (709 m) als höchster Erhebung empor, deren Hänge in den zentralen Bergschutz (Dağlık Alan Koruma Bölgesi) mit zirka 15 km² integriert sind, ein Mosaik aus Granit und Schiefer, das Wildpferdeherden und Wildziegen beherbergt und durch Wanderwege wie den Küstentrail von Güneyköy zu Manastır Koyu zugänglich gemacht wird. Diese Gebiete schützen nicht nur die einzigartige Flora – von endemischen Orchideen bis zu Makquis – sondern fördern auch den Ökotourismus: Bootstouren um die Insel enthüllen Unterwasserwelten mit Delfinen und Schwärmen, während das Gesamtkonzept des Özel Çevre Koruma Bölgesi die Insel vor Übernutzung schützt, indem es Fischerei und Bauvorhaben streng überwacht.

Klima

Das Klima der Marmara-Region einschließlich der Insel Marmara wird nach Köppen-Geiger als Csa (heißes Sommer-Mittelmeerklima) oder Übergangstypen wie Csb/Cfa/Cfb klassifiziert. Da die Marmorablagerungen der Insel Marmara Feuchtigkeit absorbieren, herrscht hier kein feuchtes Klima wie auf anderen Inseln. Im Winter steht das Gebiet der Luftströmungen, die sich im Süden dieser Region und über dem Mittelmeer bilden, unter dem Einfluss von Wirbelstürmen und deren Frontaktivitäten, die infolge der Verlagerung der Nordfront über Mittel- und Osteuropa nach Süden Schnee und Regen aus dem Westen bringen. In den Sommermonaten verschwinden diese Aktivitäten. Ein anderes System tritt an ihre Stelle. Diese Veränderung ist auf die scheinbare Bewegung der Sonne und die Ansiedlung des Hochdruckgürtels über der Großen Sahara über dem Mittelmeer und den Einfluss dieser Klimazone auf Marmara zurückzuführen. Der kälteste Monat mit durchschnittlicher Temperatur ist der Januar. Während des Sommers steht die Insel aufgrund des Tiefdrucks im Persischen Golf auf der einen und des Hochdruckgebiets über Europa auf der anderen Seite unter dem Einfluss von Nord- und Nordwestwinden. Da die Insel in der Mitte zweier unterschiedlicher Klimazonen liegt, kommt es im Sommer aufgrund der Schwankungen der Kaltfront im Norden manchmal zu kurzzeitigen Stürmen. Der wärmste Monat ist der Juli mit einer Durchschnittstemperatur von 24,6°C. Die Winter sind mild mit 2 bis 6°C im Tagesmittel. Am häufigsten regnet es im Dezember. Seltener Schnee fällt im Januar und Februar. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beträgt 700,2 mm.

Mythologie

Die Insel Marmara, im Altertum Proikonnēsos genannt, ist seit jeher jener Ort, an dem der Marmors ich in mythischen Welten verliert. Hier verschmelzen griechische Mythologie, byzantinische Heiligenlegenden und türkischer Volksglaube zu einem dichten Netz aus Geschichten, die noch heute in den Dörfern von Saraylar bis Çınarlı weitererzählt werden.

Am berühmtesten ist die Sage vom Dichter Aristeas, der im -7. Jahrhundert auf der Insel geboren wurde. Eines Tages fiel er in einer Walkerwerkstatt tot um; während die Angehörigen bereits den Leichnam wuschen, sahen Fischer vor Kyzikos einen Raben aus seinem Mund fliegen. Sechs Jahre später kehrte Aristeas lebendig nach Proikonnēsos zurück, dichtete das epische Gedicht Arimaspeia über die Hyperboreer und verschwand erneut, diesmal für immer. Jahrhunderte lang zeigte man auf der Insel sein Grab mit der Inschrift: „Hier liegt Aristeas, den Apollon mit dem Raben sandte.“ Der Rabe wurde zum Wappentier der Insel, und noch heute glauben alte Fischer, dass die schwarzen Vögel, die über den Marmorbrüchen kreisen, Seelenreisende sind.

In den stillen Nächten, wenn der Mond das weiße Gestein zum Leuchten bringt, hört man aus den antiken Steinbrüchen von Saraylar ein leises Stöhnen. Es sind, so sagt man, die Seelen der römischen und byzantinischen Sklaven, die hier unter der Peitsche starben. Wer einen Stein aus den alten Brüchen mitnimmt, ohne ein kleines Opfer, ein Stück Brot, eine Olive, eine Münze, zurückzulassen, den verfolgt Unglück: das Boot kentert, das Haus brennt, das Kind wird krank. Noch heute legen die Marmaralı, bevor sie einen Stein für den Hausbau holen, eine Gabe in die Spalten des Felsens.

An der Nordküste bei Çınarlı erzählt man von einer versunkenen Stadt, die in einer einzigen Nacht im Meer verschwand. In Vollmondnächten steigen die Nereiden, die goldenen Meerjungfrauen, aus den Fluten, setzen sich auf die Felsen und kämmen ihr Haar mit Muscheln. Wer ihnen ein Lied singt, bekommt einen Korb voller byzantinischer Goldmünzen; wer sie stört, wird für immer ins tiefblaue Wasser gezogen. Manche Fischer schwören, dass ihre Netze sich in solchen Nächten von selbst füllen, wenn sie vorher ein altes griechisches Liebeslied summen.

Auf dem Hügel von Asmalı stand einst das Georgskloster. Der Legende nach erschien der heilige Georg selbst auf einem schwarzen Pferd, tötete einen Drachen, der aus einer Marmorhöhle kroch und die Herden fraß, und aus dem Drachenblut wuchs die rote Erde, die man noch heute dort findet. Bis in die 1950er-Jahre wurde am 23. April ein Lamm geschlachtet und sein Blut in die Drachenhöhle gegossen, ein Brauch, der heidnische und christliche Elemente auf einzigartige Weise verband.

Und manchmal, in mondlosen Nächten, sieht man in den verlassenen Brüchen von Saraylar eine Gestalt in goldener Krone umherirren: den Geist eines byzantinischen Kaisers, der hier verbannt wurde und dessen Marmorsarkophag noch immer irgendwo unter der Erde verborgen liegt. Wer ihm den Weg zur Hagia Sophia weist, aus deren Säulen sein eigener Marmor stammt, wird reich belohnt; die meisten aber fliehen, wenn der kalte Wind plötzlich nach Weihrauch riecht.

Geschichte

Die Marmara-Insel war im Altertum bekannt für den Abbau weißen Marmors, der in vielen kleinasiatischen Städten verwendet wurde. Vor allem in frühbyzantinischer Zeit war dieser Marmor im ganzen Mittelmeerraum verbreitet. Die antiken Steinbrüche in der Nähe des Hafenstädtchens Saraylar sind heute noch erhalten und werden seit osmanischer Zeit weiter betrieben. Entsprechend den Ergebnissen neuerer Forschungen stammt der Marmor des Pergamonaltars von dort. Der Marmorabbau ist auch heute noch der Haupterwerbszweig der Insel. Außerdem werden Oliven und Wein angebaut. Auf der Insel sind noch einige alte griechische Dörfer erhalten. Es gibt ein kleines Freilichtmuseum, das besonders Halbfabrikate aus Marmor zeigt.

Als die Griechen gemäß den Bestimmungen der Austauschklausel des Vertrags von Lausanne nach Griechenland gehen mussten, wurden vor allem die Griechen aus der Schwarzmeerregion auf der Insel angesiedelt. Die griechische Bevölkerung wanderte nach Griechenland aus und gründete die Siedlung Νέος Μαρμαράς [Neos Marmaras], türkisch Yeni Marmara, auf der Halbinsel Chalkidiki.

Am 4. Januar 1935 verursachte das Erdek-Erdbeben große Zerstörungen auf der Insel. Im frühen 20. Jahrhundert wurden kretische Einwanderer auf der Insel angesiedelt. Heute besteht die Mehrheit der Inselbewohner aus romanischsprachigen Einwanderern aus Of und Trabzon.

Neolithikum

ie ersten Spuren reichen bis ins mittlere Neolithikum (etwa -6500 bis -5700). An den geschützten Buchten von Çınarlı, Topağaç und Asmalı entdeckten Archäologen kleine, nur wenige hundert Quadratmeter große Lagerplätze direkt über dem damaligen Meeresspiegel. Dort lagen schwarze, polierte Keramik mit eingetieften Linien und Knubben („Fikirtepe-Kultur“), Feuerstein- und vor allem Obsidian-Klingen, die nur von der fernen Kykladeninsel Melos stammen konnten. Das bedeutet: Schon vor achteinhalbtausend Jahren überquerten Menschen mit Booten aus Schilf oder ausgehöhlten Baumstämmen die offene See, um auf der Insel zu fischen, Muscheln zu sammeln und vielleicht schon die ersten wilden Ziegen zu jagen. Marmara war damals kein dauerhafter Wohnort, sondern ein saisonales Jagd- und Fischereirevier, ein Inselstützpunkt im frühen ägäisch-anatolischen Seefahrtsnetz.

Kupfer- und Bronzezeit

Im späten -6. und -5. Jahrtausend, der frühen Kupferzeit (Chalkolithikum), änderte sich das. Die Siedlungen wurden größer und blieben ganzjährig bewohnt. Die wichtigste Fundstelle ist der Topağaç Höyük an der Ostküste: ein flacher, etwa einen Hektar großer Hügel, auf dem man Schichten von Lehmhäusern, Herdstellen und Vorratsgruben fand. Die Menschen lebten nun von Ackerbau (Emmer, Einkorn, Linsen) und Viehzucht (Ziegen, Schafe, Rinder), ergänzt durch reichen Fischfang. Kupferne Pfrieme und kleine Äxte tauchen erstmals auf, dazu bemalte Keramik mit roten und weißen Mustern, die an die Balkan- und Westanatolien-Kulturen erinnern. Marmara lag genau auf der Schnittstelle zweier Welten und war ein Knotenpunkt des frühen Seehandels.

In der Frühen Bronzezeit (um -3200 bis -2000) wuchs die Bevölkerung weiter. An mehreren Stellen (vor allem Saraylar und Gündoğdu) entstanden richtige Dörfer mit rechteckigen Steinhäusern. Die Toten bestattete man in großen Tonkrügen (Pithos-Gräber) oder in Steinkisten direkt unter den Häusern. Importe aus Troja, Lemnos und der Ägäis (Metallwaffen, goldene Schmuckstücke) zeigen, dass die Insel nun fest in das bronzezeitliche Handelsnetz eingebunden war. Der weiße Marmor wurde zwar noch nicht systematisch abgebaut, aber schon als Rohmaterial für kleine Statuetten und Siegel verwendet.

Als die ersten mykenischen Schiffe um -1600 das Marmarameer erreichten, fanden sie also keine leere Insel vor, sondern eine seit mindestens viertausend Jahren durchgehend besiedelte Welt. Die Menschen, die hier lebten, waren weder Griechen noch Thraker, sondern eine eigenständige maritime Kultur, die zwischen Europa und Asien pendelte, lange bevor jemand die Worte „Europa“ oder „Asien“ kannte. Marmara war einer der ältesten bewohnten Brückenköpfe zwischen zwei Kontinenten, ein winziger, aber seit dem Neolithikum nie vergessener Fleck Erde mitten im Meer.

Archaische Zeit

Schon in der griechischen Vorzeit war die Insel, die später Prokonnesos heißen sollte, kein unbekanntes Eiland. In den Sagenkreis der Argonauten wurde sie als eine der Stationen auf der Fahrt zum Goldenen Vlies eingefügt; später dichteten die Kykliker des Trojanischen Epos, die griechischen Schiffe hätten auf der Rückkehr von Troja vor Prokonnesos geankert, um Wasser zu fassen. Herodot nennt sie noch nicht beim Namen, datiert aber den Trojanischen Krieg um -1250 – und genau in diese mykenische Spätbronzezeit fallen die ältesten bisher gefundenen Scherben auf der Insel (mykenische Keramik des -14./-13. Jahrhunderts aus kleinen Grabhügeln bei Saraylar). Ob es bereits eine feste Siedlung gab, ist unklar; wahrscheinlich diente die geschützte Bucht von Saraylar nur als saisonaler Ankerplatz für Händler und Fischer aus der Troas und von Lesbos.

Antike

Die eigentliche Geschichte beginnt im -8. Jahrhundert. Die Ionier von Milet, allen voran die Milesier, suchten nach neuen Handelsstützpunkten am Eingang zum Schwarzen Meer. Zwischen -750 und -730 gründeten sie an der tiefen, windgeschützten Bucht, wo heute Saraylar liegt, die Kolonie Prokonnesos („die Insel ihren Namen gab. Der Name selbst ist vorgriechisch, vermutlich thrakisch oder lydisch, und bedeutet wahrscheinlich „Vorgebirgsinsel“ oder „Insel gegenüber dem Festland“. Die Milesier brachten Weinreben, Olivenbäume und ihre typische grau-schwarze Tonware mit. Schon wenige Jahrzehnte später entstand eine zweite, kleinere Siedlung im Nordosten der Insel, das spätere Prinos (heute Çınarlı).

Im -7. und -6. Jahrhundert wurde Prokonnesos zu einer der reichsten ionischen Städte im Propontisgebiet. Die Insel exportierte Wein, Öl, getrockneten Fisch und – vor allem – den weißen, fast makellosen Marmor, der hier in riesigen Lagern direkt am Meer anstand. Die ersten Brüche wurden bereits in archaischer Zeit eröffnet; Säulen und Kapitelle aus Prokonnesos finden sich in Milet, Ephesos, Samos und sogar in Delphi. Die Stadt prägte eigene Silbermünzen mit dem Bild eines Stieres oder eines Löwenkopfes und gehörte zum attisch-delischen Seebund (ab -478 zahlte sie 3 bis 5 Talente jährlich – ein beträchtlicher Betrag für eine Insel von nur 130 km²).

Die Perserkriege trafen Prokonnesos hart. -493 erschien die phönizische Flotte des Großkönigs Dareios I. vor der Insel. Die Stadt wurde niedergebrannt, die Bewohner größtenteils verschleppt oder getötet. Herodot berichtet, dass die Perser danach einen einheimischen Griechen namens Metrodoros als Tyrannen einsetzten, der die Insel für das Achämenidenreich Steuern eintrieb und die Marmorbrüche wieder öffnete. Erst nach der Schlacht von Mykale (-479) wurde Prokonnesos wieder frei und trat erneut dem attischen Bund bei.

Die klassische Blütezeit erlebte die Stadt im -5. und frühen -4. Jahrhundert. Die Akropolis von Saraylar wurde mit einer mächtigen Mauer umgeben, ein Apollon-Tempel und ein Theater entstanden. Der Philosoph und Dichter Aristeas von Prokonnesos, der angeblich in Trance bis zu den Hyperboreern reiste, stammt aus dieser Zeit (um -600, möglicherweise legendenhaft). -410 eroberte der athenische Feldherr Alkibiades die Insel im Handstreich zurück, nachdem sie kurzzeitig spartanisch gewesen war.

In hellenistischer Zeit (nach -334) gehörte Prokonnesos zunächst zum Reich Alexanders, dann zu den Diadochenreichen der Lysimachos und später der Attaliden von Pergamon. Die Brüche arbeiteten auf Hochtouren; fast der gesamte Marmor für die Neugestaltung von Pergamon stammte von hier. Die Stadt blieb griechisch, wohlhabend und autonom, bis sie -133 zusammen mit dem Pergamenischen Reich an Rom fiel.

Unter römischer Herrschaft wurde Prokonnesos zu einem der wichtigsten Marmorlieferanten des Imperiums. Die Brüche wurden imperiales Eigentum; riesige Säulen für Rom, Ephesos, Leptis Magna und später Konstantinopel wurden hier gebrochen und auf speziellen Schiffen (naves lapidariae) abtransportiert. Die Stadt selbst blieb jedoch eine mittelgroße Provinzstadt mit Theater, Thermen, Aquädukt und einem Hafen, der bis zu 200 Schiffe aufnehmen konnte. In der frühen Kaiserzeit lebten etwa 8.000 bis 10.000 Menschen auf der Insel, fast ausschließlich griechischsprachige Hellenen.

In der Spätantike und der beginnenden christlichen Zeit änderte sich das Bild. Kaiser wie Nero, Domitian und später Diokletian machten Prokonnesos zu einem Verbannungsort für politische und religiöse Gegner. Während der großen Christenverfolgungen unter Decius und besonders unter Diokletian (303 bis 311) wurden zahlreiche Christen hierher verbannt. Diokletians Edikt von 297/98 bestimmte ausdrücklich, dass Manichäer hohen Standes nicht hingerichtet, sondern in die Marmorbrüche von Prokonnesos oder in die Kupferminen von Phaino (Jordanien) geschickt werden sollten – eine besonders grausame Strafe, weil die Arbeit dort als tödlich galt.

Trotz allem blieb die Stadt bis ins 6. Jahrhundert eine blühende, griechisch-christliche Stadt. Als Justinian 532 bis 537 die Hagia Sophia neu erbaute, kamen die allermeisten der 400 riesigen Marmorsäulen aus den Brüchen von Prokonnesos – ein logistisch eine der größten Leistungen der Antike.

Byzantinische Zeit

Die Insel Marmara trug im Mittelalter durchgehend ihren antiken Namen Prokonnesos. Sie war keine gewöhnliche Insel, sondern das Byzantinische Reich betrachtete sie als seine wichtigste „Marmorgrube“, vergleichbar mit einer heutigen Ölförderstätte. Der weiße, fast durchscheinende prokonnesische Marmor war der Luxusbaustoff schlechthin: Justinian ließ ihn für die Hagia Sophia in riesigen Mengen nach Konstantinopel schaffen, und noch tausend Jahre später schmückten Säulen und Kapitelle aus Prokonnesos die bedeutendsten Kirchen und Paläste des Reiches.

Vom 4. bis zum 11. Jahrhundert blühte die Insel wie kaum eine zweite Provinz. Die Hauptstadt lag dort, wo heute das Dorf Saraylar steht; sie besaß einen geschützten Hafen, Werften für die speziellen Marmortransporter, einen Bischofspalast, mehrere große Basiliken und ein kleines Theater. In den Brüchen von Saraylar und den umliegenden Hängen arbeiteten Tausende von Steinmetzen, Sägensklaven, Fuhrleuten und Schiffbauern. Die Insel hatte eine eigene Flotte, eigene Münzen wurden zeitweise geprägt, und der Metropolit von Prokonnesos stand in der Rangfolge der byzantinischen Bischöfe sehr weit oben. Griechisch war die einzige Sprache; die Familiennamen lauteten Kominos, Galinos, Prinaris oder Marmarenos und werden von manchen heutigen Inselbewohnern noch in Erzählungen weitergegeben.

Die arabischen Angriffe des 7. und 8. Jahrhunderts überstand Prokonnesos erstaunlich gut. Die Bewohner flüchteten jeweils in die hochgelegenen Dörfer Prinos (heute Çınarlı) und Koilada (heute Topağaç), wo Festungen und Höhlen Schutz boten. Sobald die Flotten der Kalifen abzogen, kehrten sie zurück und nahmen die Arbeit wieder auf.

Die wahre Glanzzeit kam unter den makedonischen Kaisern und den Komnenen (9. bis 12. Jahrhundert). Kaiser wie Basileios II., Konstantin IX. Monomachos oder Manuel I. Komnenos ließen prächtige Paläste und Gärten auf der Insel errichten. Manuel I. verbrachte hier oft den Sommer; von seinem Palast bei Saraylar sind noch mächtige Grundmauern und Zisternen erhalten. Die Insel war so reich, dass sie fast steuerfrei blieb – sie zahlte ihre Abgaben in Marmor. In dieser Zeit lebten zeitweise bis zu 20.000 Menschen auf Prokonnesos, einschließlich vieler Saisonarbeiter aus Thrakien und den ägäischen Inseln.

Der große Bruch kam 1204 mit dem Vierten Kreuzzug. Als Konstantinopel fiel, ergab sich Prokonnesos den Venezianern des Lateinischen Kaiserreichs. Die neuen Herren behandelten die Insel wie eine reine Rohstoffkolonie: der Marmor wurde nun nach Venedig geschafft (viele der weißen Säulen am Markusplatz und im Dogenpalast stammen von hier), die griechische Bevölkerung wurde schwer besteuert, und viele flohen zum griechischen Exilreich Nicäa auf dem asiatischen Festland. Erst 1225 eroberte Kaiser Johannes III. Vatatzes die Insel zurück. Die Venezianer wurden vertrieben, die Brüche wieder verstaatlicht, und Prokonnesos erlebte noch einmal eine kurze Blüte.

Die letzten beiden Jahrhunderte byzantinischer Herrschaft (1261 bis 1453) waren jedoch von ständigem Niedergang geprägt. Die Große Pest von 1348 raffte etwa die Hälfte der Bewohner hinweg. Katalanische Söldner plünderten 1306 die Stadt. Ab den 1350er Jahren tauchten osmanische und türkische Piraten aus den Emiraten von Aydın und Menteşe auf und überfielen regelmäßig die Küsten. Dennoch blieb Prokonnesos bis zum Schluss byzantinisch. Noch 1451/52 lieferte die Insel Marmor für den Bau von Rumelihisarı, jener Festung, mit der Mehmet II. später Konstantinopel einschließen sollte.

Als Konstantinopel am 29. Mai 1453 fiel, hisste die kleine byzantinische Garnison von Prokonnesos keine Fahne mehr. Die Osmanen landeten wenige Wochen später, die Besatzung verließ kampflos die Insel, und die griechische Bevölkerung durfte zunächst bleiben. Die großen Brüche gingen in das Eigentum des Sultans über, die Kirchen wurden nach und nach zu Moscheen umgewandelt oder verließen. Der Name „Prokonnesos“ verschwand aus den Urkunden - fortan hieß die Insel nur noch Mermer Adası, die „Marmorinsel“.

Osmanische Zeit

Mehmet II. gewährte ihr großzügige Kapitulationsbedingungen: die Christen durften ihre Kirchen, ihren Metropoliten und ihr Eigentum behalten, mussten jedoch die Charadsch-Steuer zahlen und die großen Marmorbrüche an den Sultan abtreten. So begann die fast fünfhundertjährige osmanische Epoche der Insel, in der sie nur noch Mermer Adası („Marmorinsel“) oder einfach Marmara hieß.

Die Marmorbrüche von Saraylar wurden sofort wieder in Betrieb genommen, diesmal für die neuen Herrscher. Der weiße Marmor schmückte fortan die großen Moscheen und Paläste Istanbuls: die Süleymaniye, die Neue Moschee, Topkapı, die Residenzen der Wesire und sogar die Kaaba in Mekka erhielt Säulen aus Marmara. Die Brüche standen unter direkter Verwaltung des Hofes; ein „Mermer emin“ (Marmorverwalter) residierte auf der Insel und überwachte die Produktion. Tausende Zwangsarbeiter, meist Kriegsgefangene und verurteilte Verbrecher, arbeiteten hier neben freien griechischen Meistern, die das alte Wissen weitertrugen.

Die griechische Bevölkerung lebte weiter in ihren Dörfern: Saraylar (Hauptort und Sitz des Metropoliten), Prinos (Çınarlı), Galinos (Gündoğdu), Koilada (Topağaç) und Potamos (Poyrazlı). Sie zahlten Steuern, bewirtschafteten Olivenhaine und Weinberge und betrieben Fischfang. Die großen Kirchen (vor allem die Kathedrale Agios Georgios in Saraylar) blieben erhalten und wurden sogar ausgebaut. Im 16. Jahrhundert war Marmara eine der reiche, fast ausschließlich christliche Insel mit nur wenigen türkischen Beamten und Soldaten.

Ab dem späten 16. Jahrhundert ließ die Nachfrage nach Marmor für neue Großbauten in Istanbul nach; viele Brüche wurden stillgelegt. Gleichzeitig begann eine sehr langsame Ansiedlung muslimischer Familien – meist Soldaten, die sich zur Ruhe setzten, oder Händler aus Gallipoli und Bandırma. Die Insel wurde dem Sandschak Kapudağı (Erdek) zugeordnet und erhielt einen türkischen Kadi neben dem griechischen Metropoliten. Noch immer waren 90 bis 95 % der Bewohner griechisch-orthodox, doch die ersten türkischen Dörfer entstanden in der Nähe des Hafens von Poyrazlı.

Das 18. Jahrhundert war für Marmara eine schwere Zeit. Griechische und maltesische Piraten, später russische Flotten während der Kriege 1768 bis 1774 und 1787 bis 1792, überfielen wiederholt die Insel. Viele Bewohner flohen zeitweilig auf das Festland. Gleichzeitig verschärfte sich die Steuerlast, und die Korruption der lokalen osmanischen Beamten nahm zu. 1770, während des russisch-türkischen Krieges, hisste ein Teil der griechischen Bevölkerung sogar kurzzeitig die russische Flagge – die Revolte wurde blutig niedergeschlagen, und mehrere hundert Familien wurden nach Anatolien deportiert. Die Marmorbrüche wurden nur noch sporadisch genutzt. Viele antike und byzantinische Säulen wurden einfach aus Ruinen herausgebrochen und nach Istanbul verschifft. Die Insel verarmte sichtlich.

Erst mit den Tanzimat-Reformen ab 1839 besserte sich die Lage. 1840 wurden die großen Brüche von Saraylar und Çınarlı wiedereröffnet, diesmal mit moderneren Methoden und europäischen Ingenieuren. Der Marmarexport nach Westeuropa (vor allem Frankreich und Italien) begann. Griechische Unternehmer aus Istanbul und von den Prinzeninseln kauften Konzessionen und beschäftigten wieder Tausende Arbeiter. Die Insel erlebte einen letzten wirtschaftlichen Aufschwung.

Die griechische Bevölkerung wuchs stark an: 1850 etwa 7.000, 1890 bereits über 10.000 Menschen. Neue Schulen wurden gebaut (die berühmte „Große Schule“ in Saraylar 1872), Zeitungen aus Athen und Smyrna kamen mit dem Dampfer, und der griechische Nationalismus erreichte auch Marmara. Die Insel wurde zu einem Zentrum des „Megali Idea“-Gedankens im Marmarameer. Gleichzeitig siedelten sich mehr türkische Familien an, vor allem aus dem Balkans und aus Kreta nach den Unruhen von 1866 bis 1869.

Um 1900 lebten auf Marmara etwa 9.000–10.000 Griechen und etwa 800 bis 1.000 Muslime (meist Beamte, Soldaten und Händler). Die Insel hatte vier große griechische Kirchen, ein Kloster, mehrere Schulen und sogar ein kleines Theater. Der Marmarabbau beschäftigte wieder über 2.000 bis 3.000 Menschen in der Hochsaison. Dampfer verkehrten dreimal wöchentlich nach Istanbul und Tekirdağ.

Die Jungtürkische Revolution 1908 wurde auf Marmara begeistert gefeiert – viele Griechen hofften auf Gleichberechtigung und Autonomie. Doch schon 1912–1913, während der Balkankriege, wuchs die Spannung. Türkische Truppen wurden auf der Insel stationiert, griechische Lehrer und Priester unter Beobachtung gestellt. Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbrach, begann die osmanische Regierung mit ersten Repressalien: Männer wurden zwangsrekrutiert oder als „Geiseln“ nach Zentralanatolien deportiert, Boote beschlagnahmt, Kirchen geschlossen.

Weltkriegszeit

Bis 1914 war Marmara eine fast rein griechisch-orthodoxe Welt. In den Dörfern Poyrazlı (griech. Potamos), Çınarlı (Prinos), Gündoğdu (Galinos), Topağaç (Koilada) und besonders im antiken Zentrum Saraylar lebten etwa 9.000 griechisch-orthodoxe Rum, die seit byzantinischer Zeit dort ansässig waren, und nur wenige hundert türkische Muslime. Die Insel war berühmt für ihren weißen prokonnesischen Marmor, der seit der Römerzeit nach Konstantinopel und in die ganze Mittelmeerwelt verschifft wurde. Griechisch war Alltagssprache, die Kirchen waren voller Ikonen, und die Familiennamen lauteten noch Papadopoulos, Kominos oder Galinos.

Der Erste Weltkrieg brachte die ersten Brüche. Ab 1915 diente Marmara der osmanischen Regierung als Verbannungsort für „unzuverlässige“ Griechen vom Festland. Gleichzeitig flohen viele Inselbewohner vor Zwangsrekrutierungen und Repressalien. Als Griechenland 1919 in den Krieg gegen die Türkei eintrat, wurde Marmara für kurze Zeit Zufluchtsort für Tausende Flüchtlinge aus Thrakien und Kleinasien; die Bevölkerung schwoll zeitweise auf über 12.000 Menschen an.

Der Umschwung kam im Herbst 1922. Nach dem Zusammenbruch der griechischen Armee in Anatolien erreichten kemalistische Truppen und irreguläre Çete-Banden die Insel. In den Wochen zwischen September und November 1922 wurden Hunderte griechische Männer ermordet oder verschleppt, Dörfer geplündert und Kirchen geschändet. Die überlebenden Frauen, Kinder und Greise flohen mit Fischerbooten oder den letzten griechischen Dampfern nach Thessaloniki, Lemnos und den anderen ägäischen Inseln. Als der Staub sich senkte, war Marmara nahezu entvölkert – nur wenige hundert Griechen hatten sich in Höhlen oder bei muslimischen Nachbarn versteckt halten können.

Der Vertrag von Lausanne 1923 besiegelte das Schicksal endgültig: Marmara fiel nicht unter die Ausnahmeregelung für Imbros und Tenedos, daher wurden auch die letzten 400 bis 600 verbliebenen griechischen Familien 1923/24 zwangsweise nach Griechenland umgesiedelt. Viele landeten in Nea Prokonnesos auf Lemnos oder in Nea Koutali – Orte, die bis heute von ihren Nachkommen bewohnt werden.

In die verlassenen, oft zerstörten oder geplünderten Steinhäuser zogen nun die neuen Bewohner ein: Die griechisch-orthodoxe Diaspora der Insel ließ sich vor allem in Neos Marmaras in Chalkidiki, auf der Insel Euböa und in der Stadt Thessaloniki im Norden Griechenlands nieder. Darüber hinaus waren Kanada, Australien und Südamerika beliebte Ziele für die griechische Einwanderung jener Zeit. Viele der ehemaligen jüdischen Einwohner ließen sich in den nordamerikanischen Städten New York, Los Angeles, San Francisco, Portland (Oregon) und im Raum Seattle/Tacoma nieder.

Die neuen Siedler waren muslimische Türken aus Griechenland, die im selben Bevölkerungsaustausch ihre Heimat verlassen mussten. Zwischen 1923 und 1926 kamen mehrere Tausend Mübadiller (Austauschflüchtlinge) auf die Insel, vor allem von Lemnos, Imbros, Tenedos, Lesbos, Chios und – in größerer Zahl – aus Kreta (besonders aus der Region Rethymno). Sie brachten kreto-griechische, inselgriechische und thrakische Dialekte mit, die noch bei den Ältesten heute hörbar sind. Neben ihnen siedelten sich in den 1920er- und 1930er-Jahren auch Tscherkessen-Familien an, Nachkommen der kaukasischen Flüchtlinge von 1864, die zuvor um Bandırma und Gönen gelebt hatten.

Die neuen Bewohner fanden eine Insel in Trümmern vor: der Marmorabbau lag danieder, Olivenhaine waren verwildert, Fischerboote verbrannt. Die ersten Jahre waren von bitterer Armut geprägt. Es gab keine Elektrizität, kein Telefon außer im Kaymakam-Büro, und die Fahrt mit dem Dampfer nach Istanbul dauerte 12 bis 15 Stunden.

Am 4. Januar 1935 um 16:41 Uhr Ortszeit änderte sich alles noch einmal dramatisch. Ein schweres Erdbeben (Magnitude etwa 6,6) mit Epizentrum direkt unter oder neben der Insel ließ fast alle alten griechischen Steinhäuser in sich zusammenstürzen. In Saraylar, Çınarlı und Topağaç waren 80–90 % der Gebäude zerstört, fünf Menschen starben, etwa dreißig wurden verletzt. Auch Avşa und Paşalimanı wurden schwer getroffen. Die Regierung in Ankara schickte sofort Hilfsschiffe, und in den folgenden Jahren entstand die Insel praktisch neu: mit erdbebensicheren Betonhäusern im schlichten republikanischen Stil der 1930er, die noch heute das Ortsbild prägen.

Ab 1936 wurde der Marmorabbau wieder systematisch aufgenommen. 1938 kam der erste Diesel-Generator für Strom, 1937 eine Telefonleitung ans Festland. Während des Zweiten Weltkriegs litt die Insel zwar unter Rationierungen und vielen Männern, die zum Arbeitsdienst eingezogen wurden, blieb aber von direkten Kampfhandlungen verschont. 1945, Brot und Benzin waren knapp, doch die Neutralität der Türkei schützte vor Schlimmerem.

Moderne Zeit

Als der Zweite Weltkrieg 1945 endete, war Marmara noch eine zweisprachige Insel. In den Dörfern Saraylar, Çınarlı, Asmalı und Gündoğdu lebten türkische und griechisch-orthodoxe Familien seit Jahrhunderten Tür an Tür; in manchen Vierteln hörte man mehr Griechisch als Türkisch. Die Einwohnerzahl lag bei knapp 6.000, und die Wirtschaft stützte sich auf Fischerei, Oliven, Wein und den langsam wieder anlaufenden Marmorabbau. Doch die Nachkriegsjahre sollten die ethnische Landkarte der Insel für immer verändern.

Die Spannungen begannen mit dem griechischen Bürgerkrieg (1946–1949) und verstärkten sich während des Kalten Krieges. Viele griechische Inselbewohner verließen Marmara aus Angst oder wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit. Der endgültige Bruch kam in der Nacht vom 6. auf den 7. September 1955: Bei den „Septemvriana“-Pogromen in Istanbul und Izmir wurden auch auf Marmara griechische Häuser und Läden geplündert. Danach verließen die meisten Rum (griechisch-orthodoxen Türken) die Insel. 1964, nach dem Zypern-Konflikt, wurden die letzten etwa 200 griechischstämmigen Familien zwangsweise aufs Festland umgesiedelt. Marmara war fortan fast ausschließlich türkisch-muslimisch – ein stiller, aber tiefer Einschnitt.

In den 1960er und 1970er Jahren erlebte die Insel einen kurzen Marmor-Boom. Moderne Maschinen und ausländische Abnehmer (vor allem Italien und Deutschland) ließen neue Brüche entstehen. Gleichzeitig setzte die Abwanderung ein: Junge Leute zogen nach Istanbul, Bandırma oder in die Industriegebiete von Bursa. 1980 zählte Marmara nur noch knapp 2.800 ständige Einwohner – fast die Hälfte von 1945.

Das Erdbeben vom 17. August 1999 traf die Insel hart. Über 120 Häuser stürzten ein oder wurden unbewohnbar, vier Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. Der Hafen von Marmara war monatelang kaum nutzbar. Doch aus der Katastrophe erwuchs auch Neues: Mit staatlichen Fördermitteln und EU-Hilfe wurden Straßen betoniert, der Hafen modernisiert und erste kleine Hotels gebaut. 2004 startete die erste Schnellfähre von Istanbul (Bostancı–Marmara in 2,5 Stunden) – ein Wendepunkt.

Das folgende Jahrzehnt wurde zum goldenen Zeitalter des Insel-Tourismus. Neue Boutique-Hotels, Surf-Schulen in Çınarlı und Abaç, Olivenöl- und Weinverkostungen in Saraylar zogen jährlich Hunderttausende Besucher an. Im Sommer verdreifachte sich die Bevölkerung auf 25.000 bis 30.000 Menschen. 2012 wurde Balıkesir zur Großstadt-Provinz; Marmara blieb eigenständiger Landkreis, bekam aber bessere Infrastruktur und Fördergelder.

Dann kam das Jahr 2020. Die Fähren waren für Monate nicht zugänghlich. Hotels blieben leer, Restaurants geschlossen, die Marmorbrüche fuhren nur noch im Minimalbetrieb. Viele junge Leute, die zuvor auf dem Festland arbeiteten, kehrten vorübergehend zurück – die Einwohnerzahl stieg paradoxerweise im ersten Lockdown wieder leicht an. 2021 und 2022 pendelte sich ein neues Gleichgewicht ein: weniger Massentourismus, dafür mehr individuelle Reisende, digitale Nomaden und Istanbuler, die ein Wochenendhaus kauften. Die Insel wurde stiller, grüner und – für manche – wieder ein wenig so, wie sie siebzig Jahre zuvor gewesen war.

Verwaltung

Die Insel bildet seit 1953 zusammen mit dem benachbarten Avşa den Bezirk Marmara (Marmara ilçesi) in der Provinz Balıkesir (Balıkesir İl) der Republik Türkei. Seit einer Gebietsreform 2012 ist die Kreisstadt flächen- und einwohnermäßig identisch mit dem Landkreis.


Herrschaftsgeschichte

  • -13. Jahrhundert bis zm 750 thrako-päonische Stammesgemeinschaften
  • um -750 bis um -680 Stadtstaat Milet (Polikrátos Mílētos)
  • um -680 bis um -540 Königreich Lydien (Lydikó basileió)
  • um -540 bis -512 Stadtstaat Prokonessos (Polikrátos Proikonnēsos)
  • -512 bis -478 Persisches Reich der Achämeniden (Haxāmaniš)
  • -478 bis -um -454 Attisch-Delischer Seebund (hē Symmachía hē en Dḗlōi)
  • -454 bis -404 Attisches Reich (Athēnaíōn hēgemonía)
  • -404 bis -394 Stadtstaat Sparta (hē Lakedaimoníōn pólis)
  • -394 bis -387 Stadtstaat Athen (Pólis Athína)
  • -387 bis -378 Stadtstaat Athen (Pólis Athína)
  • -378 bis -355 Attischer Seebund (Athēnaíōn nautikḕ symmachía)
  • -355 bis -334 Stadtstaat Athen (Pólis Athína)
  • -334 bis -323 Makedonisches Reich (Makedonikē Basileia)
  • -323 bis -301 Diadochenreich (Basileía toû Lysimáchou)
  • -301 bis -281 Seleukidenreich (Basileía Seleukidôn / Seleúkeia hē megálē)
  • -281 bis -133 Stadtstaat Pergamon (Basileía tôn Attalidôn)
  • -133 bis -27 Römische Republik (Res publica)
  • -27 bis 395 Provinz Asien (Provincia Asia) im Römischen Reich (Imperium Romanum)
  • 395 bis 15. August 1459 Byzantinisches Reich (Basileia tōn Rhōmaiōn)
  • 15. August 1459 bis 29. Oktober 1923 Inselprovinz des Weißen Meeres (Eyâlet-i Cezâir-i Bahr-i Sefîd) im Osmanischen Reich (Devlet-i ʿOs̲mānīye bzw. Osmanlı İmparatorluğu)
  • 29. Oktober 1923 bis 20. April 1924 Inselprovinz des Weißen Meeres (Eyâlet-i Cezâir-i Bahr-i Sefîd) in der Republik Türkei (Türkiye Cumhuriyeti)
  • seit 20. April 1924 Provinz Balikesir (Balıkesir İl) innerhalb der Republik Türkei (Türkiye Cumhuriyeti)

Legislative und Exekutive

Oberwtes Verwaltungsorgan der Insel ist Belediye Meclisi, der Gemeinde- bzw. Bezirksrat. Dieser besteht aus dem direkt gewählten Bürgermeister und 15 im Vierjahresabstand gewählten Gemeinderatsmitgliedern (meclis üyeleri).

Inseloberhaupt

Höchster Repräsentant der Insel ist der Bürgermeister (Belediye Başkanı). Mit Stand 2025 ist dies Süleyman Aksoy von der AKP. Er ist seit den Kommunalwahlen 2019 im Amt. Die 14 Mahalleler (Ortschaften) des Bezirks haben jeweils einen gewählten Muhtar (Mahalle Muhtarları), der als direkter Ansprechpartner der Bürger gilt und oft als „kleiner Gemeinderat vor Ort“ fungiert.

Politische Gruppierungen

Auf der Insel Marmara sind die landesweit aktiven türkischen Parteien vertreten; lokal dominiert aktuell die AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi / Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung), deren Bürgermeister Süleyman Aksoy das Amt in der Gemeinde Marmara innehat. Daneben spielen – wie überall in der Türkei – vor allem CHP (Cumhuriyet Halk Partisi / Republikanische Volkspartei), MHP (Milliyetçi Hareket Partisi / Partei der Nationalen Bewegung), İYİ (Parti für İyi Parti / Gute Partei) und DEM (ehemals HDP, Halkların Demokratik Partisi / Demokratische Partei der Völker). Der Gemeinderat setzt sich seit den Wahlen 2024 zusammen aus 9 Mitgliedern der AKP und 7 der CHP.

Justizwesen und Kriminalität

Das Justizsystem auf Marmara wird primär durch das Marmara Adliyesi (Gerichtsgebäude) repräsentiert, das als zentrales Element des lokalen Justizwesens fungiert. Dieses Gericht, gelegen im Adalet Sarayı in der Cumhuriyet-Mahallesi (Şehit Ömer Caddesi, neben dem Bezirksgebäude), bearbeitet Fälle aus dem gesamten Bezirk und umfasst Abteilungen für Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht. Es fällt unter die Zuständigkeit der Provinz Balıkesir, deren Hauptgericht in der Provinzhauptstadt Balıkesir liegt, während komplexere Verfahren – wie schwere Straf- oder Berufungsangelegenheiten – nach Bandırma oder Balıkesir ausgelagert werden. Die türkische Justiz ist hierarchisch organisiert: Auf lokaler Ebene entscheidet das Marmara-Gericht über kleinere Delikte, während die Staatsanwaltschaft (Cumhuriyet Savcılığı) in Balıkesir die Anklagen leitet. Ergänzt wird dies durch das Jandarma-Kommando (als militärische Polizei für ländliche und inselgebiete) und die Polizeidirektion (Emniyet Müdürlüğü), die beide unter der Aufsicht des Bezirksgouverneurs (Kaymakam) stehen. Die Jandarma ist auf Marmara besonders präsent, da sie für die Sicherung der Inselgrenzen, Küstenschutz und Verkehrsüberwachung zuständig ist – eine Notwendigkeit in einem Ferienort, der saisonal Tausende Touristen anzieht. Lokale Muhtare (Ortsvorsteher der 14 Mahallelere) fungieren als Brückenbauer, indem sie kleinere Streitigkeiten schlichten und Meldungen an Polizei oder Gericht weiterleiten, was die Prävention unterstützt.

In Bezug auf Kriminalität zeigt Marmara ein Bild der relativen Sicherheit. Die Provinz Balıkesir weist eine der niedrigsten Kriminalitätsraten in der Türkei auf, mit einem allgemeinen Crime Index von etwa 30 bis 40 (auf einer Skala von 100, wobei niedrige Werte Sicherheit bedeuten), was auch durch saubere Straßen, gut gepflegte Parks und eine stabile Wirtschaft zum Ausdruck kommt. Auf nationaler Ebene liegt die Mordrate in der Türkei bei rund 2,5 pro 100.000 Einwohner (Stand 2020), mit einem langfristigen Rückgang seit 2014 um bis zu 400 % in manchen Deliktsbereichen, darunter Terrorismus und schwere Gewaltverbrechen.

Für Marmara selbst gibt es keine separaten detaillierten Statistiken. Entsprechende Fälle werden der Provinzstatistik zugerechnet. Dennoch deuten regionale Analysen auf eine Dominanz von Eigentumsdelikten (zum Beispiel Diebstähle in Ferienhäusern) und Bagatelldelikten (wie Störungen der öffentlichen Ordnung) hin, während Gewaltkriminalität – einschließlich häuslicher Gewalt oder Touristenüberfälle – selten vorkommt. Die Marmara-Region insgesamt verzeichnet steigende Trends bei Eigentums- und Drogendelikten, was auf den Tourismusboom zurückzuführen ist, doch die Isolation der Insel wirkt abschreckend auf organisierte Kriminalität. Präventive Maßnahmen, wie verstärkte Polizeipräsenz in der Sommersaison und Kooperationen mit der Küstenwache gegen Schmuggel, sorgen für eine Aufklärungsquote von über 50 %, was über dem nationalen Durchschnitt liegt.

Flagge und Wappen

Das offizielle Wappen (Belediye Arması) des Marmara-Bezirks (Marmara Belediyesi) ist ein stilisiertes Symbol, das typischerweise Elemente der Insel darstellt: Eine blaue Wellenlinie für das Marmarameer, grüne Hügel oder Olivenbäume für die Flora (zum Beispilel Kızılçam-Wälder und Maki-Gebüsch) sowie ein weißes Marmorblock-Motiv, das auf die antiken Marmor-Steinbrüche anspielt (der Name "Marmara" leitet sich von "marmaros" = Marmor ab). Oben oft ein Halbmond und Stern in Rot-Weiß (türkische Nationalfarben). Rund oder schildförmig, in Blau-Grün-Weiß gehalten, mit zentralem Motiv einer Insel-Silhouette oder Schiff (historische Referenz zu byzantinischer Flottenbau). Es symbolisiert Tourismus, Fischerei und Naturerbe. Eine detaillierte visuelle Darstellung findet sich auf der offiziellen Website der Marmara Belediyesi (marmara.bel.tr), wo es als Logo verwendet wird – leider keine textuelle Beschreibung in Quellen, aber ikonisch für den Bezirk. Das Wappen wurde nach der Gründung des Bezirks (1958) entworfen und reflektiert die griechisch-byzantinische Vergangenheit (ehemals Prinkipo) sowie die türkische Moderne nach der Bevölkerungsaustausch 1923.

Hauptort

In der Antike und byzantinischen Zeit lag das Zentrum bei Prokonnesos, das sich im Bereich des heutigen Dorfes Saraylar im Nordosten der Insel befand. Dort waren die größten Marmorbrüche und der Haupthafen für den Export nach Konstantinopel  bzw. Istanbul. In osmanischer Zeit war Saraylar weiterhin die bevölkerungsreichste und wirtschaftlich wichtigste Ortschaft, weil dort der Marmorabbau und die Verladung stattfanden. Der heutige Ort Marmara war damals nur ein kleiner Fischer- und Handelshafen mit griechisch-türkischem Namen „Prinkipo“ bzw. „Mermer Limanı“.

Nach dem Bevölkerungsaustausch 1923/24 verließen fast alle griechischen Bewohner (vor allem aus Saraylar) die Insel. Die türkischen Neusiedler aus dem Balkan und dem Schwarzen Meer konzentrierten sich zunehmend im südöstlichen Hafenort Marmara, weil dort die neuen Fährverbindungen nach Tekirdağ und Istanbul anlegten. Am 20. Mai 1953 wurde Marmara zum offiziellen Kreissitz und damit zur Hauptstadt der Insel ernannt. An diesem Tag wurde der eigenständige Landkreis Marmara durch Gesetz Nr. 6068 gegründet und von Erdek abgetrennt. Seither befinden sich hier das Kaymakamlık (Landratsamt), das Gericht, die Gemeindeverwaltung und alle zentralen Behörden.

Verwaltungsgliederung

Die Insel besteht mit Stand 2025 aus 14 Ortschaften. Der Landkreis besteht aus den Inseln Marmara Adası, Türkeli Adası (auch Avşa Adası), Ekinlik Adası (auch Kaşık Adası) und Hayırsız Adası. Sie liegen im Norden der Provinz, nordwestlich der Halbinsel Kapıdağı Yarımadası, die dem Landkreis Erdek entspricht, im Marmarameer. Bis Ende 2012 bestand der Kreis aus der Kreisstadt Marmara (mit 5 mahalleler) und zwei weiteren Belediyeler (Gemeinden): Avşa (3 mahalleler) und Saraylar (4 mahalleler). Des Weiteren existierten noch vier Köylar (Dörfer), zusammengefasst in einem Bucak. Die vier Mahalleler der beiden Belediyeler und die der vier Dörfer wurden während der Verwaltungsreform in Mahalleler umgewandelt.


           Verwaltungseinheiten:

           14 mahalleler (Ortschaften), davon 11 auf der Insel Marmara

Bevölkerung

Im Folgenden die Entwicklung der Bevölkerungszahl samt Dichte, bezogen auf die offizielle Fläche von 117,19 km².


           Bevölkerungsentwicklung:

           Jahr                 Einwohner      Dichte (E/km²)

           1900                8 000               68,47

           1950                7 000               59,73

           1960                7 500               64,00

           1970                8 000               68,47

           1980                8 800               75,09

           1990                9 792               83,56

           2000                9 446               80,60

           2001                9 300               79,36

           2002                9 300               79,36

           2003                9 250               78,93

           2004                9 250               78,93

           2005                9 200               78,50

           2006                9 150               78,08

           2007                8 908               76,01

           2008                8 597               73,36

           2009                8 424               71,88

           2010                8 236               70,28

           2011                8 206               70,02

           2012                8 207               70,01

           2013                6 810               58,14

           2014                6 572               56,09

           2015                7 172               61,21

           2016                7 208               61,51

           2017                7 113               60,70

           2018                6 676               56,99

           2019                6 657               56,82

           2020                6 750               57,63

           2021                6 820               58,20

           2022                6 757               57,66

           2023                8 281               70,66

           2024                8 535               72,84


Die Einwohnerzahlen des Bezirks Marmara entnwickelten sich wie folgt:


           2013                  9 310

           2014                  9 456

           2015                 9 848

           2016                 9 878

           2017                 9 828

           2018                 9 870

           2019                 9 730

           2020                 9 973

           2021                10 148

           2022                10 601

           2023                11 454

           2024                11 708

Volksgruppen

Bereits in der Antike war die Insel unter dem Namen Prokonnesos bekannt und vor allem wegen ihrer wertvollen Marmorbrüche („prokonnesischer Marmor“) berühmt, der unter anderem in der Hagia Sophia verbaut wurde. Die Bevölkerung bestand überwiegend aus Griechen, im Mittelalter griechischsprachigen Byzantinern.

Bis zum Ersten Weltkrieg und den anschließenden griechisch-türkischen Auseinandersetzungen (1919 bis 1923) lebte auf der Insel eine mehrheitlich griechisch-orthodoxe Bevölkerung. Die Griechen (oft als Rum bezeichnet) betrieben Fischerei, Weinbau, Olivenanbau und natürlich den Marmorabbau. Daneben gab es kleinere türkisch-muslimische Gemeinschaften, vor allem in Dörfern im Landesinnern und der späteren Hauptstadt Marmara.

Die Insel hatte 1914 etwa 8.000 bis 9.000 Einwohner, von denen rund 90 % griechisch-orthodox waren. Im Rahmen des Vertrags von Lausanne (1923) und des griechisch-türkischen Bevölkerungsaustauschs wurden fast alle orthodoxen Griechen der Insel zwangsumgesiedelt, vor allem nach Griechenland (vor allem nach Nea Prokopi auf Euböa und in die Region Thessaloniki). Gleichzeitig kamen aus Griechenland, Ostthrakien und von den ägäischen Inseln (Imbros und Tenedos waren ausgenommen) muslimische Türken auf die Insel, die die verlassenen Häuser und Felder übernahmen.

Eine kleine Ausnahme bildeten einige griechische Familien in der Ortschaft Palatia (heute Çınarlı), die vorübergehend bleiben durften, aber auch sie verließen die Insel in den folgenden Jahrzehnten größtenteils freiwillig oder unter Druck. Seit dem Austausch ist die Insel fast ausschließlich von Türken bewohnt. Die Neuansiedler kamen vor allem aus Saloniki (Thessaloniki) und Umgebung, Drama und Kavala (Ost-Makedonien), Ostthrakien sowie in kleinerer Zahl von  Kreta und den Prinzeninseln. Viele dieser Familien bezeichnen sich bis heute als „Mübadil“ (Austausch-Betroffene) und pflegen Erinnerungen an ihre Herkunftsorte in Griechenland. Es gibt Vereine und jährliche Treffen mit den Nachkommen der vertriebenen Griechen (zum Beispiel in Nea Prokopi).

Neben den türkischen Mübadil-Nachkommen leben heute nur noch sehr wenige Menschen mit griechischer Abstammung dauerhaft auf der Insel, meist ältere Rückkehrer oder Wochenendhaus-Besitzer aus Istanbul. Die griechisch-orthodoxen Kirchen (zum Beispiel die Panajia-Kirche in Marmara-Stadt oder die Metamorfosi-Kirche in Gündoğdu) sind größtenteils verlassen oder werden als Kulturdenkmäler gepflegt.

Die Insel hat rund 8.000 Einwohner (im Sommer deutlich mehr durch Feriengäste aus Istanbul). Die Bevölkerung ist ethnisch und religiös sehr homogen. Über 99 % sind Türken (muslimisch-sunnitisch). Dazu kommen sehr kleine Minderheiten von Wochenend-Stamboulioten mit griechischen Wurzeln und einige wenige Ausländer.

Sprachen

Vor dem Ersten Weltkrieg war die Insel Marmara eine fast rein griechischsprachige Welt. Hier sprach man einen eigenen Insel-Dialekt des Neugriechischen, der sich von dem Festlandgriechisch deutlich unterschied - er war archaischer, hatte viele türkische Lehnwörter und eine eigene Melodie. In der Kirche erklang byzantinisches Griechisch, zu Hause und auf der Straße der lokale Dialekt. Die meisten Männer verstanden auch Türkisch, weil sie mit Behörden, Händlern oder muslimischen Fischern zu tun hatten; viele waren zweisprachig aufgewachsen. Osmanisches Türkisch war jedoch nur die Sprache einer kleinen Minderheit – ein paar türkischer Familien, Gendarmen und Händler.

Das änderte sich schlagartig mit dem griechisch-türkischen Bevölkerungsaustausch 1923/24. Binnen weniger Monate verließen fast alle griechisch-orthodoxen Bewohner die Insel; mit ihnen verschwand auch ihre Sprache. Die neu angesiedelten Türken kamen vor allem aus Saloniki, Drama, Kavala und Ostthrakien. Viele von ihnen sprachen bei ihrer Ankunft noch Griechisch oder zumindest einen stark griechisch durchsetzten türkischen Dialekt, denn sie hatten jahrzehntelang als muslimische Minderheit in Griechenland gelebt. Besonders die ältere Generation der Mübadil (der „Ausgetauschten“) war oft zweisprachig und brachte griechische Wörter, Redewendungen und sogar Lieder mit.

In den 1930er und 1940er Jahren hielt sich dieses „Griechischtürkisch“ noch in manchen Familien, vor allem in den ehemals griechischen Dörfern wie Palatia (Çınarlı), Gündoğdu oder Saraylar. Kinder hörten von ihren Großeltern griechische Wiegenlieder oder Flüche, und auf den Feldern wurden manchmal griechische Reben- und Olivenbegriffe benutzt. Mit der Zeit verschwand jedoch auch dieses Erbe: Die türkische Schule, der Militärdienst, das Radio und später das Fernsehen sorgten dafür, dass Standardtürkisch zur alleinigen Sprache wurde.

Heute, im Jahr 2025, ist Marmara Adası sprachlich nahezu vollkommen homogen. Über 99 % der Inselbewohnere sprechen ausschließlich Türkisch – und zwar den normalen westtürkischen Dialekt der Marmararegion mit leichtem Inselsingsang. Griechisch ist als gesprochene Sprache praktisch ausgestorben. Nur ganz wenige sehr alte Menschen (meist über 85) erinnern sich noch an einige Brocken aus der Kindheit ihrer Eltern oder Großeltern. In manchen Familien werden noch griechische Nachnamen (zum Beispiel Papadopoulos,  nunmehr Papazoğlu) getragen, und bei Mübadil-Treffen oder Hochzeiten tauchen gelegentlich griechische Lieder oder Tänze auf, aber die Sprache selbst ist verschwunden.

Religion

Bis 1923 war Marmara eine fast rein christlich-orthodoxe Insel. In jedem Dorf und in der Hauptstadt standen griechisch-orthodoxe Kirchen, oft sehr alte, byzantinische oder nachbyzantinische Bauten. Die bekanntesten waren die Panajia-Kirche und die Taxiarchis-Kirche in Marmara-Stadt, die Metamorfosi-Kirche in Gündoğdu (Avşa war damals noch fast unbewohnt) und kleinere Kapellen in fast jedem Weiler. Fast die gesamte Bevölkerung (90 bis 95 %) gehörte der griechisch-orthodoxen Kirche des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel an. Es gab einen oder zwei Priester pro größeres Dorf, und das religiöse Leben war intensiv: Prozessionen zu Panagia (15. August), Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen prägten den Alltag. Muslimische Türken gab es nur wenige Dutzend Familien, vor allem in Marmara-Stadt und in Çınarlı (Palatia); sie hatten eine kleine Moschee und einen Imam.

Der Bevölkerungsaustausch 1923/24 veränderte alles innerhalb weniger Monate. Mit den orthodoxen Griechen verschwanden auch Priester, Kirchenglocken und das christliche Leben. Die Kirchen wurden geschlossen, teilweise als Lagerhäuser oder Ställe genutzt, teilweise dem Verfall überlassen. Die neu angesiedelten Türken aus Griechenland waren ausnahmslos sunnitische Muslime (hanefitischer Ritus). Sie brachten ihre eigene religiöse Praxis mit: fünfmal tägliches Gebet, Ramadan, Opferfest und eine eher volkstümliche Frömmigkeit, die teilweise von den Bektaschi- und Alevi-Einflüssen ihrer griechischen Herkunftsregionen geprägt war (vor allem bei denen aus Thessaloniki und Kreta).

Seit den 1930er Jahren wurde das religiöse Leben der Insel wieder aufgebaut – diesmal muslimisch. In fast jedem Dorf entstanden neue Moscheen, meist schlichte, weiß getünchte Gebäude mit Minarett. Die größte Moschee steht heute im Zentrum von Marmara-Stadt. Der Staat entsandte Imame, und der Religionsunterricht in der Schule war selbstverständlich. Gleichzeitig wurden einige der alten griechischen Kirchen ab den 2000er Jahren restauriert – nicht als Gottesdienststätten, sondern als Kulturdenkmäler (zum Beispiel die Panajia-Kirche, die heute als Museum dient).

Heute sind über 99 % der ständigen Bevölkerung sind sunnitische Muslime. Die Religiosität ist durchschnittlich türkisch-ländlich: die meisten fasten im Ramadan, besuchen freitags die Moschee, und religiöse Feste werden groß gefeiert. Es gibt aber keine besonders strengen oder radikalen Strömungen.

Christen gibt es praktisch keine mehr als ständige Einwohner. Ein oder zwei sehr alte griechischstämmige Frauen, die noch auf der Insel leben, sind die letzten orthodoxen Christinnen – und selbst sie gehen nicht mehr in die Kirche. An hohen Feiertagen (Ostern, Weihnachten) kommen manchmal Nachkommen der alten griechischen Familien aus Griechenland oder Istanbul und halten in einer der restaurierten Kirchen mit einem mitgebrachten Priester eine private Liturgie ab, aber das sind Ausnahmen. Die Römisch-katholische Kirche führt die Insel als Titularerzbistum Proconnesus, das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel verleiht den Titel eines Metropoliten von Prikonisos (Μητροπολίτης Προικονήσου).

Siedlungen

Die Einwohnerzahlen der größten Ortschaften der Insel entwickelten sich wie folgt:

Ortschaft Z 2000 S 2007 S 2015 S 2020 S 2023 S 2024
Asmalı (griechisch Aftoni) 198 185 145 237 117 115
Çınarlı (griechisch Galemi) 312 290 228 503 184 182
Gündoğdu (griechisch Prastio) 456 425 334 278 269 265
Marmara (griechisch Marmara)   4.567 4.250 3.340 2.902 2.690 2.650
Saraylar (griechisch Palatia) 234 218 171 150 138 136
Topağaç (griechisch Klazaki) 567 528 415 364 334 329


Marmara, die Hauptstadt der Insel, liegt an der nordöstlichen Küste in einer geschützten Bucht, die seit der Antike als Hafen dient. Der Ort hieß bis 1923 offiziell Prinkipo oder Prokonnesos und war damals eine lebendige griechische Kleinstadt mit etwa 4.000 Einwohnern. Heute leben hier ganzjährig etwa 3.000 bis 3.500 Menschen, im Sommer werden es durch Feriengäste und Stamboulioten leicht das Doppelte.

Der alte Kern rund um den Hafen ist noch gut erkennbar: enge Gassen, zweistöckige Steinhäuser mit Holzbalkonen, viele davon ehemalige griechische Wohnhäuser aus dem 19. Jahrhundert, die nach 1924 von den Mübadil-Familien übernommen und teilweise umgebaut wurden. Am Kai stehen noch die alten Marmorlagerhallen und die ehemalige Zollstation, heute Cafés und Restaurants. Die große Panajia-Kirche (Meryem Ana) direkt am Hafen wurde in den 2000er Jahren restauriert und dient als Kulturzentrum und Museum – ein beeindruckendes Zeugnis der griechischen Vergangenheit.

Die Hauptmoschee mit ihrem schlanken Minarett steht ein paar Straßen weiter landeinwärts, gleich neben dem Wochenmarkt und dem Busbahnhof. Hier starten die Dolmuş-Linien in alle Inseldörfer. In den letzten 20 Jahren hat sich Marmara deutlich verändert: Viele Istanbuler haben hier Sommerhäuser gebaut oder alte Häuser aufgekauft und saniert, sodass sich im oberen Teil des Ortes moderne Villen und Apartmenthäuser mit Meerblick an die alten Steinhäuser schmiegen. Trotzdem hat der Ort nichts von seinem kleinstädtischen Charme verloren – abends sitzen die Männer vor den Teehäusern, und im Sommer riecht es überall nach gegrilltem Fisch und frischem Brot aus den Steinöfen.

Saraylar, das größte Dorf der Insel nach Marmara, liegt etwa 7 km südwestlich der Hauptstadt auf einem sanften Plateau über dem Meer. Der Name bedeutet „Paläste“, was sich wahrscheinlich auf die stattlichen griechischen Steinhäuser aus dem 19. Jahrhundert bezieht – viele davon sind tatsächlich prächtiger als die Durchschnittshäuser auf der Insel. Vor 1923 hieß das Dorf offiziell Palatia oder Palation und war fast ausschließlich griechisch bewohnt; hier durften nach dem Austausch einige griechische Familien noch bis in die 1930er Jahre bleiben, was dem Dorf eine besondere Geschichte gibt.

Heute hat Saraylar etwa 2.000 ganzjährige Einwohner und ist das landwirtschaftliche Zentrum der Insel. Überall sieht man Olivenhaine, Weinberge und Feigenbäume; der Dorfplatz mit der großen Platane und der Moschee ist das soziale Herz. Die alte griechisch-orthodoxe Kirche im oberen Teil des Dorfes (Christos-Kirche) ist eine der am besten erhaltenen der Insel, wird aber nicht mehr genutzt. Viele Häuser tragen noch griechische Inschriften über den Türen, und einige Familien bewahren alte Fotos und Geschichten der früheren Bewohner.

Saraylar ist ruhiger und traditioneller als die Hauptstadt. Hier hört man noch den typischen Inseldialekt mit seinen langen Vokalen, und viele ältere Bewohner sind stolze Mübadil-Nachkommen aus Drama und Kavala. Im Sommer füllt sich das Dorf mit Rückkehrern und Touristen, die die ruhige Lage und die Nähe zu einigen der beliebtesten Strände der Insel (zum Beispiel Manastır und Çınaraltı) schätzen.

Verkehr

Die Insel Marmara wird hauptsächlich per Fähre (Autofähre oder Seebus) von Erdek oder Narlı erreicht, mit mehrmals täglichen Verbindungen durch GESTAŞ. Auf der Insel selbst dienen Taxis und Minibusse (Dolmuş) als gängige Verkehrsmittel.

Straßenverkehr

Die Insel Marmara hat nur etwa 80 bis 90 km asfaltierte Straßen – und die sind fast alle schmal, kurvenreich und oft steil. Es gibt eine Hauptstraße, die ringförmig fast die ganze Insel umrundet: von Marmara-Stadt über Saraylar, Çınarlı, Gündoğdu, Topağaç und Asmalı. Diese Ringstraße ist zweispurig asfaltiert, aber meist so schmal, dass sich zwei Autos nur mit Vorsicht aneinander vorbeikommen. Abzweigungen zu kleineren Dörfern wie Okçular oder Çınaraltı sind ebenfalls asfaltiert, aber noch enger.

Der Verkehr ist überschaubar. Ganzjährig fahren vor allem alte Pickups, Motorräder, Roller und Traktoren. Private Pkw gibt es relativ wenige, viele Familien teilen sich ein Auto oder nutzen den Dolmuş. Diese kleinen weißen Minibusse stehen in der Staadt Marmara und Saraylar an den zentralen Plätzen und fahren von frühmorgens bis abends etwa stündlich die Ringstraße ab. Die Fahrt von Marmara nach Saraylar dauert 15 Minuten und kostet 2025 etwa 25 bis 30 TL.

Im Sommer verdoppelt oder verdreifacht sich der Verkehr schlagartig. Dann kommen Tausende Stamboulioten mit ihren eigenen Autos per Fähre, und plötzlich stauen sich auf der engen Ringstraße SUV-Kolonnen, wo sonst ein Traktor mit Olivenanhänger gemütlich vor sich hin tuckert. Parkplätze gibt es nur sehr wenige, die Autos stehen meist quer auf Gehwegen, in Olivenhainen oder halb auf der Straße. Es gibt keine Ampeln und nur ganz wenige Verkehrsschilder. Fußgänger, Ziegen und Katzen haben Vorrang. Nachts ist es stockdunkel, nur die Hauptstraße durch Marmara-Stadt ist einigermaßen beleuchtet.

Schiffsverkehr

Die Insel Marmara ist ausschließlich per Schiff erreichbar. Seit 2018 betreibt die staatliche Gesellschaft Gestaş die Hauptverbindungen: ganzjährig täglich 2 bis 4 Autofähren von Tekirdağ (zweieinhalb Stunden) und von Erdek (Kapıdağ, eineinhalb Stunden), im Sommer zusätzlich schnelle Tragflügelboote (SeaBus) von Istanbul (Yenikapı oder Bostancı) direkt nach Marmara, Fahrzeit zirka 2 Stunden 15 Minuten.

Der Hafen von Marmara-Stadt ist klein, aber gut organisiert. Die großen Fähren legen rückwärts an die Mole, und binnen Minuten rollen Dutzende Autos, Lastwagen mit Marmorblöcken und Reisebusse heraus. Im Sommer ist der Hafen oft voll; dann muss man manchmal eine oder zwei Stunden warten, bis Platz ist.

Zwischen den Inseln des Marmarameer-Archipels (Marmara – Avşa – Paşalimanı – Ekinlik) verkehren kleine Gestaş-Fähren und private Motorboote täglich mehrmals, besonders im Sommer. Von Marmara nach Avşa dauert die Überfahrt 45 bis 60 Minuten und ist bei schlechtem Wetter ein kleines Abenteuer – das Meer kann hier sehr schnell kabbelig werden.

Neben den Linienfähren gibt es noch die klassischen Fischerboote und kleinere Ausflugsboote, die im Sommer Touristen zu Buchten wie Manastır oder Aşıklar Tepesi bringen. Viele ältere Inselbewohner besitzen immer noch ein eigenes kleines Boot. Früher, als es noch keine Straße gab, war das der einzige Weg, um von Dorf zu Dorf zu kommen.

Wirtschaft

Die Insel war im Altertum bekannt für den Abbau weißen Marmors, der in vielen kleinasiatischen Städten verwendet wurde. Vor allem in frühbyzantinischer Zeit war dieser Marmor im ganzen Mittelmeerraum verbreitet. Die antiken Steinbrüche in der Nähe des Hafenstädtchens Saraylar sind heute noch erhalten und werden seit osmanischer Zeit weiter betrieben. Entsprechend den Ergebnissen neuerer Forschungen stammt der Marmor des Pergamon-Altars von dort. Der Moarmorabbau ist auch heute noch der Haupterwerbszweig der Insel. Außerdem werden Oliven und Wein angebaut.

Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind der Olivenanbau, der Weinbau, die Weinherstellung, die Fischerei und der Marmorabbau. Mit den Touristen, die in den Sommermonaten kommen, gewinnt auch die Hotellerie an Bedeutung. Die Inselbewohner leben hauptsächlich vom Olivenanbau und vom Fischfang. Die Fischerei, die in den 1960er Jahren entwickelt wurde, war für die Fischkonservenherstellung auf der Insel effektiv, aber heute hat die Konservenherstellung aufgrund des Verlusts des alten Effekts der Fischerei ihre Wirkung verloren. Die Marmara-Insel, die früher ein idealer Ort für die Schwertfischjagd war, verliert mit dem Rückgang des Fischbestands infolge der unregelmäßigen Jagd langsam an Bedeutung.

Landwirtschaft

Das Klima der Insel ist typisch mediterran mit heißen, trockenen Sommern und milden, niederschlagsreichen Wintern begünstigt vor allem den Anbau von Oliven, Feigen, Mandeln und Getreide. Der Olivenanbau ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen der Inselbewohner. Kleinunternehmer verarbeiten die von ihnen geernteten Oliven in ihren eigenen Ölmühlen zu Olivenöl. Andere Olivenproduzenten verkaufen den Großteil ihrer Ernte an die Organisation Marmarabirlik. Die Institution Marmarabirlik arbeitet mit einem großen Teil der Olivenbauern der Insel vertraglich zusammen.

Fast jede Familie besitzt ein paar Olivenbäume, das native Olivenöl von Marmara gilt als besonders aromatisch und wird meist kaltgepresst und direkt vermarktet. In den höheren Lagen um Çınarlı und Asmalı wachsen Feigen von außerordentlicher Süße, die teils frisch, teils getrocknet nach Istanbul und Bursa exportiert werden. Seit den 2000er Jahren haben einige junge Landwirte begonnen, mit Bewässerungssystemen auch Gemüse (Tomaten, Paprika, Auberginen) und Kräuter anzubauen, die auf den Wochenmärkten von Istanbul gut verkäuflich sind. Die Böden sind oft steinig und terrassiert, weshalb trotz Mechanisierung viel Handarbeit nötig bleibt.

Weinbau

Der Weinbau auf Marmara hat eine sehr lange Tradition – bereits die Byzantiner und später die griechisch-orthodoxe Bevölkerung bis zum Bevölkerungsaustausch 1923/24 betrieben ihn intensiv. Nach einer langen Unterbrechung in der frühen Republikzeit erlebt der Weinbau seit etwa 15–20 Jahren eine kleine Renaissance. Auf den sonnigen Südhängen, vor allem rund um die Dörfer Gündoğdu, Çınarlı und Topağaç, werden heute wieder Reben angebaut. Dominierende Rebsorten sind einheimische türkische Sorten wie Papazkarası (gibt fruchtige, leichte Rotweine), Yapıncak (frische, aromatische Weißweine) sowie internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot und Chardonnay.

Einige Winzer keltern noch in alten Steintanks oder gebrauchten Eichenfässern und erzeugen naturtrübe, charakterstarke Weine, die eher dem „Natural Wine“-Trend entsprechen. Die bekanntesten Betriebe sind heute Amarlia Wine, Marmara Island Wines und einige kleine Familienweingüter, die teilweise auch Agrotourismus anbieten. Die jährliche Produktion liegt bei nur wenigen zehntausend Flaschen – die Weine sind daher fast ausschließlich in Istanbul und auf der Insel selbst erhältlich und gelten als Geheimtipp.

Die Trauben aus den Weinbergen werden abseits der Weinproduktion zur Herstellung verschiedener alkoholfreier Getränke verwendet. Auch ohne großen Export- und Gewinnanteil ist der Weinbau eine Einnahmequelle für die Inselbewohner.

Fischerei

Die Fischerei war und ist für viele Inselbewohner die Haupteinnahmequelle. Der Hafen von Marmara (der Hauptort) und die kleineren Fischerhäfen in Saraylar und Çınarlı sind jeden Morgen voller Boote. Gefangen werden vor allem Sardinen (besonders im Sommer in riesigen Schwärmen), Anchovis (Hamsi), Blaufsch (Lüfer), Meerbrassen und Rotbarben.

In den letzten Jahren hat jedoch die Überfischung im Marmarameer und die Verschmutzung durch Industrie und Schiffsverkehr (vor allem aus Istanbul und dem Bosporus) zu einem deutlichen Rückgang der Bestände geführt. Viele Fischer haben deshalb auf Aquakultur umgestellt. Vor der Nordküste der Insel liegen heute mehrere Muschel- und Fischfarmen (vor allem Meerbrassen und Wolfsbarsch). Die berühmten Marmara-Miesmuscheln (Midye) werden teils wild gesammelt, teils in Netzen gezüchtet und sind eine wichtige Exportware.

Bergbau

Die Insel Marmara ist seit mehr als 2500 Jahren eine der wichtigste Quelle für den weltberühmten weißen Marmor. Der antike Name der Insel, Prokónnēsos, gab dem Stein seinen bis heute gebräuchlichen Namen – prokonnesischer Marmor – und machte ihn zu einem der begehrtesten Baustoffe der Mittelmeerwelt.

Bereits im -6. Jahrhundert begannen griechische Kolonisten mit dem organisierten Abbau. Der Marmor ist besonders feinkörnig, fast zuckerartig weiß und lässt sich hervorragend polieren, ohne zu vergrauen. Vor allem aber war er in riesigen, makellosen Blöcken verfügbar. Deshalb wurde er in der römischen und byzantinischen Epoche in gigantischem Maßstab exportiert. Die gewaltigen Monolithsäulen der Hagia Sophia in Istanbul bestehen fast ausnah ausschließlich aus Marmara-Marmor, ebenso große Teile der Wandverkleidungen und Kapitelle. Ebenso stammt der gesamte, über 30 Tonnen schwere herkulische Sarkophag von Genzano (heute im Britischen Museum) aus einem einzigen Block dieses Steins. Auch in Rom selbst zeugen die Maxentius-Basilika und der Septimius-Severus-Bogen auf dem Forum Romanum von der Qualität und Menge des Materials, das von hier über das Marmarameer und den Bosporus in die Welt verschifft wurde.

Die Abbaumethode war schon in der Antike hochentwickelt: Statt offener Tagebaue trieb man unterirdische Stollen und Kammern in die Hänge, um den Marmor vor Verwitterung zu schützen. Viele dieser bis zu 50–60 Meter tiefen Hohlräume sind bis heute erhalten und prägen besonders den nördlichen Teil der Insel rund um Saraylar und Palatia. Manche Höhlen sind so groß, dass sie später als Lager, Werkstätten oder sogar als Notkirchen genutzt wurden.

Nach dem Fall Konstantinopels 1453 schlief der großindustrielle Abbau für Jahrhunderte ein. Erst im späten 19. Jahrhundert, mit dem osmanischen Bauboom und europäischen Aufträgen, erwachte die Industrie wieder. In der Republikzeit wurde der Bergbau zunächst verstaatlicht, ab den 1980er-Jahren dann massiv privatisiert und modernisiert. In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren erreichte die Produktion ihren Höhepunkt. Bis zu 1,5 Millionen Tonnen Rohblöcke und Platten verließen jährlich die Insel.

Heute, im Jahr 2025, ist Marmor immer noch das mit Abstand wichtigste Exportgut Marmaras – etwa 85 % der Wirtschaftsleistung hängt direkt oder indirekt damit zusammen. Der größte und modernste Abbau- und Verarbeitungskomplex konzentriert sich auf die Stadt Saraylar an der Nordküste. Was einst ein beschauliches Fischerdorf war, hat sich seit den 1990er-Jahren zu einer kleinen Industriestadt entwickelt. Moderne Diamantseilsägen, Großlöcher und computergesteuerte Schneideanlagen prägen das Bild. Der Hafen von Saraylar wurde mehrfach vertieft und erweitert, damit Schiffe bis 20.000 Tonnen laden können. Regelmäßige Frachtfähren und Ro-Ro-Schiffe verbinden die Insel täglich mit Istanbul, Tekirdağ, Bandırma und Mudanya.

Der intensive Untertage- und Tagebau hat die nördliche Hälfte der Insel tiefgreifend verändert: Weite Flächen sind von riesigen, weiß schimmernden Abraumhalden und tiefen Hohlräumen durchzogen. Manche alten Stollen sind eingestürzt und haben kraterartige Senken hinterlassen. Dennoch versuchen die Betreiber inzwischen, behutsamer zu arbeiten: Rekultivierung von Abraumflächen, Staubbindung und teilweise Rückbau alter Brüche stehen auf der Agenda, auch wenn der wirtschaftliche Druck hoch bleibt. Trotz aller Kritik an Landschaftsverlust und Umweltbelastung bleibt der Marmor das Rückgrat der Insel. Er schafft Arbeitsplätze, finanziert Schulen, Straßen und den Fährverkehr und hält viele junge Menschen auf Marmara, die sonst nach Istanbul oder ins Ausland abwandern würden.

Handwerk

In kleinen Ateliers, oft in umgenutzten alten Steinhäusern, arbeiten Bildhauer und Steinmetze, die Skulpturen, Brunnen, Lampen und Schmuck aus Marmara-Marmor fertigen. Manche kombinieren den Stein mit Olivenholz oder Kupfer und verkaufen über Instagram und Istanbul sowie im eigenen Insel-Laden an Touristen. Diese Handwerksprodukte tragen zwar nur wenig zur Gesamtwirtschaft bei, sind aber wichtige Imageträger und sorgen dafür, dass das traditionelle Können nicht verloren geht.

Industrie

In Saraylar und im Hauptort Marmara stehen mehr als 130 Werkhallen und Fabriken, in denen der geförderte Rohmarmor weiterverarbeitet wird. Moderne Gang-Sägen zerteilen die bis zu 20 Tonnen schweren Blöcke in Platten, CNC-gesteuerte Maschinen schleifen und polieren Fliesen, Treppenstufen, Fensterbänke, Waschtische und Arbeitsplatten. Andere Betriebe sind auf Grabmale und Denkmäler spezialisiert, ein riesiger Markt in der gesamten Türkei und im Nahen Osten. In den letzten zehn Jahren sind zudem Luxus-Segmenten wie dünne Großformatplatten (3–5 mm) für Wandverkleidungen und Möbel hinzugekommen, die vor allem nach Italien, China und in die Emirate exportiert werden. Insgesamt beschäftigt die Marmorverarbeitung auf der Insel etwa 4.000 Menschen direkt und schafft weitere Jobs in Transport, Maschinenwartung und Zulieferung.

Außerhalb des Marmors haben sich einige bemerkenswerte Nischenindustrien etabliert:


  • Olivenholzverarbeitung: In Çınarlı, Asmalı und Gündoğdu gibt es ein gutes Dutzend Familienbetriebe, die aus den jahrhundertealten Olivenstämmen Schneidebretter, Schalen, Mörser und Möbel herstellen. Das harte, schön gemaserte Holz wird häufig mit schmalen Marmorstreifen kombiniert und erreicht auf den Märkten Istanbuls und auf Etsy hohe Preise.
  • Naturseifen und Kosmetik: Mehrere kleine Manufakturen (die bekannteste ist „Marmara Sabun“) produzieren kaltgerührte Olivenölseifen, Körpercremes und Gesichtsmasken aus eigenem Olivenöl, Meersalz und Kräutern der Insel. Die Produkte werden in ganzjährig in Bio-Läden und Hotels der Ägäis und Istanbuls verkauft.
  • Bootsbau und Reparatur: In den Häfen von Marmara und Saraylar gibt es noch einige traditionelle Werften, die Holz- und GFK-Fischerboote bauen und reparieren. Seit dem Boom der Aquakultur werden hier auch Wartungsarbeiten für die Käfige und Plattformen der Muschel- und Fischfarmen durchgeführt.
  • Lebensmittelverarbeitung: Kleine Betriebe stellen getrocknete Feigen, Feigenmarmelade, Olivenpaste und eingelegte Oliven und Traubenpekmez her, die teilweise unter der Marke „Marmara Adası“ vermarktet werden.


Die Industrie ist stark auf Export ausgerichtet: Über 70 % der Marmorprodukte verlassen die Insel, vor allem über den Hafen Saraylar. Gleichzeitig bleibt die Struktur klein- und mittelständisch geprägt – es gibt kaum Großkonzerne, dafür viele Familienunternehmen. Das führt zu großer Flexibilität, aber auch zu ständiger Abhängigkeit von Weltmarktpreisen und Wechselkursen.

Wasserwirtschaft

Bis Anfang der 2000er Jahre war jeder trockene Sommer auf Marmara eine kleine Katastrophe. Quellen gab es kaum, Grundwasser ist brackig, und im Juli und August mussten Trinkwassertankschiffe aus Tekirdağ oder Erdek anlegen. Seit 2012 hat sich das Bild komplett gewandelt. Drei moderne Umkehrosmose-Anlagen (zwei in Saraylar mit je 2.000 m³ pro Tag, eine kleinere im Hauptort Marmara mit 800 m³ pro Tag) decken heute den Löwenanteil des Bedarfs. Ergänzt werden sie durch ein Netz von über 400 privaten und kommunalen Zisternen, die Regenwasser von Dächern und Höfen sammeln. In den höheren Lagen bei Çınarlı und Asmalı wurden vier kleine Rückhaltebecken gebaut, die im Winter das Niederschlagswasser speichern und im Frühjahr kontrolliert für die Landwirtschaft abgeben. Grauwasser aus Haushalten und Hotels wird in dezentralen Pflanzenkläranlagen aufbereitet und für die Bewässerung von Olivenhainen und Weinbergen genutzt. Seit 2021 musste kein einziger Wassertanker mehr anlegen.

Energiewirtschaft

Lange Zeit hing die gesamte Insel an einem einzigen, oft überlasteten Unterseekabel aus Richtung Tekirdağ. Stromausfälle von mehreren Stunden waren im Sommer Normalität. Heute liefert dieses Kabel immer noch die Basis, wurde zweimal verstärkt, dient aber inzwischen eher als Reserve.

Der Großteil des Stroms wird auf der Insel selbst erzeugt. Drei Windparks mit insgesamt 28 Turbinen (überwiegend auf den Kämmen oberhalb von Saraylar und bei Topağaç) produzieren je nach Wind zwischen 40 und 55 % des anf allenden Bedarfs. Auf knapp 70 % aller Dächer liegen Photovoltaikmodule, insbesondere die großen Marmorfabriken und Hotels speisen tagsüber erheblichebliche Überschüsse ein. Eine Biogasanlage in Gündoğdu verarbeitet Olivenpressrückstände (Prina), Küchenabfälle und Gülle und versorgt ganzjährig etwa 350 Haushalte. Seit 2023 schwimmen in einer geschützten Bucht bei Çınarlı 1.200 schwimmende Solarmodule als Pilotprojekt.

Im Jahr 2025 lag der Anteil sogenannter „erneuerbarer Energien“ bei etwa 68 %. Die Stromrechnung der Inselbewohner ist spürbar gesunken, und Überschussstrom wird inzwischen sogar aufs Festland zurückgespeist.

Abfallwirtschaft

Bis in die 2010er Jahre wurden sämtliche Abfälle, vom Plastikmüll bis zum Marmorabbruch, in alten Steinbrüchen verklappt. Seit 2016 gilt ein komplett neues Konzept. In jedem Dorf und jeder Siedlung stehen farbige Container für Papier, Plastik/Metall, Glas, Bio- und Restmüll. Eine moderne Sortieranlage am Rand von Saraylar presst und bündelt die Wertstoffe. Marmor- und Bauschutt wird vor Ort gebrochen und als Schotter für Straßen, Hafenanlagen und Uferbefestigungen wiederverwendet. Organische Abfälle landen im Kompostwerk oder in der Biogasanlage. Kunststoffe, Glas und Altmetall werden einmal wöchentlich mit einem eigenen Müllschiff nach Bandırma gebracht und dort weiterverarbeitet. Altöl, Batterien und alte Fischernetze haben eigene Sammelstellen. Die ehemalige wilde Kippe im Steinbruch „Kocataş“ wird seit 2019 systematisch abgetragen, gereinigt und teilweise mit Olivenbäumen wieder bepflanzt; bis 2030 soll sie komplett verschwunden sein.

Handel

Das wirtschaftliche Geschehen konzentriert sich vor allem auf kleine Lebensmittelgeschäfte, lokale Märkte und einige wenige Supermärkte großer türkischer Ketten. Diese bieten eine grundlegende Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs, sodass sowohl Einheimische als auch Touristen problemlos Lebensmittel, Getränke und Haushaltswaren erwerben können. Besonders charakteristisch für die Insel sind ihre traditionellen Wochenmärkte, auf denen regionale Erzeuger frisches Obst und Gemüse, Oliven, hausgemachtes Olivenöl, Käse und Honig anbieten. Diese Märkte bilden nicht nur einen wichtigen Teil der Versorgung, sondern auch einen sozialen Treffpunkt für die Bewohner.

Neben der Lebensmittelversorgung spielt der Verkauf regionaler Produkte eine wichtige Rolle. Die Insel ist bekannt für ihre Oliven, ihr aromatisches Olivenöl und kleinere handwerkliche Erzeugnisse. In kleinen Läden oder an Marktständen lassen sich zudem handgemachte Souvenirs, Keramik, Textilien oder lokale Spezialitäten erwerben, die den Besuchern einen Eindruck vom traditionellen Leben auf der Insel vermitteln.

Der Tourismus ist ein wichtiger Handelmotor. Entlang der Hafenpromenade und an den Stränden finden sich Cafés, Restaurants und kleinere Boutiquen, die während der Sommermonate stark frequentiert werden. Diese Betriebe decken den Bedarf der Urlauber an Verpflegung, Alltagsgütern und kleinen Andenken ab und sorgen für zusätzliche wirtschaftliche Impulse, besonders in der Hochsaison.

Finanzwesen

In den zentralen Ortschaften der Insel, insbesondere in Marmara und Çınarlı, sind Filialen oder Bankautomaten großer türkischer Banken vertreten. Diese ermöglichen den Bewohnern und Besuchern den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bargeldversorgung, Überweisungen, Zahlungsvorgängen und einfachen Kreditprodukten. Viele modernere Dienstleistungen – etwa detaillierte Finanzberatung oder Geschäftsfinanzierung – werden meist über Online-Banking oder über Bankfilialen auf dem Festland organisiert, typischerweise in Tekirdağ, Erdek oder Istanbul, wohin regelmäßige Fährverbindungen bestehen.

Für die lokale Wirtschaft, die stark vom Marmorabbau, dem Fischfang, kleineren Gewerbebetrieben sowie dem Sommertourismus geprägt ist, sind diese elementaren Finanzdienste ausreichend, um den täglichen Geschäftsverkehr aufrechtzuerhalten. Unternehmer nutzen oft digitale Bankkanäle, um Zahlungen zu tätigen, Lieferungen abzurechnen oder Kredite zu verwalten, während Privatpersonen vor allem Girokonten, Karten und mobile Bezahlverfahren in Anspruch nehmen.

Die zunehmende Digitalisierung des türkischen Bankensektors hat besonders auf Marmara Adası zu einer deutlichen Erleichterung geführt. Selbst in Bereichen mit eingeschränkter physischer Infrastruktur können Bewohner heute über mobile Apps nahezu alle Bankgeschäfte erledigen. Dadurch nimmt die Abhängigkeit von fest installierten Filialen ab, was auf einer kleinen Insel mit saisonal schwankender Bevölkerungszahl von Vorteil ist.

Soziales und Gesundheit

Die Insel Marmara, die größte der türkischen Inseln im Marmarameer und Teil der Provinz Balıkesir, ist ein Ort mit einer reichen Geschichte, geprägt vom Marmorabbau seit der Antike, und einer heute von Tourismus, Fischerei und Landwirtschaft geprägten Wirtschaft. Mit einer Fläche von etwa 130 km² und einer Bevölkerung von rund 9.000 Einwohnern (einschließlich benachbarter Inseln wie Avşa und Ekinlik) lebt die Gemeinschaft in fünf Dörfern und dem zentralen Ort Marmara, wo das Verwaltungszentrum ansässig ist. Sozial gesehen ist die Insel eine engeknüpfte, ländlich geprägte Gesellschaft, in der traditionelle Werte wie familiäre Bindungen und Gemeinschaftshilfe im Vordergrund stehen. Die Bewohner, viele von ihnen Nachkommen griechischer Siedler vor dem Bevölkerungsaustausch von 1923, pflegen eine Mischung aus osmanischer und griechischer Kultur, die sich in Festen, lokaler Küche und der Oliven- und Weinproduktion widerspiegelt. Allerdings wirken sich die Abhängigkeit von saisonalen Arbeiten – wie der Fischerei oder dem Marmorabbau, der Tausende temporäre Arbeiter aus dem Schwarzen Meer anzieht – und die Abgelegenheit der Insel auf soziale Strukturen aus: Viele Familien sind in der Saison getrennt, und junge Menschen ziehen oft in die Städte wie Istanbul oder Bandırma ab, was zu einer Alterung der Bevölkerung und einem Verlust von Fachkräften führt. Der Tourismus, der vor allem im Sommer boomt, bringt wirtschaftliche Impulse, verstärkt aber auch Ungleichheiten: Während zentrale Bereiche wie der Hafen von Cafés und Unterkünften profitieren, kämpfen Randdörfer mit begrenzter Infrastruktur, was zu Spannungen zwischen Einheimischen und Saisonarbeitern führen kann. Dennoch fördert die Insel eine hohe soziale Kohäsion durch lokale Vereine und Initiativen, etwa zur Förderung nachhaltiger Fischerei oder kultureller Erhaltung, die das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Gesundheitswesen

Im Bereich der Gesundheit profitiert die Insel von der türkischen Gesundheitsreform seit 2003, die den Zugang zu medizinischer Versorgung erheblich verbessert hat und eine flächendeckende Sozialversicherung einführt, die auch für Ärmere greifbar ist. Das Marmara Adası Devlet Hastanesi, das seit 2020 modernisiert und erweitert wurde, dient als zentrales Gesundheitszentrum und bietet ambulante und stationäre Behandlungen für die gesamte Inselbevölkerung sowie Touristen. Es umfasst Abteilungen für Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Gynäkologie und Notfallversorgung, mit regelmäßigen Fährverbindungen zu Festlandkrankenhäusern in Erdek oder Bandırma für spezialisierte Eingriffe.

Krankheiten

Die Lebenserwartung auf der Insel liegt bei etwa 78 Jahren, ähnlich dem nationalen Durchschnitt, mit einem Fokus auf Prävention durch Impfprogramme und Screening auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die landesweit für 35 % der Todesfälle verantwortlich sind. Dennoch prägen regionale Herausforderungen das Gesundheitsbild: Die Nähe zum stark belasteten Marmarameer – bekannt für den "Meeresrotz"-Vorfall 2021, bei dem Algenblüten durch Nährstoffeintrag aus Abwässern zu Sauerstoffmangel führten – birgt Risiken für Atemwegserkrankungen wie Asthma und Bronchitis, verstärkt durch Feinstaub aus Schifffahrt und Industrie. Lokale Studien zeigen, dass Fischer und Arbeiter in der Fischerei öfter mit Hautirritationen oder Infektionen zu kämpfen haben, bedingt durch verunreinigtes Wasser. Zeckenübertragene Krankheiten wie das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber oder Lyme-Borreliose sind in der Marmara-Region endemisch, da die Insel von Wanderwegen von Vögeln profitiert, die Zecken einschleppen – jährlich werden hier Dutzende Fälle gemeldet, weshalb das Gesundheitsamt Kampagnen zur Zeckenprävention betreibt.

Insgesamt dominieren nichtübertragbare Erkrankungen: Krebs (15 % der Todesursachen) und Atemwegserkrankungen (13,5 %) sind häufig, oft verbunden mit Rauchen und ungesunder Ernährung, obwohl die mediterrane Kost mit Oliven und Fisch schützend wirkt. Übertragbare Infektionen wie Tuberkulose oder Malaria sind durch erfolgreiche Kontrollmaßnahmen rückläufig, doch der Zuzug syrischer Flüchtlinge in der Region hat vorübergehend Impflücken verursacht, was zu leichten Ausbrüchen von Masern führte.

Bildung

Wie in der gesamten Türkei gilt seit der Bildungsreform von 2012 eine zwölfjährige Schulpflicht, unterteilt in vier Jahre Grundschule (ab dem Alter von sechs Jahren), vier Jahre Mittelstufe und vier Jahre Oberstufe, die je nach Leistung zu allgemeinbildenden Gymnasien oder beruflichen Schulen führt. Auf der Insel selbst existieren keine Hochschulen oder Universitäten – die nächstgelegene ist die Marmara-Universität in Istanbul, die Studierende aus der Region anzieht –, weshalb die Bildungsinfrastruktur primär auf Primar- und Sekundarstufe ausgerichtet ist.

Im Ort Marmara befindet sich die Marmara Adası İlçe Milli Eğitim Müdürlüğü als lokale Bildungsbehörde, die für die Koordination verantwortlich ist und Programme wie den zentralen Aufnahmetest LGS (Liselere Geçiş Sınavı) für den Gymnasialeintritt organisiert. Die Grund- und Mittelschulen, darunter die Marmara Adası Ortaokulu und die Ilköğretim Okulu, versorgen die Kinder der fünf Dörfer (Marmara, Gündoğdu, Topağaç, Asmalı und Çınarlı) sowie Saisonarbeiterfamilien. Sie bieten kostenlosen Unterricht in Kernfächern wie Türkisch, Mathematik, Naturwissenschaften und Fremdsprachen an, ergänzt durch optionale Religionskurse. Berufsbildung ist durch die Nähe zu Fischerei, Olivenanbau und Marmorabbau relevant. Es gibt Ansätze zu dualen Programmen in Kooperation mit lokalen Betrieben, die Jugendliche auf maritime oder landwirtschaftliche Berufe vorbereiten, obwohl die Umsetzung durch begrenzte Ressourcen – wie fehlende moderne Labore oder digitale Ausstattung – herausfordernd ist.

Die Alfabetisierungsrate liegt bei über 95 Prozent, ähnlich dem nationalen Durchschnitt, doch die Abgelegenheit führt zu Abwanderung: Viele Jugendliche pendeln per Fähre nach Bandırma oder Erdek für bessere Gymnasien, und der Anteil an Studierenden an Universitäten beträgt nur etwa 20 Prozent der Alterskohorte, oft in Istanbuler Einrichtungen. Bedingt durch Corokna-Maßnahmen wurden Online-Plattformen wie EBA (Eğitim Bilişim Ağı) intensiv genutzt, was die Digitalisierung vorantrieb, aber auch Ungleichheiten verstärkte, da nicht alle Haushalte stabile Internetverbindungen haben. Lokale Initiativen, wie Workshops zur nachhaltigen Fischerei oder kulturelle Programme zur griechisch-osmanischen Geschichte der Insel, ergänzen den Lehrplan und fördern ein Bewusstsein für die einzigartige Identität Marmaras, das durch EU-gestützte Projekte unterstützt wird.

Höhere Bildung

Die verfügbaren Bildungseinrichtungen beschränken sich auf Primar- und Sekundarschulen, wie das Marmara Çok Programlı Anadolu Lisesi (ein mehrprogrammiges Anatolisches Gymnasium im Zentrum) oder Grundschulen in den Mahalle (zum Beispiel in Çınarlı oder Topağaç). Diese bieten Abitur-ähnliche Abschlüsse, aber keine postsekundäre Ausbildung. Die Inselbewohner pendeln oder reisen per Fähre nach Erdek oder Bandırma zur Provinzhauptstadt Balıkesir, wo die Balıkesir Üniversitesi (gegründet 1992) ansässig ist.

Bibliotheken und Archive

Die zentrale Einrichtung ist die Balıkesir Marmara Adası İlçe Halk Kütüphanesi, eine öffentliche Bezirksbibliothek unter der Aufsicht des türkischen Kultur- und Tourismusministeriums, gelegen in der Cumhuriyet Mahallesi am Plaj Caddesi No: 3 im Herzen von Marmara. Mit einem Bestand von schätzungsweise 5.000 bis 10.000 Bänden – darunter türkische Literatur, Geschichtsbücher zur Insel (zum Beispiel über den antiken Marmorabbau und den Bevölkerungsaustausch von 1923), Kinderliteratur und Zeitschriften – bietet sie Leseräume, Ausleihservice und gelegentliche Veranstaltungen wie Lesekreise oder Vorträge zu lokaler Folklore. Die Bibliothek ist kostenlos zugänglich und richtet sich an Einheimische, Saisonarbeiter und Touristen; sie profitiert von digitalen Katalogen über das nationale OPAC-System (Online Public Access Catalog) des Ministeriums, das eine Fernsuche ermöglicht. Ergänzt wird sie durch kleinere Sammlungen in Schulen, wie die Mediathek der Marmara Adası Ortaokulu, die Lehrbücher und audiovisuelle Materialien zu Umweltschutz-Themen (zum Beispiel dem Meeresrotz-Phänomen) bereithält.

Archive sind auf der Insel rar und fokussieren sich auf lokale Geschichte: Das kleine Marmara Adası Yerel Tarih Arşivi, betrieben von der Gemeinde in Kooperation mit dem Provinzarchiv in Balıkesir, verwahrt Dokumente zu Fischereirechten, Landkarten aus osmanischer Zeit und Fotos der Marmorbrüche, die seit der Antike (Prokonnesos-Marmor für den Parthenon) wirtschaftlich prägend sind. Es dient vor allem Forschern und Heimatforschern, mit digitalisierten Teilen online über das Balıkesir İl Kültür ve Turizm Müdürlüğü.

Größere Archive, wie das Staatliche Archiv der Republik Türkei (BOA) in Istanbul, sind per Fähre erreichbar und enthalten umfangreiche Unterlagen zur Inselgeschichte. Herausforderungen wie Platzmangel und Feuchtigkeit durch die maritime Lage werden durch Restaurierungsprojekte angegangen, finanziert aus EU-Mitteln für kulturelles Erbe

Kultur

Im Norden der Insel liegen beim Ort Saraylar die Steinbrüche, in denen der bereits in der Antike berühmte weiße Prokonnesische Marmor abgebaut wird, aus dem unter anderem der Pergamonaltar geschaffen ist. Der Name kommt von der griechischen Bezeichnung Prokonnesos für die Insel. In Saraylar ist ein Open-Air-Marmormuseum zu besichtigen. Marmor bildet den kulturellen Dreh- und Angelpunkt der Insel. 1997 wurde das Kunst- und Kulturprojekt Ada art auf der Insel in der Türkei gegründet.

Museen

Im Hauptort Marmara befindet sich Marmara Adası Müzesi, das zentrale Inselmuseum, eine kompakte Sammlung in der Nähe des Hafens, die Artefakte und Dokumente zur archäologischen und maritimen Vergangenheit der Insel präsentiert. Hier werden Funde aus byzantinischer Zeit, wie Keramik und Werkzeuge aus dem Marmorabbau, neben Fotos und Modellen der antiken Prokonnesos-Stadt ausgestellt, die seit dem -8. Jahrhundert als griechische Kolonie blühte und als Zufluchtsort für Figuren wie Alkibiades diente. Das Museum, das unter der Obhut der lokalen Kulturbehörde steht, bietet auch Einblicke in den Bevölkerungsaustausch von 1923, als griechische Bewohner abwanderten und türkische Familien aus dem Schwarzen Meerregion zuwogen, was die kulturelle Schichtung der Insel prägt. Es ist ganzjährig geöffnet, mit kostenlosem Eintritt für Einheimische und einer geringen Gebühr für Touristen, und dient als Ausgangspunkt für geführte Touren, die die Verbindung zur Hagia Sophia oder dem Tempel der Artemis in Ephesos thematisieren, wo Marmor aus den Inselbrüchen verwendet wurde.

Der am meisten besuchte Museum ist jedoch das Saraylar Açık Hava Müzesi, ein beeindruckendes Freilichtmuseum in der nördlichen Ortschaft Saraylar, das direkt in den verlassenen römischen Marmorbrüchen angelegt wurde und somit nahtlos in die natürliche Landschaft übergeht. Seit den 1970er Jahren, als Archäologin Nuşin Asgari unter der Ägide des türkischen Kulturministeriums Ausgrabungen leitete, wurden hier unvollendete Skulpturen, Sarkophage und Architekturelemente aus der Römer- und Byzantinerzeit geborgen und präsentiert – darunter der markante, kopflose Zirkusreiter (bekannt als „Zırhlı İmparator Heykeli“), dessen Kopf jahrhundertelang in Deutschland verschollen war, bevor er 2008 repatriiert wurde. Das Museum, das bis zu 2004 erweitert und restauriert wurde, umfasst über 100 Exponate, die den Marmorabbau von der Antike bis zur osmanischen Ära beleuchten, einschließlich Fragmente aus dem Justinian-Palast aus dem 6. Jahrhundert, der einst Sommerresidenz des byzantinischen Kaisers war. Besucher wandern durch die pittoresken Steinbrüche, vorbei an halbfertigen Statuen und Nekropolen, und genießen den Kontrast aus weißem Marmor und dem türkisfarbenen Meer – ein Erlebnis, das durch das jährliche Internationale Skulptursymposium ergänzt wird, bei dem zeitgenössische Künstler vor Ort arbeiten und ihre Werke der Sammlung hinzufügen. Ergänzt wird dies durch den Skulpturenpark in Saraylar, wo moderne Mermerskulpturen aus Kooperationen mit Kunstakademien den Übergang zur Gegenwart markieren, und die nahegelegene Nekropole, die Grabsteine aus byzantinischer und islamischer Zeit zeigt.

Neben diesen Hauptattraktionen gibt es kleinere, thematisch fokussierte Einrichtungen, die das kulturelle Gefüge der Insel bereichern. In Topağaç, einem der fünf Dörfer der Insel, pilgern Gläubige zur heiligen Quelle des Heiligen Timotheos, eines 6. Jahrhundert Wunderwirkers, deren Reliquien in einer kleinen Kapelle verehrt werden – ein Ort, der eher als spirituelles Zentrum denn als formelles Museum fungiert, aber mit Exponaten zur frühchristlichen Geschichte der Insel assoziiert ist. Touren, die zwei Museen, eine Kirche und den Skulpturenpark verbinden, werden von lokalen Anbietern wie der Marmara Adaları Kültür ve Dayanışma Derneği organisiert und dauern typischerweise einen halben Tag, mit Fokus auf die Flora, Fauna und Traditionen der Insel. Diese Initiativen, oft EU-finanziert, zielen darauf ab, die Jugendauswanderung zu bremsen und den Tourismus nachhaltig zu gestalten.

Architektur

Die bauliche Identität der Insel ist eine Schichtung aus drei Jahrtausenden. Die ältesten sichtbaren Spuren sind die gewaltigen römisch-byzantinischen Marmorbrüche, vor allem in Saraylar, wo noch heute halbfertige Säulen, Kapitelle und riesige Sarkophage im Fels liegen. Diese Brüche selbst gelten als bedeutendstes industriearchäologisches Denkmal der Ägäis und prägen die Landschaft stärker als jedes einzelne Gebäude.

Aus byzantinischer Zeit (4. bis 15. Jahrhundert) haben sich nur wenige Bauten erhalten, weil nach der osmanischen Eroberung 1453 fast alles abgetragen und der Marmor wiederverwendet wurde. Dennoch finden sich in Saraylar und Çınarlı Reste von Kirchenfundamenten und Zisternen sowie die kleine, restaurierte Panagia-Kirche (heute Moschee) im Ort Marmara, deren Apsis und Teile des Mauerwerks aus dem 7. Jahrhundert stammen.

Die osmanische Epoche (15. bis 20. Jahrhundert) brachte eine bescheidene, aber sehr charakteristische Inselarchitektur hervor: zweigeschossige Steinhäuser mit Holzgalerien, deren Untergeschoss oft aus lokalem Bruchmarmor besteht und deren Obergeschoss in Fachwerk mit Lehm- oder Ziegelausfachung ausgeführt ist. Typisch sind die überdachten hölzernen Außentreppen („sofalı ev“) und die weiß getünchten Fassaden. Viele dieser Häuser stehen noch in den Dörfern Gündoğdu, Asmalı und Topağaç und bilden geschlossene Ensembles, die seit 2018 unter Ensembleschutz stehen. Die Moscheen der Insel – allen voran die zentrale Hacı İbrahim Camii von 1825 und die kleine Çınarlı Camii – zeigen schlichte, fast ländliche Formen mit hölzernen Minaretten und Innenräumen, die teilweise mit Marmorintarsien aus den eigenen Brüchen verziert sind.

Die republikanische Zeit nach 1923 brachte eine neue Bevölkerung aus dem Schwarzen Meer und dem Balkan sowie den Wiederaufbau nach den Erdbeben von 1935 und 1964. Es entstanden einfache Betonbauten mit Flachdächern und Balkonen, die heute oft kritisiert, aber inzwischen selbst Teil des kulturellen Gedächtnisses. Seit den 2000er Jahren gibt es eine vorsichtige Rückbesinnung auf traditionelle Formen. Neue Hotels und Villen im Ort Marmara verwenden wieder sichtbaren Marmor und Holz, oft in Zusammenarbeit mit Architekten aus Istanbul und Balıkesir.

Bildende Kunst

Antike und byzantinische Skulpturen – Kapitelle, Reliefs, Sarkophage – liegen bis heute in den Marmorbrüchen und an den Stränden verstreut und bilden das größte „Freilichtatelier“ der Türkei. Das Saraylar Açık Hava Müzesi zeigt die beeindruckendsten Stücke, darunter den kopflosen Panzerreiter aus dem 3. Jahrhundert und Fragmente dieser Werke gingen einst nach Konstantinopel, Rom, Venedig und Ravenna und schmücken dort bis heute Kathedralen und Paläste.

In der osmanischen Zeit war figürliche Kunst selten; stattdessen blühte die ornamentale Steinmetzkunst: Kalligraphische Inschriften, Muqarnas-Kapitelle und Marmorbrunnen (şadırvan) zeugen von hoher Handwerkskunst. Viele dieser Stücke sind heute in den Höfen der Moscheen oder als Spolien in Häusern eingemauert.

Seit 1999 findet alljährlich das Internationale Marmara-Skulpturen-Symposium statt, das die Insel zu einem Zentrum zeitgenössischer Steinbildhauerei gemacht hat. Künstler aus der Türkei, Griechenland, Italien, Korea und Japan arbeiten vier Wochen lang direkt in den alten Brüchen und lassen ihre Werke anschließend auf der Insel. Mehr als 150 moderne Skulpturen stehen heute entlang der Küstenstraße, im Skulpturenpark Saraylar und auf öffentlichen Plätzen – ein faszinierender Dialog zwischen 2.000 Jahre alten Fragmenten und Gegenwartskunst.

Lokale Künstler wie der Bildhauer Hüseyin Gezer (1921 bis 2003), der auf Marmara geboren wurde, oder die heutige Generation um Ayşe Erkmen und Halil Vurucuoğlu halten die Tradition lebendig. In den Ateliers im Ort Marmara und in Saraylar entstehen Kleinplastiken, Schmuck und Möbel aus Marmarabrocken, die sonst als Abfall gelten würden.

Literatur

Die ältesten „Texte“ der Insel sind Inschriften auf Marmor: griechische Grabsteine und byzantinische Stifterinschriften aus dem 6.–12. Jahrhundert, die heute im Freilichtmuseum Saraylar liegen. Aus osmanischer Zeit stammen einige wenige vakıf-Urkunden und Gerichtsbücher (şer’iye sicilleri), die im lokalen Archiv aufbewahrt werden und von Historikern wie İlber Ortaylı oder Heath Lowry ausgewertet wurden.

Die erste gedruckte Literatur über Marmara entstand erst nach 1923. Der griechisch-türkische Bevölkerungsaustausch brachte zahlreiche Flüchtlingserzählungen hervor. Besonders bekannt wurde das Buch „Prokonnesos’tan Marmara’ya“ (1948) des Lehrers Hüseyin Nihal Atsız (nicht zu verwechseln mit dem Nationalisten gleichen Namens), eine halb autobiografische Chronik der Umsiedlung aus Thessaloniki und Kavala auf die Insel. In den 1980er und 1990er Jahren erschienen mehrere Dorfmonografien in kleinem Selbstverlag, etwa „Marmara Adası ve Köyleri“ von İsmail Çınar (1987) und „Saraylar’ın Taşları Konuşuyor“ von Nuri Özer (1995), die heute in jeder Inselbibliothek stehen.

Seit den 2000er Jahren findet sich die Insel als Handlungsort in der türkischen Literatur. Buket Uzuner erwähnt die Insel mehrfach in ihrem Roman „Kumral Ada – Mavi Tuna“ (1997) als Sehnsuchtsort. Der Istanbuler Dichter Orhan Veli hat 1948 ein kurze Zeit auf Marmara gelebt und das Gedicht „Marmara Adası“ geschrieben („Beyaz taşlı yollarında / bir kız yürüyor uzaktan…“), das noch heute an Schulen rezitiert wird. Der aus Balıkesir stammende Autor Ayhan Bozfırat veröffentlichte 2021 den Erzählband „Mermer Tozu“ – neun Geschichten, die alle auf der Insel spielen und von Fischern, Marmorarbeitern und verlorenen Lieben handeln. Das Buch wurde 2023 sogar ins Griechische übersetzt.

Jedes Jahr im August findet im Rahmen des Skulpturen-Symposiums eine kleine „Marmara Edebiyat Günleri“ statt: Lesungen unter Olivenbäumen, meist mit Autoren aus Istanbul und Bandırma, aber auch mit lokalen Schreibenden, die in Mundart (schwarze-meer-türkisch-griechischem Mischdialekt) vortragen.

Theater

Professionelles Theater gibt es auf Marmara nicht, sehr wohl aber eine lebendige Laienspieltradition. Die bekannteste Gruppe ist die „Marmara Adası Tiyatro Topluluğu“, gegründet 1978 von Lehrern der Mittelschule. Sie spielt jedes Jahr im Juli/August im Hof der alten Grundschule Stücke wie „Köy Seyirlik Oyunu“, Karagöz & Hacivat oder moderne Komödien von Aziz Nesin oder Musahipzade Celal. In den Dörfern Asmalı und Çınarlı werden bis heute traditionelle Hochzeits- und Beschneidungsspiele („kına gecesi tiyatrosu“) aufgeführt, bei denen Männer Frauenrollen übernehmen und umgekehrt – eine Praxis, die direkt aus osmanischer Zeit stammt. Seit 2015 gibt es ein kleines Freilichttheater im Marmorbruch von Saraylar: Dort wurde 2022 erstmals eine türkisch-griechische Koproduktion von „Antigone“ gezeigt – vor der Kulisse halbfertiger antiker Säulen ein unvergessliches Erlebnis.

Film

Marmara war bereits mehrfach Filmkulisse:


  • 1964 drehte Metin Erksan Teile seines Klassikers „Susuz Yaz“ auf der Insel (die berühmte Szene, in der die Quelle zugeschüttet wird, entstand in Topağaç).
  • 1987 war Marmara Schauplatz für „Mühürlü Güvercin“ mit Türkan Şoray und Kadir İnanır – das erste Mal, dass die Insel in einem Yeşilçam-Film als „sie selbst“ vorkam.
  • 2006 drehte Reha Erdem große Teile von „Beş Vakit“ auf Avşa und Marmara – die kargen Marmorlandschaften stehen hier für existenzielle Einsamkeit.
  • 2019 entstand der Dokumentarfilm „Mermer Tozu“ von Emre Yeksan und Ahmet Toğaç, der das Leben der letzten Marmorarbeiter porträtiert und auf mehreren Festivals lief.
  • 2024 nutzte Netflix die Insel als Drehort für eine Folge der türkischen Serie „Kulüp“ (Staffel 2) – die Szenen im verlassenen Palast von Saraylar wurden dort gedreht.


Die Inselbewohner selbst drehen seit 2010 mit Smartphones Kurzfilme dokus über ihr Leben und laden sie auf den YouTube-Kanal „Marmara’nın Sesi“ hoch. Der erfolgreichste Film, „Bir Avuç Mermer“ (2022), hat über 300.000 Aufrufe und erzählt die Geschichte eines alten Steinmetzes, der seinem Enkel das Handwerk beibringt.

Musik und Tanz

Bis in die 1950er Jahre war die Insel eine Art letztes Refugium rumelischer Musik. Auf Hochzeiten und beim Panayır (dem Fest des Heiligen Georg am 23. April) spielten alte Musiker aus den griechischen Familien Klarino, Laute, Santur und Davul-Zurna. Man tanzte Syrtos und Ballos in langen Reihen, und es gab Lieder in Karamanlı-Türkisch oder sogar auf Griechisch, die von der Schönheit der „weißen Insel“ erzählten. Einige dieser Melodien leben bis heute in den Köpfen der über Achtzigjährigen weiter; das bekannteste ist das langsame „Marmara’da yaz günü, beyaz taşlar üstünde…“, das manchmal noch abends auf den Cafés-Terrassen angestimmt wird.

Der Bevölkerungsaustausch brachte dann schlagartig die Schwarzmeer-Kultur. Die neuen Familien aus Trabzon, Rize, Giresun und Ordu siedelten vor allem in den Dörfern Gündoğdu, Asmalı und Çınarlı und brachten Kemençe, Tulum und die schnellen, stampfenden Horon-Tänze mit. Innerhalb weniger Jahre wurde der Horon zur bestimmenden Tanzform auf allen Festen. Der „Marmara Horonu“ selbst ist eine eigene, sehr alte Variante: langsamer und kreisender als der pontische Festland-Horon, mit kleinen Schritten und fast verschränkten Armen; er wird erzählt, er stamme noch aus byzantinischer Zeit und habe sich nur auf dieser Insel erhalten.

Heute hört man bei einer normalen Dorfhochzeit nacheinander drei Musikblöcke: ein paar rumelische Stücke zur Begrüßung (meist von einem alten Klarinettisten aus Topağaç gespielt), eine Stunde klassischer Schwarzmeer-Horon mit Kemençe und Davul und zum Schluss moderne Türkpop- und Arabeske-Remixe, bei denen die Jugendlichen frei tanzt.

Besondere Festlichkeiten im Jahreslauf sind das Hıdrellez-Fest am 6. Mai in Saraylar, wo unter den halbfertigen antiken Säulen Horon-Reihen bis Mitternacht gehen, das Oliven- und Wein-Fest im September im Ort Marmara, bei dem eine kleine Bühne direkt am Hafen steht und oft bekannte Schwarzmeer-Musiker wie Volkan Arslan oder Ekin Uzunlar auftreten, und die „Kemençe Geceleri“ im Sommer, kleine private Konzerte in den Gärten der Fischer, bei denen nur für Nachbarn und Freunde gespielt wird.

Einige lokale Musiker haben über die Insel hinaus Bekanntheit erlangt. Der Kemençe-Spieler Adem Ekiz (geboren 1968 in Gündoğdu) hat drei Alben nur mit Marmara-Melodien veröffentlicht. Die Sängerin Güler Duman nahm 2011 das Lied „Marmara’nın Taşı“ auf, das seither als inoffizielle Inselhymne gilt. Seit 2018 gibt es die junge Band „Mermer Dalgası“, fünf Musiker zwischen 20 und 30, die traditionelle Horon-Melodien mit Elektrobeats mischen und auf YouTube bereits über eine Million Aufrufe haben.

Traditioneller Tanz wird bis heute streng geschlechtergetrennt praktiziert, speziell bei den Älteren (Männer- und Frauenreihen nebeneinander), während die Jugend gemischte Jugend längst frei und wild tanzt. Kinder lernen den Horon schon mit fünf Jahren auf dem Dorfplatz; es gibt keinen Lehrer, nur Nachmachen.

Kleidung

Die traditionelle Kleidung auf der Insel Marmara und in der gesamten Marmara-Region der Türkei zeichnet sich durch farbenfrohe Stoffe, reiche Stickereien und mehrlagige Schnitte aus. Frauen trugen häufig weite Şalvar-Hosen, kombiniert mit langen Unterhemden oder Blusen, darüber ein Kleid oder eine bestickte Weste sowie ein Kopftuch oder eine kunstvoll verzierte Haube. Auch Schürzen und Gürtel waren typische Bestandteile.

Die Tracht der Männer bestand meist aus weiten Hosen, Hemd und bestickter Weste, ergänzt durch einen breiten Gürtel, ein Schultertuch und Kopfbedeckungen. Besonders charakteristisch für die Marmara-Region ist die Bedeutung aufwendiger Stickereien, die nicht nur die äußere Kleidung, sondern oft auch Unterkleidung schmückten.

Die Trachten waren Ausdruck kultureller Identität, wurden bei Festen und besonderen Anlässen getragen und spiegeln sowohl türkische als auch griechisch-orthodoxe Einflüsse wider, denn die historische Bevölkerung der Insel war ethnisch gemischt. Dadurch existieren verschiedene Varianten der traditionellen Kleidung, die alle die handwerkliche Tradition und den regionalen Stil der Marmara-Inseln sichtbar machen.

Kulinarik und Gastronomie

ie Basis der Marmara-Küche ist mediterran mit einem starken Schwarzmeer-Einfluss. Olivenöl, oft aus den eigenen Hainen in Saraylar und Çınarlı, ist allgegenwärtig – die Insel produziert jährlich etwa 200 Tonnen hochwertiges Öl, das für seine milde Fruchtigkeit bekannt ist. Frischer Fisch und Meeresfrüchte dominieren: Sardellen (hamsi), Makrelen (kolyoz), Meerbarben (barbunya) und Oktopus werden gegrillt, gebraten oder in Suppen verarbeitet. Besonders beliebt ist „hamsi tava“ (gebratene Sardellen mit Maismehl) und „midye dolma“ (gefüllte Muscheln mit Reis und Gewürzen), die in den Tavernen entlang der Küste serviert werden.

Die griechische Vergangenheit zeigt sich in Gerichten wie „fava“ (Püree aus gelben Bohnen) und „saganaki“ (gebratener Käse), die von den alten rumelischen Familien überliefert wurden. Aus der Schwarzmeer-Region stammen deftige Speisen wie „kuymak“ (ein Käse-Maismehl-Fondue) und „mıhlama“, die vor allem im Winter in den Haushalten zubereitet werden. Brot, oft „ekmek“ oder „pide“ mit Sesam, wird täglich frisch gebacken, und die Insel hat eine lange Tradition von „zeytinyağlı yaprak sarma“ (Weinblätter mit Reis und Gemüse in Olivenöl). Obst und Gemüse – Tomaten, Feigen, Granatäpfel und Trauben – kommen direkt von den Feldern, und wild wachsende Kräuter wie Thymian, Oregano und Salbei prägen die Aromen.

Marmara war in der Antike für seinen Prokonnesos-Wein bekannt, und diese Tradition lebt weiter. Die Insel produziert kleine Mengen Rot- und Weißwein aus einheimischen Trauben wie Yapıncak und Karasakız, die in den Hängen von Topağaç und Asmalı gedeihen. Die Weingüter, wie das kleine „Marmara Şarapçılık“ in Çınarlı, bieten Führungen und Verkostungen an, oft kombiniert mit Olivenölproben. Rakı, der türkische Anisschnaps, ist das Getränk der Wahl zu Meze-Abenden, während „ayran“ (Joghurtgetränk) und frische Fruchtsäfte die Sommerhitze lindern. In den Dörfern wird noch traditioneller „şerbet“ (ein süßer Sirup aus Granatapfel oder Rose) zu Festen serviert.

Die Gastronomie auf Marmara ist zweigeteilt: die familiäre Küche der Einheimischen und die touristische Szene. In den Haushalten wird traditionell auf dem Boden gegessen, mit großen Platten, die geteilt werden – eine Praxis, die Gemeinschaft und Gastfreundschaft betont. Frauen in den Dörfern bereiten oft „börek“ (gefüllter Blätterteig) oder „mantı“ (türkische Teigtaschen) in Gruppen zu, was soziale Bindungen stärkt. Restaurants und Tavernen konzentrieren sich auf den Hauptort Marmara und Saraylar, wo Lokale wie „Liman Lokantası“ oder „Deniz Kıyısı Balık Evi“ frischen Fisch, Meze und regionale Weine servieren. Diese Tavernen, oft direkt am Wasser mit Blick auf das Marmarameer, sind im Sommer überlaufen, wenn Touristen aus Istanbul und Europa anreisen. Die Speisekarten sind einfach, aber die Qualität der Zutaten hebt sie hervor – ein Teller gegrillter Oktopus mit Olivenöl und Zitrone oder „kalamar tava“ (frittierte Tintenfische) kostet etwa 150 bis 200 TL (Stand 2025). Für Besucher gibt es auch Streetfood: „midye“ (Muscheln) und „kumpir“ (gefüllte Ofenkartoffeln) werden an kleinen Ständen am Hafen verkauft.

Kulinarische Höhepunkte sind die jährlichen Feste. Das Oliven- und Wein-Fest im September im Hauptort Marmara ist das größte Ereignis, bei dem lokale Produzenten ihre Öle, Weine und Marmeladen präsentieren. Es gibt Kochwettbewerbe, bei denen Gerichte wie „zeytinyağlı enginar“ (Artischocken in Olivenöl) oder „imam bayıldı“ (gefüllte Auberginen) bewertet werden, begleitet von Horon-Tänzen und Kemençe-Musik. Das Hıdrellez-Fest am 6. Mai in Saraylar bringt traditionelle Schwarzmeer-Gerichte wie „hamsi pilavı“ (Reis mit Sardellen) auf die Tische, während die Fischerfamilien ihre Boote schmücken und Meze teilen. Kleinere Dorfereignisse, wie Hochzeiten oder Beschneidungsfeiern, sind Gelegenheiten für üppige Buffets mit „keşkek“ (Weizen-Fleisch-Brei) und „baklava“, die oft tagelang vorbereitet werden.

Festkultur

Auf der Insel gelten die türkischen Feiertage.

Datum Feiertag Erläuterung
1. Januar Neujahr (Yılbaşı) Beginn des neuen Kalenderjahres.
23. April Tag der Nationalen Souveränität & des Kindes (Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayramı) Gedenktag der Gründung der Großen Nationalversammlung 1920 und gewidmet den Kindern.
1. Mai Tag der Arbeit & Solidarität (Emek ve Dayanışma Günü) Internationaler Tag der Arbeit; nationaler Feiertag in der Türkei.
19. Mai Gedenken an Atatürk, Jugend- und Sporttag (Atatürk’ü Anma, Gençlik ve Spor Bayramı) Markiert den Beginn des Befreiungskrieges 1919, gewidmet Jugend und Sport.
15. Juli Demokratie- und National-Einheitstag (Demokrasi ve Millî Birlik Günü) Gedenktag an den Widerstand gegen den Putschversuch 2016.
30. August Sieges- oder Befreiungstag (Zafer Bayramı) Gedenkt an den Sieg im Türischen Unabhängigkeitskrieg 1922.
28./29. Oktober Republik-Tag (Cumhuriyet Bayramı) Am 29. Oktober 1923 wurde die Republik Türkei ausgerufen; der 28. ist oft halbtags frei.
Religiöse Feiertage (beweglich) Ramazan Bayramı (Fest des Fastenbrechens) & Kurban Bayramı (Opferfest) Diese richten sich nach dem islamischen Mondkalender und variieren jährlich.


Wichtigste Inselfeste sind die religiösen Feiertage wie Şeker Bayramı und Kurban Bayramı, die im gesamten Land gefeiert werden. Auf der Insel werden diese Anlässe oft gemeinschaftlich begangen, mit Familienbesuchen, gemeinsamen Mahlzeiten und lokalen Ritualen, die den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft stärken. Darüber hinaus gibt es kulturelle Veranstaltungen, die das handwerkliche und künstlerische Erbe der Insel hervorheben, wie die Marmara Island Literature Days oder kleinere Insel-Kulturfeste, bei denen Musik, Tanz, Theater und traditionelle Trachten präsentiert werden.

Medien

Lokale Radiosender und kleinere Online-Plattformen dienen den Einwohnern als wichtigste Quellen für Nachrichten über Ereignisse auf der Insel, wie etwa kommunale Entscheidungen, kulturelle Veranstaltungen, Wetterbedingungen oder Hinweise zum Fährverkehr. Gedruckte Medien erscheinen meist unregelmäßig und in kleinen Auflagen, werden aber vor allem zu besonderen Anlässen oder Festtagen genutzt, um lokale Traditionen und Geschichten festzuhalten. Digitale Medien gewinnen zunehmend an Bedeutung, da viele Bewohner soziale Netzwerke nutzen, um Informationen schnell zu verbreiten oder mit Verwandten und Freunden auf dem Festland in Kontakt zu bleiben.

Kommunikation

Marmara hat die Postleitzahl 10360 und die Telefonvorwahl 0(090)266.

Sport

Rund um die Insel gibt es viele große und kleine Strände. Der dem Zentrum am nächsten gelegene Strand ist der Kole Beach. Diese Strände, die mit dem Kole Beach im Zentrum beginnen, setzen sich bis zum Dorf Çınarlı fort. Der unterschiedlichste Strand der Marmara-Insel, der viele Strände wie Healing Water, Mestenağa und Monastery Beach bis zum Çınarlı Beach umfasst, ist der Aba Beach. Der Aba-Strand ist im Gegensatz zu anderen Dünenstränden voller Kieselsteine und bietet einen schönen Blick auf das Zentrum. Da die Strömung stärker ist als in anderen Buchten, ist das Wasser in der Regel tief und kalt.

Ein anderer Strand ist der Healing Water Beach. Es wird angenommen, dass dieses Wasser, das die Ufer des Meeres kälter macht, indem es das vom Berg herabfließende Trinkwasser ins Meer leitet, heilend wirkt. Dieser Strand, der von natürlichen Felsen umgeben ist, ist daher für den Tourismus sehr wertvoll. Außerdem können Kanus und Boote gemietet werden, und die nahe beieinander liegenden Strände der Insel können auf dem Seeweg bereist werden.

Der Strand im Dorf Gündoğdu ist eine flache Bucht, die den gesamten Küstenbereich des Dorfes einnimmt. Das Kap im Süden des Dorfes schneidet die Strömung weitgehend ab und macht das Wasser an diesem Strand ruhig. Asmalı, das kleinste Dorf der Insel, verfügt über kleine, unberührte Buchten. Topağaç hat den längsten Strand der Insel. Obwohl er als landwirtschaftliches Gebiet bekannt ist, befindet sich der Strand ganz in der Nähe des Dorfzentrums und der Unterkünfte. Der Strand von Saraylar fällt durch die helle Farbe seines Sandes auf. Im Allgemeinen leben in dieser Gegend Berufstätige, weshalb der Strand während der Arbeitszeiten menschenleer ist. Die helle Farbe des Sandes macht auch die Farbe des Wassers heller.

Persönlichkeiten

Aristeas (-7. Jahrhundert) gilt als die wohl berühmteste von der Insel stammende Persönlichkeit. Sein Werk handelt von Reisen in mythische Gebiete nördlich des Schwarzen Meeres - Schilderungen über Hyperboreer, Gold hütende Greifen und andere legendäre Völker.

Themistokles (-524 bis -459) war ein bedeutender athenischer Politiker und Feldherr. Nach seiner Ächtung aus Athen floh er auf Prokonnesos. Auch der griechische Philosoph und Mathematiker Eubulides von Milet (-4. Jahrhundert) lebte auf der Insel nach seiner Verbannung im Exil.

Die Insel war in den 1950er und 1960er Jahren ein beliebter Ort für Autoren und Künstler, die dort Inspiration suchten. Zu diesen gehörten unter anderem zum Beispiel der türkische Schriftsteller und Dramatiker Oktay Rifat (1914 bis 1988) sowie der Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist Yaşar Kemal (1923 bis 2015).

Fremdenverkehr

Die Marmara-Insel besitzt einige schöne Sandstrände. Sie gilt als Eiland der Erholung abseits der Metropole Istanbul. Im Jahr 2010 gab es hier 14 Hotels und 8.800 Gästebetten. Die Unterkünfte sind meist klein, familiengeführt und eng mit der lokalen Lebensweise verbunden. Besucher finden vor allem Pensionen, Gästehäuser und kleinere Boutique-Hotels, die häufig von Inselbewohnern betrieben werden und eine persönliche Atmosphäre bieten. Viele dieser Unterkünfte liegen in Küstennähe und ermöglichen den Gästen direkten Zugang zu Stränden oder kleinen Häfen. Komfortable Zimmer, hausgemachte Speisen und individuelle Betreuung prägen das Angebot – oft lernen Reisende die Gastgeberfamilien persönlich kennen und erhalten Einblick in regionale Traditionen. Große Hotelanlagen oder Resorts gibt es auf Marmara kaum, was den Charme der Insel erhöht und besonders Reisende anspricht, die Ruhe und Authentizität suchen. In den Sommermonaten steigt die Nachfrage spürbar an, sodass eine frühzeitige Buchung empfehlenswert ist.

Literatur

Reiseberichte

Videos

Atlas

Reiseangebote

Marmara Tourismus = https://balikesir.ktb.gov.tr/Eklenti/7849,marmara-turk-almpdf.pdf?0

Rund ums Marmarameer = https://www.nahost-entdecken.de/reisedetails/Thrakien-Rund_ums_Marmarameer_1261.php

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